Notfallmedizin: NaCl oder Ringer beim Volumenmangelschock?

Hier kann über alle Maßnahmen von der Ersten Hilfe bis zur klinischen Behandlung diskutiert werden.

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12.02.2010, 19:49
den Versuch mit dem "süßen" Schwarzbrot

http://www.kronenbrot.de/ger/brotsorten_detail.php?id=8
Häufig wird Zuckersirup, Zuckercoleur, Rübensirup... zugegeben, um das Brot schneller herzustellen .. schaue mal auf die Inhaltsangaben.

Daher sollte man bei einer Unterzuckerung stets nicht nur Traubenzucker (den hassen Diabetiker sowieso), sondern auch stärkehaltige Lebensmittel (Schwarzbrot, Kartoffeln etc.) reichen


Dein Einwand ist zwar sachlich richtig - führt aber in der Diskussion nicht weiter - Traubenzucker als enterale Alternative habe ich als Gegenbeispiel zur G5 gebracht (die im übrigen auch Traubenzucker enthält), da ich nicht davon ausgehe, dass der RTW die von dir vorgeschlagenen Lebensmittel wie Schwarzbrot, Kartoffeln etc... enthält.

Im Gegensatz zu Schwarzbrot und Kartoffeln ist Traubenzucker nämlich gut zu lagern, muss nicht vorher gekocht werden, handlich verpackt und häufig sogar auf den Rettungsmitteln vorhanden! So kann man auch ohne G5%-Infusion die Fahrtzeit zum Krankenhaus überbrücken, wo der Patient dann gerne die von dir genannten Lebensmittel konsumieren kann.... Immerhin diskutieren wir hier im Bereich "Notfallmedizin" und nicht im Forum für die stationäre Pflege....
Zuletzt geändert von Markus am 12.02.2010, 19:51, insgesamt 1-mal geändert.

12.02.2010, 19:51
@Markus: Ich weiss, das meine Betrachtung weiter oben etwas einseitig war. Ich dachte nur, das würde hier reichen. Wie Du ja schon schilderst: bei uns gibts seit ~4 Jahren nur noch Ringer-Acetat, um eben diesem Rechnung zu zollen.

@Don: Wie geschrieben - die G5 findet einzig noch bei 'nem Insulinüberschuss Anwendung. Warum wieso weshalb überhaupt noch, kann ich nicht beantworten.
Amiodaron wurde (und wird) bei uns übrigens (weiterhin) mit G40 aufgezogen, statt mit G5. Die (fragwürdige ?) Begründung, neben dem eigentlichen Zweck der (Un-)Verträglichkeit zu entgehen, lautet auf Energiezufuhr für die flimmernden Herzmuskelzellen. Die haben eine enorm negative Energiebilanz durch diese Über-Arbeit und daher soll dem Körper Energie zur Verfügung gestellt werden. In wie weit sowas stichhaltig ist vermag ich nicht zu sagen/zu beurteilen.

@Hajo: Es geht hier nicht um das reine Volumen. Also es ist mir ziemlich egal, ob Du da 250 oder 500 ml rein schleuderst. Es geht darum, das es sich dabei um nichts als "destilliertes Wasser" handelt. Und bei hypotonen Lösungen hilft Dir vllt als Google-Schlagwort zB die "hypotone Hyperhydratation". Schau Dir mal die Verschiebungen der Flüssigkeitsräume an. Dann weisst Du, wo das Problem liegt.
Zuletzt geändert von GeKue am 12.02.2010, 19:53, insgesamt 1-mal geändert.
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
ASP - Sage Nein!

12.02.2010, 22:51
Original von M1k3
Das heist weder Ringer noch Ringer Lactat ist das Gelbe vom Ei (Blut)? Wieso wird es dann so oft angehangen?


Weil es überall eine große Kreisklasse, aber nur eine kleine Bundesliga gibt.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

12.02.2010, 23:09
Original von GeKue
Amiodaron wurde (und wird) bei uns übrigens (weiterhin) mit G40 aufgezogen, statt mit G5. Die (fragwürdige ?) Begründung, neben dem eigentlichen Zweck der (Un-)Verträglichkeit zu entgehen, lautet auf Energiezufuhr für die flimmernden Herzmuskelzellen. Die haben eine enorm negative Energiebilanz durch diese Über-Arbeit und daher soll dem Körper Energie zur Verfügung gestellt werden. In wie weit sowas stichhaltig ist vermag ich nicht zu sagen/zu beurteilen.


Ich habe mich jetzt nochmal durch die Leitlinien gekämpft, aber nirgendwo eine derartige Empfehlung gefunden. Im Gegensatz dazu wird eindeutig vor einer Hyperglycämie gewarnt. Wie oben schon erwähnt, finde ich es interessant, welche von den Leitlinien abweichende SOPs in einigen Rettungsdienstbereichen erlassen werden.

Several
human studies have documented a strong association
between high blood glucose after resuscitation
from cardiac arrest and poor neurological outcome
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12.02.2010, 23:15
Nicht vergessen sollte man, dass bei der Reanimation verabreichte Katecholamine (Suprarenin) ohnehin den BZ-Spiegel erhöhen....

12.02.2010, 23:38
Original von Don Spekulatius

Ich habe mich jetzt nochmal durch die Leitlinien gekämpft, aber nirgendwo eine derartige Empfehlung gefunden. Im Gegensatz dazu wird eindeutig vor einer Hyperglycämie gewarnt.

Several
human studies have documented a strong association
between high blood glucose after resuscitation
from cardiac arrest and poor neurological outcome



Sehr gut, sehr gut. Ich werd mir die Stelle mal selbst raussuchen und unserem ärztlichen Leiter 'n Besuch abstatten. Dann ist's beim nächsten Megacode draussen. Der ist immer offen für Input.
Gerrit (RettAss)
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13.02.2010, 01:39
Empfehlen tut sich als zum Mitführen im RTW z.B.:
Ringer-Acetat
HEAS
Hyper-HEAS
und NaCl und G40 Ampullen ?

500 ml NaCl sowie G5 könnten eigentlich runter, auch Ringer empfiehlt sich nicht, aufgrund der vielen Cl- und Ringer-Lacktat nicht beim Schock (und wohl auch nicht beim HI / Apo / andere ischämische Gewebsverluste?) weil das Lacktat aerob verstoffwechselt wird.

Hab ich das so richtig verstanden / zusammengefasst?

P.S.: Ist es denn nun richtig das manche Leute das Lacktat nicht gut vertragen?
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

13.02.2010, 03:56
Spielst Du auf eine Lactoseintoleranz an? Das wäre eine andere Baustelle... das Lactat ist ja nur das Salz des Milchzuckers, der bei Betroffenen die Probleme macht. Und das Lactat entsteht im Körper bei anaerober Stoffelwechsellage aus einem Abbauprodukt der Glucose... das Problem dabei ist, dass das Lactat quasi eine Sackgasse im Stoffwechsel darstellt und nur unter Anwesenheit von Sauerstoff wieder in den Stoffwechsel eingebracht werden kann.
Das ist das, was Markus ansprach: Bei einem Schock, der ja per definitionem über einen Sauerstoffmangel erst zum Schock wird, ist es vllt nicht soooo klug, den Körper noch mit Milchsäuren zu fluten, die auch für den Abbau Sauerstoff brauchen.

Was Deine Aufzählung anbelangt: Das ist so ziemlich genau das, was bei uns gefahren wird. Abgesehen von der einen G5-Infusion, die ich ja eingangs schon eingestehen musste.
- RAc
- HAES 6%
- HyperHAES
- Gelafundin (hatte ich noch vergessen)
Zuletzt geändert von GeKue am 13.02.2010, 03:56, insgesamt 1-mal geändert.
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13.02.2010, 08:12
Original von GeKue
- RAc
- HAES 6%
- HyperHAES
- Gelafundin (hatte ich noch vergessen)


Ich würde noch RAc durch Sterofundin Iso ersetzen.

Gelafundin hat im Vergleich zu Haes eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit, eine allergische Reaktion auszulösen. Indiziert ist es nur, wenn man schon die Maximaldosis von Haes erreicht hat. Aber ich bezweifle mal, dass Ihr so viel Haes dabei habt.
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13.02.2010, 11:43
Meistens siehts eher so aus, das wir bei 'nem Polytrauma unseren HAES-Vorrat (sind IMHO 4 Infusionen + 1 auf'm Koffer) leer gebombt haben (je auf RTW und NEF) und dann Gela als Plasmaexpander übrig bleibt, weil nichts anderes mehr da ist.
Stereofundin ist ja sogar günstiger als RAc. Wenn Du mir noch (per PN) begründen kannst, warum Du das tauschen würdest, kann ich das gleich bei dem Glucose-Gespräch mit anbringen. Ich kann ja schlecht sagen: "Du, der Doc im Netz meint...." ;)
Zuletzt geändert von GeKue am 13.02.2010, 11:44, insgesamt 1-mal geändert.
Gerrit (RettAss)
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13.02.2010, 11:57
Unter http://www.physioklin.de kannst Du die Vor- und Nachteile der gebräuchlichen Infusionslösungen mal nachlesen. Dort finden wir zusammenfassend:

Es ist offensichtlich, dass derzeit nur zwei isotone balancierte Lösungen zur Verfügung stehen, entweder mit deutlich alkalisierender Wirkung (E 153 Serumwerk Bernburg) oder erstmals mit BEpot von 0 mmol/l ohne Wirkung auf den Säure-Basen-Status des Patienten, allerdings mit leicht hyperchlorämischem Nebeneffekt (Sterofundin ISO, B. Braun Melsungen).


Wenn Ihr beim Polytrauma Euer ganzes Haes verbraucht und dann Gelafundin nehmen müsst, weil ihr nichts anderes mehr habt, dann wäre meine Antwort, mehr Haes mitzunehmen. :D Die Maximaldosis liegt bei 50ml/kg KG. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass ich mal einen Patienten erlebt habe, der solche präklinischen Flüssigkeitsmengen überlebt hat. Alternativ wäre dann HyperHaes vielleicht sinnvoller.
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13.02.2010, 12:22
HyperHAES haben wir ja dabei. ;) 2 x 250ml ....

Danke für den Link.
Gerrit (RettAss)
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13.02.2010, 20:12
Wir führen bei uns zusätzlich zu den VELs (im Moment E 153, wechselt aber immer mal wieder), auch HAES und HyperHAES mit. Gela ist wegen dem hohen allergischen Potential rausgeflogen. G5 war bei uns in den letzten 8 Jahren nie aufm Auto. Was wir zusätzlich noch mit spazieren fahren ist ne Nabic Kurzinfusion. Hab ich aber auch seit Jahren nicht mehr erlebt, dass das gegeben wurde. Unser ÄLRD hat aber wohl drauf bestaden, dass das bleibt.

Und wenn man den Gerüchten trauen darf, solls ja (in geringerer Menge) im Rahmen der Reanimation wiederkommen...
...meint die Bine
RS, Ausbilderin EH, SanKurs, AED und Praxisanleiterin
Studentin (Bio und Chemie auf Lehramt)

13.02.2010, 20:17
Hmmm...... ich bin in solchen Dingen nicht ganz fit, aber ich denke, dass absurderweise in der DIN für RTWs Nabic vorgeschrieben ist.
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13.02.2010, 22:26
Original von Don Spekulatius
Hmmm...... ich bin in solchen Dingen nicht ganz fit, aber ich denke, dass absurderweise in der DIN für RTWs Nabic vorgeschrieben ist.

Zumindest ist NaBic Bestandteil des Notfall-Arztkoffers nach DIN 13 232
In diesem sind zwar keinerlei Medikamente festgelegt ("nach Maßgabe des Arztes"), an Infusionslösung sind jedoch 500 VEL, 500 Volumenersatz und 250 NaBic festgelegt.

http://www.helmut-bender.de/helmut/KatS/DIN13232.html

Da es keine explizite Norm für RTW-Notfallkoffer existiert, wird häufig auf die für Notfall-Arztkoffer zurückgegriffen - und somit ist NaBic dabei!

Inwieweit die Norm sinnvoll ist, ... dazu denke ich mir meinen Teil - aber wenn man noch Dinge wie ZVK liest, aber keinerlei Alternativen Atemweg oder auch i.o. -Zugang findet, denke ich schon, dass da mal eine REformierung angebracht wäre. Die RTW-Norm ist ja vor einigen Jahren auf Kapnometrie erweitert worden, die NEF-Norm fordert neuerdings bei Neuanschaffungen sogar Kapnographen und VC + PC -Beatmungsgeräte...

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