Verletzung HWS ?

Hier könnt ihr erlebte Einsätze schildern und sie können von uns gemeinsam besprochen werden.

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05.12.2012, 23:34
Hallo zusammen!
Also folgenden Fall hatten wir heute in der Schule. In der Pause ist eine Person hochgesprungen und hat eine andere Person mit der Hand amKopf / seitlich am Hals getroffen. Die Person ist nun die Pause über weitergelaufen und wandte sich anschließend ans Sekretariat, welches uns alamierte. Der Patient klagte nun über Schmerzen beim Bewegen des Halses ( auf Skala von 1 bis 10, 5 steigend, abhängig von Drehung des Halses) Wenn er diesen nicht bewegte, hatte er keinerlei Schmerzen. Zu dem konnte er normal mit uns reden und klagte über keinerlei andere Symptome.
Spontan sind uns nun zwei Ansätze engefallen.
1. Betroffene Stellen kühlen, Kopf so wenig wie möglich bewegen, Eltern verständigen welche zum Abklären ins Krankenhaus fahren sollen.

2. HWS-Immobilisation, Stifneck anwenden, Notruf absetzen

Haben uns nun nach Absprache mit dem Patienten für Variante eins entschieden. Allerdings waren wir uns sehr, sehr unsicher. Im Nachhinein würden wir wohl Variante zwei wählen, nach dem Motto : "Lieber Rd einmal zu viel, als einmal zuwenig.
Werden den Fall in jedem Fall mit unserer Ausbilderin besprechen, würde mich aber trotzdem über Rückmeldung eurerseits freuen. Hoffe, dass ich nichts wichtiges Vergessen hab, oder etwas unverständlich geschildert ist. Fals doch, fragt einfach.
Zu unseren Ausbildungsstand: Wie haben einen erste Hilfe Kurs und eine Ausbildung zum Schulsanitäter.

06.12.2012, 01:09
Auf die Gefahr hin mich unbeliebt zu machen: Ich halte allgemein beim Traumapatienten nichts von der alleinigen Anlage eines Stifnecks. Entweder man entscheidet sich klar gegen eine HWS-Verletzungen, oder es folgt die Anlage einer Cervicalschiene mit kontinuierlicher manueller Immobilisation oder Verwendung eines Head-Blocks. Alles dazwischen ist inkonsequent.

In dem konkreten Fall hätte ich ähnlich gehandelt. Ich verstehe zwar den Unfallmechanismus nicht ganz, allerdings schätze ich die Gefahr einer HWS-Verletzungen eher gering ein. Am Hals gibt es einige Strukturen, die bei Gewalteinwirkung Schmerzen verursachen können; Neben den teils sogar erkennbaren Muskelpartien unter anderem Bänder an der Wirbelsäule und wichtige Nerven-Gefäßstränge. Unter Berücksichtigung eures Ausbildungsstands würde ich genau so handeln wie ihr es getan habt.


Kleiner Exkurs: Nach einem Überschlag mit meinem ehemaligen Rettungsmobil hatte ich außer einer Kapselverletzung am Daumen keinerlei Beschwerden und habe mir auch nicht bewusst den Kopf gestoßen oder den Hals "verdreht". Einige Stunden nach dem Unfall hatte ich plötzlich dermaßen Schmerzen im Bereich der HWS und der Nackenmuskulatur, dass ich es fast nicht ohne Schmerzmittel ausgehalten habe - um die Muskulatur gnädig zu stimmen und locker zu lassen hab ich dann auch ein bisschen was eingenommen.

Bei einem weiteren "Unfall" ist mir eine Kletterin aus einigen Metern auf die Rübe gefallen. Auch hier wieder kein Schaden an der HWS, allerdings nach einiger Zeit "Nackenschmerzen", die sich gewaschen haben.

Ich möchte die wirklichen HWS-Verletzungen nicht verharmlosen, diese sind häufiger als man denkt und teilweise initial asymptomatisch. Dennoch halte ich es im SSD-Bereich vertretbar, einen laufenden, kopfschüttelnden Patienten einfach mal nicht zu immobilisieren - damit würde ich mich wohler fühlen als mit der teilweise patientengefährdenden Anlage diverser Halswickel...
Zuletzt geändert von leuchtreklamefahrer am 06.12.2012, 01:10, insgesamt 1-mal geändert.

06.12.2012, 03:15
Original von leuchtreklamefahrer
Auf die Gefahr hin mich unbeliebt zu machen: Ich halte allgemein beim Traumapatienten nichts von der alleinigen Anlage eines Stifnecks. Entweder man entscheidet sich klar gegen eine HWS-Verletzungen, oder es folgt die Anlage einer Cervicalschiene mit kontinuierlicher manueller Immobilisation oder Verwendung eines Head-Blocks. Alles dazwischen ist inkonsequent.


Was übrigens auch der weltweite Standard & Stand der Wissenschaft ist. Ein isolierter Stifneck ist nachgewiesener Maßen sogar tendenziell eher eine Patientengefährdung.

Ich befürchte ich werde nochmal zum HB-Männchen wenn ich noch mal RDler einen gehenden Patienten mit Stifneck um den Hals in der Nothilfe abliefern sehe.

Zum konkreten Fall:
Prinzipiell ist Leuchtreklamefahrer zuzustimmen wobei ich noch anmerken wollte das trotzdem gilt: Im Zweifelsfall eher den RD rufen wenn man sich unsicher ist. Das wart ihr im konkreten Fall.

06.12.2012, 06:40
Bei uns in der schule ist mal ein mädchen im sportunterricht mit nen anderen mädchen frontal zusammengestoßen. mädchen lag mit schmerzen in der hws am boden und konnte sich nicht mehr aufrichten. rettungswagen und notarzt wurde verständigt. hier wurde natürlich von nem halswirbelsäulentrauma ausgegangen. am nächsten tag stellte sich heraus das sie eine luxation von 2 wirbeln gehabt hat. also die sind rausgesprungen. und am nächsten tag war sie wieder in der schule.
(Korinther Hohelied)"Die Liebe ist langmütig und freundlich; Die Liebe eifert nicht, sie treibt nicht Mutwillen, sie erfreut sich nicht von der Ungerechtigkeit sondern erfreut sich von der Wahrheit.." (Korinther Hohelied)

06.12.2012, 11:25
Original von krumel
(...) Im Zweifelsfall eher den RD rufen wenn man sich unsicher ist. Das wart ihr im konkreten Fall.

Ganz meiner Meinung! So sollte es auf jeden Fall jeder Schulsanitäter handhaben.
Johanniter | THW | Rettungsdienst | Katastrophenschutz | Ausbilder BOS Funk | Pflasterklebediplominhaber | Frühdefibrillierer | ... und das alles im schönen Ostwestfalen.

06.12.2012, 18:00
Vielen Dank für eure Antworten!

Ich versuch mal zusammenzufassen, was wir aus dem Fall gelernt haben. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist Cervicalschiene nur ein anderer Begriff für Stifneck ?
Wenn wir ein Stifneck anlegen sollten, dann immer nur mit zusätzlicher manueller Stabilisation. (hatte ich mit HWS-Immobilisation versucht auszudrücken, war wohl etwas unglücklich formuliert). Hierbei würde natürlich ein Notruf folgen. Zudem war unser Handeln vertretbar, allerdings sollten wir das nächste mal im Zweifelsfall nicht zögern und lieber ein mal zu viel, als einmal zu wenig den Rd holen.
Hoffe das ich das Ganze richtig verstanden habe.
Falls ihr noch weitere Kritikpunkte habt, schreibt sie bitte.

Was mir im Nachhinein noch eingefallen ist, dass der Patient zudem Schmerzen beim Treppensteigen hatte. Dies habe ich mir aufgrund der Erschütterung erklärt. Wir haben den Patient mit aufrechtem Oberkörper gelagert, da wir kein Stifneck angelegt haben und diese Position für ihn am angenehmsten war. Hätten wir ein Stifneck angelegt, hätten wir ihn hingelegt. Rein interessehalber habe ich mich gefragt, was /ob etwas dagegen sprechen würde, ein Stifneck im Sitzen anzulegen, da wir dies, wenn ich mich richtig erinnere, nur im Liegen und im Zusammenhang mit einer bewusstlosen Person nach einem Motorradunfall geübt haben.

06.12.2012, 18:23
Also bei mir in der sanausbildung haben sie mir bei einem fallbeispiel den stiftneck sitzend angelegt wobei ich immer noch mich frage was das bringt. auch kam ein kollege auf die idee mir zu erzählen das bei ner bewusstlosigkeit der stiftneck abgehört. doch ich werde ihn nach anlegen immer anlassen.

mittlerweile weiß ich das ein patient mit v.a. hws immer liegt und auch nen stiftneck drankriegt. der kann sich wegen schmerzen dann nicht mehr aufrichten. es ist aber immer noch komisch was manchmal bei ersthelfern gelernt wird. eine bewusstlose person kommt IMMER in die stabile seitenlage. gibt es bei euch in so eh kursen auch noch so streitigkeiten??
(Korinther Hohelied)"Die Liebe ist langmütig und freundlich; Die Liebe eifert nicht, sie treibt nicht Mutwillen, sie erfreut sich nicht von der Ungerechtigkeit sondern erfreut sich von der Wahrheit.." (Korinther Hohelied)

06.12.2012, 18:31
Bewusstlos -> Stiffneck wird nicht angelegt bzw. abgenommen

V.a. HWS-Trauma -> Stiffneck anlegen und Kopf immobilisieren
Die Immobilisation gelingt am einfachsten mit Headblocks, aber wenn die Person z.B. noch im Fahrzeug eingeklemmt ist, kann ich auch manuell etwas erreichen.
Mitglied bei *dem* BRK und bei den Brandpatschen

06.12.2012, 18:41
Original von TaMi
auch kam ein kollege auf die idee mir zu erzählen das bei ner bewusstlosigkeit der stiftneck abgehört. doch ich werde ihn nach anlegen immer anlassen.


Und wer hat dir den Quatsch erzählt?

Das, was man mit SL und mit dem Stifneck erreichen will unterscheidet sich nicht nur, es wiederspricht sich. Also entweder ist mein Mund tiefster Punkt und ich halte den Mund offen durch überstrecken des Kopfes oder ich versuche eine Bewegung des Kopfes aus der Normalposition heraus zu verhindern. Beides zusammen geht einfach nicht, also muss man sich überlegen, was wichtiger ist.

Also: Stifneck und Bewusstlos passt net, ein Bewusstloser gehört (möglichst sanft) in die stabile Seitenlage, egal was er hat.

Dass der Quatsch mit der Kombination von SL und Stifneck immernoch beigebracht wird X(
meine ich ... RA-Azubi ... Ex-SSDler am WEG Büdingen; Feuerwehrler bei der örtlichen FF; Mitglied beim MHD und dort bei SanDiensten, Fahrzeugpflege, im KatS und als Gruppenleiter bei der Jugend dabei; 18 Jahre

06.12.2012, 19:10
Danke für eure Antworten. Wir haben das auch mit SL und Stifneck in Kombination beigebracht bekommen.
Hatte damals mal nachgefragt und soweit ich weiß, meinte unser damaliger Ausbilder nur, dass das immer wieder Streitfragen aufwerfen würde.
Werde das Ganze in jedem Fall mal am Wochenende ansprechen, wenn wir Fortbildung haben.

06.12.2012, 19:10
Konsequenterweise gibt es bei Bewusstlosigkeit nur noch die Möglichkeit, einen Guedel-Tubus einzulegen und eine ständige Absaugbereitschaft herzustellen, wenn man den HWS-Kragen unbedingt dranlassen möchte.

Da in vielen Sanitäts(helfer)kursen die Absaugung nicht mehr gelehrt wird, ist es am einfachsten, Nägel mit Köpfen zu machen und zu sagen: Bei Bewusstlosigkeit muss ein im Vorwege angelegter Immobilisationskragen sofort ab, da durch die Verlegung der Atemwege eine massivere Vitalbedrohung entstehen kann als durch eine (meist doch nicht verletzte) Halswirbelsäule.

Also: "Stifneck" ab und Seitenlage oder Guedeltubus und Absaugbereitschaft. Wobei letzteres regelmäßig übungsintensiv ist...
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 06.12.2012, 19:11, insgesamt 1-mal geändert.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

06.12.2012, 19:16
Oh da wäre ich als fallbeispieldarsteller schnell erstickt. haha XDDD
(Korinther Hohelied)"Die Liebe ist langmütig und freundlich; Die Liebe eifert nicht, sie treibt nicht Mutwillen, sie erfreut sich nicht von der Ungerechtigkeit sondern erfreut sich von der Wahrheit.." (Korinther Hohelied)

06.12.2012, 20:24
Original von TaMi
Oh da wäre ich als fallbeispieldarsteller schnell erstickt. haha XDDD

Dieser Post war unnötig.

€: Ja, dieser auch.
Endlich EH! 04.05.2008!

07.12.2012, 01:30
Original von TaMi
Also bei mir in der sanausbildung haben sie mir bei einem fallbeispiel den stiftneck sitzend angelegt wobei ich immer noch mich frage was das bringt.


Da stimme ich ausnahmsweise mal mit dir überein.

auch kam ein kollege auf die idee mir zu erzählen das bei ner bewusstlosigkeit der stiftneck abgehört. doch ich werde ihn nach anlegen immer anlassen.


Im Rettungsdienst vertretbar, im Sanitäts-oder Schulsanitätsdienst nicht...

mittlerweile weiß ich das ein patient mit v.a. hws immer liegt und auch nen stiftneck drankriegt. der kann sich wegen schmerzen dann nicht mehr aufrichten.


1. Was ist v.a. HWS und
2. Wegen welchen Schmerzen genau kann sich der Patient nicht aufrichten..?

es ist aber immer noch komisch was manchmal bei ersthelfern gelernt wird. eine bewusstlose person kommt IMMER in die stabile seitenlage. gibt es bei euch in so eh kursen auch noch so streitigkeiten??


Streitigkeiten in EH-Kursen sind oft eine Frage der Klientel, der Kursgebühr und des Ausbilders. Ich bin ein Fan kritischer Fragen im EH-Kurs...
Zuletzt geändert von leuchtreklamefahrer am 07.12.2012, 01:31, insgesamt 1-mal geändert.

07.12.2012, 05:41
quote]Original von sebbe1995
Dass der Quatsch mit der Kombination von SL und Stifneck immernoch beigebracht wird X([/quote]

So großer "Quatsch" ist das gar nicht. Es ist durchaus möglich einen Stifneck in Kombination mit der SSL zu verwenden. ABER: Es ist definitiv über dem Level eines SSDlers (imho sogar eines RS) dies zu tun. Wie dir bekannt sein dürfte gibt es durchaus andere Wege den Atemweg frei zu halten.

Original von Hajo Behrendt
Also: "Stifneck" ab und Seitenlage oder Guedeltubus und Absaugbereitschaft. Wobei letzteres regelmäßig übungsintensiv ist...

Und v.a. viel Erfahrung braucht. Grade schleichende Aspirationen sind nicht mal "so eben" zu erkennen-selbst durch Fachpersonal.


Streitigkeiten in EH-Kursen sind oft eine Frage der Klientel, der Kursgebühr und des Ausbilders. Ich bin ein Fan kritischer Fragen im EH-Kurs...

In was für einem EH Kurs wird über Stifnecks diskutiert? ;)


Was mir generell ein wenig zu kurz kommt ist hier übrigens die manuelle Fixierung der HWS..Diese ist a) auch bei angelegtem Stifneck eigentlich nötig - solange bis er Patient einen Headblock hat b) ein durchaus gangbarer "Zwischenweg" in solchen Situationen.In Kombination mit dem "JawThrust" ist hiermit ein ausreichendes Freihalten der Atemwege bei HWS Immobilisation möglich. Bei entsprechender Lagerung und "Drehen" im Block ist es eine gute Kombination aus Atemwegssicherung, Wirbelsäulenschutz und "Abfluss".

So long,
Phil

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