Hypochonder mit Schmerzen

Notfallszenarien für Ersthelfer bis Rettungsdienstmitarbeiter.

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10.02.2017, 15:10
Hm, „sie sitzt (...) am Fenster", die Ohnmacht war bereits im Vorfeld im Rahmen des FB gedacht.
10.02.2017, 15:24
Ich bin eigentlich auch davon ausgegangen, dass sie auf dem Boden sitzt und sich nach hinten abstützt(geht schlecht, wenn man auf einem Stuhl sitzt :D) aber OK...

Ich spreche sie laut an("Hören sie mich?"). Wenn ich darauf keine Reaktion bekommen, überstrecke ich den Kopf und höre, sehe und fühle, ob Atmung vorhanden ist. Atmet sie?

EDIT: Habe ich zufällig Sauerstoff? (Auch wenn ich laut der DIN keinen habe)
10.02.2017, 15:31
Ok :D, vllt. beschreibe ich das nächstes mal näher, hatte bloß das Lehrerzimmer meiner Schule im Kopf, da sind die Fenster relativ hoch gelegen und am Boden stützend bekäme sie wohl kaum, gerade in ihrer Situation notwendig, frische Luft. Nach dem Reklinieren fühlst du keine Atmung, eine Throaxexkursion ist ebenfalls nicht ersichtlich.
10.02.2017, 15:41
Kein Problem :)

Wenn der Schulleiter noch im Raum ist, soll der bitte schleunigst einen AED holen(wenn es einen an der Schule gibt und ich ihn nicht dabeihabe). Ein anderer Lehrer soll nochmal die 112 anrufen und sagen, dass wir jetzt eine laufende Reanimation haben. Mein Partner schneidet das Oberteil der Lehrerin auf und fängt an zu drücken(ich gehe mal davon aus, dass ich einen virtuellen Partner habe. Wenn nicht, soll das bitte ein Lehrer machen.) Währendessen lege ich einen Guedeltubus ein, richte den Beatmungsbeutel und beatme nach 30 Thoraxkompressionen 2 mal. Wenn ein AED ankommt, klebe ich die Elektroden auf, während mein Partner drückt.
10.02.2017, 16:02
AED ist angefordert und nach Rücksprache mit der Leitstelle verbleiben noch 5 Minuten, bis das NEF eintrifft. Der Schulleiter, ehemaliger RS (ist bei mir tatsächlich so), weist dich auf die Larynxtuben hin, die doch in der Anschaffung so teuer gewesen wären. Die Rhythmusanalyse ergibt keine hyperdyname Form des HKS, es ist also kein Kammerflimmern vorhanden.
10.02.2017, 16:18
Oh, wenn ich Larynxtuben habe, kommt der Guedel natürlich sofort raus und der LT rein. Wenn die Intubation problemlos funktioniert und die Beatmung suffizient ist, wird ab jetzt über den LT beatmet.

Wenn kein Schock empfohlen ist, wird weitergedrückt und natürlich alle 2 Minuten neu analysiert. Immer während der Analyse tauscht der beatmende Helfer mit dem Drückenden.
10.02.2017, 16:27
Larynxtubus sitzt und die Beatmung erfolgt suffizient, auf der linken Seite ist jedoch keine bis abgeschwächte Throaxexkursion zu sehen. Der NA ist mittlerweile eingetroffen und erbittet eine Übergabe.
10.02.2017, 16:42
"Hallo, das hier ist Frau(wie heißt sie denn eigentlich? Es ist mir jetzt fast ein bisschen peinlich, dass ich nicht vorher gefragt habe... :O ). Sie klagte über Brustschmerzen und dann auch zunehmend über Atemnot und Schwindel. Vor ca. 5 Minuten(wenn ich nach der Zeit seit dem Notruf des Schulleiters gehe) wurde sie bewusstlos und hatte einen Atemstillstand. Seitdem reanimieren wir. Schock hat der AED bis jetzt keinen abgegeben. Sie nimmt keine Medikamente und hat keine relevante medizinische Vorgeschichte, aber ihre Mutter starb an einem Herzinfarkt. SpO2 lag bei 86%, Puls bei 127 und RR palpatorisch 140. Kann ich noch irgendwie helfen?"
10.02.2017, 16:56
Dann ist sie mal Frau Müller:D "Der Defi gibt keinen Schock?" Nach einem Blick auf das EKG bittet der NA, die CPR einzustellen. " Du beutelst bitte weiter"(zwischenzeitliche Intubation durch den NA). „Puls vorhanden, wir haben hier wohl ein B-Probelm, abgeschwächtes Atemgeräusch, Lungenflügel kollabiert, vermutlich Spannungspneumothorax". Es folgt eine Thoraxdrainage usw., deine Arbeit ist hier als SSD beendet:)
10.02.2017, 17:03
Nun gut, erstes Fallbeispiel beendet :) Hättest du im Nachhinein etwas anders gemacht? Kritik von dir, Mitlesenden oder seitens der Moderation bezüglich des FB ist erwünscht!:D
10.02.2017, 17:10
Aaaaaaaah, interessante Auflösung! Auf einen Spannungspneumothorax bin ich nicht gekommen, meine Verdachtsdiagnosen wären gewesen:
- Herzinfarkt(aber atemabhängige Schmerzen? Blubbern? Hätte nicht so gepasst...)
- Lungenembolie(wieder das Problem mit atemabhängigen Schmerzen und Blubbern...wäre aber auch eine Möglichkeit)
- Aortendissektion(der stechende Schmerz würde passen, aber Atemnot wäre ungewöhnlich...)

Ich bin eigentlich mit meiner Behandlung zufrieden. Selbst wenn ich die richtige Diagnose gestellt hätte, hätte es nichts an meiner Behandlung geändert, deshalb denke ich, dass das nicht so dramatisch. Im Nachhinein fällt mir auf, dass ich der Kopfplatzwunde keine große Beachtung geschenkt habe, aber die Reanimation war natürlich wichtiger.
10.02.2017, 17:39
Den Infarkt habe ich natürlich absichtlich erwähnt, du hast dich jedoch nicht auf den falschen Pfad bringen lassen und dich nicht darauf fokussiert!:) Bei Verdacht auf Aortendissektion wäre eventuell ganz interessant gewesen, ob ein akutes Abdomen vorliegt. Die Symptomatik war meines Erachtens nach relativ "eindeutig" (bspw. fehlende Thoraxexkursion), aber natürlich ändert eine Verdachtsdiagnose nichts an deinem Handeln als SSD. Du hast alles relevante nachgefragt, die SpO2 Sättigung habe ich jedoch vermisst:D Mag eventuell daran liegen, dass dir das Vorhandensein des Pulsoxis nicht bewusst war. Der Name wäre auch ganz interessant gewesen:D Die Kopfplatzwunde hast du gänzlich irgnoriert, aber "treat first what kills first".Vor dem Reklinieren wäre eine Mundrauminspizierung sinnvoll gewesen. Die Pulskontrolle habe ich vermisst, auch als der Defi nicht geschockt hat, einen Blick auf das Pulsoximeter wäre auch möglich gewesen, aber prinzipiell wird die CPR bei Apnoe ja empfohlen. Ansonsten hast du gut gehandelt, dich auch nicht vom Trubel, den Kommentaren und dem Hypochonder "Image" belenden lassen, gut! Das war's soweit von mir, hoffe, das FB war einigermaßen interessant:D LG:)
Zuletzt geändert von Adisch am 26.05.2017, 13:39, insgesamt 2-mal geändert.
10.02.2017, 17:41
Ok, dann mal los :oops:

Wie gewohnt, erstmal ein paar Fragen meinerseits:

Die Patientin nimmt dich zur Kenntnis, hyperventiliert jedoch allmählich

Wo besteht denn der Unterschied zwischen Tachypnoe (schneller Atmung) und Hyperventilation (auch meistens schnelle Atmung, aber mit...?)? Ist Hyperventilation eine "Blickdiagnose"?

ich saß doch bloß am Schreibtisch und habe die Klausuren korrigiert. Dann spürte ich plötzlich diesen stechenden Schmerz, direkt am Herzen.

Stechender Thoraxschmerz, aus völliger Ruhe heraus, dann Atemnot?

Ich nehme weder Medikamente noch habe ich eine relevante med. Vorgeschichte.
eine kürzlich durchgeführte Herzkatheter Untersuchung jedoch keine Arteriosklerose o.ä.festgestellt werden konnte

So eine Kombination würde mich schon mal deutlich stutzig machen. Hier lohnt es sich die Anamnese noch einmal zu vertiefen. Was relevant ist, entscheidet hier erstmal weniger der Patient. Warum wurde die Herzkathteruntersuchung gemacht? Gezielte Nachfrage nach Problemen mit dem Herz-Kreislaufsystem und den Risikofaktoren (aHT, DM, HLP, Nikotin, fam. Belastung wurde ja schon abgeklopft). Dann vielleicht doch Medikamente? Und Vorerkrankungen, die auch welche sind, wenn sie behandelt und gut eingestellt sind?

127bpm
syst. 140
SpO2 86%.

An den Bearbeiter: In welche Richtung geht diese Kombination von Vitalparametern und warum? Gerne anhand von ABCDE.

Die AF liegt bei ca 12

Diese Atemfrequenz macht erstellerseits einfach gar kein Sinn. Ist das zu hoch? Zu niedrig? Wie schnell ist denn normal? Was würden wir hier eher erwarten?

Dann vllt nochmal prinizpiell zum spontanen Pneumothorax, den traumatisch von außen bewirkten, lasse ich mal außen vor:
- Wer bekommt den denn? Du und ich? Gibt es Patienten, die besonders prädestiniert sind?
- Wie ist der Mechanismus? Was kommt beim Spannungspneumothorax noch dazu?
- Was ist das besonders gefährliche am Spannungspneu? Das leitet auch zur Frage hin: Warum wird die Patientin bewusstlos?
Und vor allem: Warum atmet sie dann nicht mehr? Das ist initial auch nicht zu erwarten...

Die getroffenen Reanimationsmaßnahmen waren nach den Angaben des Erstellers korrekt.

Nach einem Blick auf das EKG bittet der NA, die CPR einzustellen. " Du beutelst bitte weiter"(zwischenzeitliche Intubation durch den NA). „Puls vorhanden, wir haben hier wohl ein B-Probelm,

Das macht leider insgesamt überhaupt keinen Sinn. Ich hoffe im Zuge der Beantwortung meiner Fragen wird das deutlicher... (Warum ist die Patientin nun bewusstlos und atmet nicht mehr? Warum hat sie aber einen Puls und damit einen ausreichenden Kreislauf?)

Was man leider merkt, Adisch, ist, dass das von dir geprüfte Krankheitsbild in diesem Fallbeispiel mehr "als nur eine Nummer" zu groß für dich war. Man merkt, dass du dich etwas belesen hast zu dem Thema. Allerdings passen sowohl die hier geschilderter Anamnese weder zum Erscheinungsbild des Patienten noch zum Verlauf der Versorgung im Kontext der zugrunde liegenden Erkrankung. Somit ist der Lerneffekt leider deutlich eingeschränkt, wobei die Versorgung durch Ben anhand der missverständlich geschilderten Situation trotzdem in Ordnung war.

€: zum obigen Post:

Aortendissektion wäre eventuell ganz interessant gewesen, ob ein akutes Abdomen vorliegt

Wie hängt das zusammen? Advanced: Was hätte man tun können, um weiter in Richtung Dissektion "forschen" zu können?

Die Pulskontrolle habe ich vermisst, auch als der Defi nicht geschockt hat

Was sagt die aktuelle Leitlinie zu BLS in dieser Situation? Pulskontrolle? Ja/nein?
10.02.2017, 17:51
Dann nochmal, Antwort wurde nicht gesendet, da ich ausgeloggt war...
10.02.2017, 17:56
Also zunächst zum Pneumothorax:
Überwiegend trifft es junge, schlanke Männer, v.a. jedoch Raucher. Bei einem Pneu tritt Luft durch einen Riss in den Pleuraspalt. In jenem herrscht ein Unterdruck, tritt Luft ein, kollabiert der betroffene Lungenflügel. Bei einem Spannungspneumothorax ist das besondere, dass der Riss als Ventil fungiert, also mit jedem Atemzug kontinuierlich Luft in den Pleuraspalt strömt, jedoch nicht mehr entweichen kann. Nach ca. 1:30h kommt es zum Schock (Druck!). Die Sauerstoffsättigung sinkt durch die mangelnde Aufnahme von O2 und Durck auf umliegende Venen kommt es vermutlich zur Hypoxie , die Zyanose gilt als Vorbote.
Zuletzt geändert von Adisch am 10.02.2017, 18:25, insgesamt 1-mal geändert.

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