Was Du beschreibst, ist weiterhin nur eine Tachypnoe.
Unter einer Hyperventilation versteht man ein inadäquat gesteigertes Atemzeitvolumen, welches zu einem Absinken des Co2-Gehaltes im Blut führt. Da nun weniger Kohlensäure im Blut ist (gelöstes Co2), entsteht eine respiratorische Alkalose. (Das Blut wird zu basisch). Dies führt zu Verschiebungen des Ca im Blut, was wiederum zu den typischen Symptomen wie Kribbelparästhesien der Hände und im weiteren Verlauf zur Tetanie der Hände mit der typischen Pfötchenstellung kommt.
Dabei muss die Atmung überhaupt nicht besonders schnell sein. Zu tief ist viel unauffälliger und effektiver.
Nehmen wir mal einen Patienten, der ein Atemzugvolumen von 500ml hat und eine Frequenz von 10/min. Wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass von den 500ml insgesamt 100ml Totraumvolumen ist, was nicht am Gasaustausch teilnimmt. Also bleibt ein effektives Atemminutenvolumen (AMV) von 4000ml/min (500ml x 10/min - 100ml x 10/min).
Jetzt verdoppeln wir mal die Frequenz. Jetzt hätten wir 500 ml x 20/min - 100ml x 20/min = 8000ml/min
Und wenn wir das Atemzugvolumen verdoppeln erhalten wir: 1000ml x 10/min - 100ml x 10/min = 9000ml/min
Merke: In Bezug auf eine Hyperventilation ist ein hohes Atemzugvolumen effektiver. Es ist nicht zutreffend, dass sich eine Hyperventilation durch eine schnelle und flache Atmung äußert.
Auch durch das AMV allein ist die Hyperventilation nicht definiert. Nimm mal das hyperventilierende Mädel in der Disko. Und nun vergleiche die mit dem Marathonläufer, der ins Ziel kommt. Beide atmen gleich viel. Warum bekommt das Mädel Symptome und der Sportler nicht? Weil er so viel atmet, WEIL er vermehrt Co2 im Blut hat. Dies ist der stärkste Atemantrieb. Der Sportler hat ein normales- bis erhöhtes Co2. Das Mädel atmet aus psychischen Gründen zu viel - unabhängig von der körpereigenen Regulation. Sie hat ein vermindertes Co2 - Das ist eine Hyperventilation.
Merke: Eine Hyperventilation wird definiert durch ein vermindertes Co2 im Blut - durch nichts anderes. (Bitte 100x abschreiben....)
Der Effekt der Rückatmung besteht darin, dass die Ausatemluft Co2 enthält, welches bei der Rückatmung wieder eingeatmet wird. Dies hemmt wieder die Abatmung von körpereigenem Co2. Dies ist die gewünschte Therapie.
Bewiesen wird eine Hyperventilation durch eine Messung des Co2 im Blut oder in der Ausatemluft. In Ermangelung eines direkten Beweises würde ich nun bei Deinem Patienten erwarten, dass entweder ein Kribbelgefühl von Händen, Füßen, Gesicht und/oder eine Pfötchenstellung vorliegt.
Mit Sauerstoff hat das ganze Krankheitsbild der Hyperventilation nichts, aber auch gar nichts zu tun. Die Problematik ist identisch bei 21% Sauerstoff wie bei 100%. Daher ist es auch völlig irrelevant, ob ein hyperventilierender Patient nun Sauerstoff bekommt oder nicht.
Merke: Die Sauerstoffsättigung verrät nichts darüber, ob der Patient hyperventiliert oder nicht.
Das Problem ist nämlich folgendes: Eine gesteigerte Atemfrequenz ist das Hauptsymptom der respiratorischen Insuffizienz. Wenn Du also nun einen Patienten hättest, der unter Atemnot leidet, weil er z.B. eine schwere Lungenentzündung hat, dann würde er auch schnell atmen. Also auch wenn man in diesem Fallbeispiel hier mal die Atemfrequenz von 110/min ausklammert, die komplett unrealistisch ist, so fehlt doch jeder Hinweis auf eine Hyperventilation.
Merke: Eine beschleunigte Atmung ist das Hauptsymptom einer respiratorischen Insuffizienz und nicht Beweis einer Hyperventilation (100x abschreiben...)
Take-Home-Message:
(Bitte alle Merksätze nochmal 100x abschreiben)
Wenn man eine Hyperventilation vermutet, so sollte man unbedingt nach Symptomen einer solchen suchen, wie Kribbeln der Hände, Füße oder im Gesicht. Das klassische Symptom ist der Krampf der Finger mit der typischen Pfötchenstellung. Liegen diese Symptome vor, so kann man mit Rückatmung und Talk-Down beginnen.
Fehlt jedes Symptom, so wären die Folgen der Fehltherapie einer respiratorischen Insuffizienz wesentlich schwerwiegender als die einer unbehandelten Hyperventilation.