Fallbeispiel für die Rettungsdienstler

Notfallszenarien für Ersthelfer bis Rettungsdienstmitarbeiter.

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20.04.2012, 17:01
Hallo - um mal wieder ein wenig Leben in diesen Bereich zu bringen, biete ich ein weiteres Fallbeispiel an. Dazu bräuchten wir aber bitte zwei Rettungsdienstler, damit diese Fraktion auch mal bedient wird. Keine Angst, es wird was total "klassisches", was sich sehr algorithmengetreu abarbeiten lässt und somit (hoffentlich) auch dem Rest einiges an Input liefern kann.

Los geht's, wenn sich mindestens ein Bearbeiter gefunden hat.

21.04.2012, 20:37
Nachdem sich sonst keiner traut werde ich mich versuchen.

21.04.2012, 21:06
Schön! Du wirst mit deinem Rettungswagen in die Weinberge gerufen, dort sei ein Mitarbeiter von einem Insekt gestochen worden, als er die Reben bearbeitet wollte. Nun sei die Hand wohl schmerzhaft angeschwollen!

Vor Ort findest du mit deinem Teamkollegen einen 27-jährigen, kräftig gebauten Mann vor, dessen rechte Hand sichtlich geschwollen ist. Die Mutter berichtet von einem Stich, wahrscheinlich einer Wespe. Ihr befindet euch auf einer 2x3m großen Terrasse einer kleinen "Winzerhütte", der RTW steht in ca 20m Entfernung auf einer geteerten, schmalen Straße.

Was möchtest du wissen/tun?
Zuletzt geändert von leuchtreklamefahrer am 21.04.2012, 21:07, insgesamt 1-mal geändert.

21.04.2012, 22:09
Gibt es Auffälligkeiten bei der Atmung oder Kreislaufprobleme? RR, Puls oder sonst irgendwas, was anders als vorher ist, außer der Hand? Sind Allergien bekannt. Wir kühlen die Hand mittels einem Coolpack. Wie lange ist der Stich her?

21.04.2012, 22:28
Der Stich war vor ca. 15 min.
Dein Patient gibt an, ein ungutes Gefühl im Magen-Darm-Trakt zu verspüren, als ob er gleich zur Toilette müsste. Außerdem ist es ihm schwindlig, sobald er sich aus seiner fast liegenden Position aufrichtet. Und mit dem Atmen ist's auch nicht so prickelnd. Wie könnte man feststellen, ob sich Vitalparameter im Vergleich zum Anfang verändert haben???

21.04.2012, 22:56
Sättigung ran, immernoch Puls und Blutdruck - und einen Zugang (500 ml Ringer). BZ aus der Nadel, Rekapzeit. Hat er Vorerkrankungen oder Allergien und wenn ja, wie verläuft diese Normalerweise - welche Medikamente nimmt er?

Die Frage mit wie könnte ich das Feststellen, wie die Werte bereits vor unserem Eintreffen waren versteh ich nicht.

21.04.2012, 23:01
Vor eurem Eintreffen war niemand da, um Vitalwerte zu erheben...

SpO2 94%, RR 80-nicht messbar, HF120/min, BZ 72 mg/dl, Rekapillarisierungszeit >2sec.

Keine Vorerkankungen, keine bek. Allergien.

22.04.2012, 01:30
Ok, wir fordern ein NEF nach. Außerdem gibt es Sauerstoff via Maske (10l) und der Patient kommt auf die Trage und ins Auto. Dort schließen wir ein EKG an. Was sehe ich auf diesem? Was für Kliniken stehen zur Auswahl und welche Entfernung gibt es zu diesen? Was für ein Leistungsspektrum haben die Kliniken?

Aus keine Vorerkrankungen und keine Allergien erschließt sich er nimmt keine Medikamente? Oder hast du die Frage überlesen?

Welches Aussehen hat der Pat.? Flush?

22.04.2012, 12:23
Ok. Das NEF wird ca. 15 Minuten brauchen, und der Weinberg ist recht unübersichtlich.
Sauerstoff darf der Patienten bekommen, und das tut ihm scheinbar auch gut. Das EKG zeigt einen tachykarden Sinusrhythmus um 130/min.

Keine bekannten VE, keine Allergien, hin und wieder mal ne Aspirin und nahezu regelmäßig "plastufer mite", was er immer vom Blutspenden mit nach Hause bringt.

Der Haut des Patient sieht recht rot aus, und er beschreibt, dass es wohl am ganzen Körper juckt. Außerdem wird es zunehmend schlechter mit der Luft, und er gibt an, es würde sich immer mehr "drehen". Zudem sei ihm recht übel, als ob er sich übergeben müsste.


Kliniken: Häuser der Grund-und Regelversorgung in ca. 15 min Entfernung, Schwerpunkt-und Maximalversorger in ca 25 Minuten Fahrzeit, wobei die Straßen alle recht voll sind...

22.04.2012, 14:08
Fangen wir mal etwas systematischer an:
Airway: Hat der Patient ein Quincke-Ödem oder ist eine andersartige Atemwegsverlegung zu beobachten?
Breathing: Wie ist seine AF? Auskultationsbefund?
Maßnahmenmäßig krieg er Sauerstoff hochdosiert, bei entsprechendem Auskultationsbefund auch gerne Salbutamol vernebelt. (Falls sehr fulminanter Verlauf auch Adrenalin 5mg vernebelt..)
Circulation: Qualität der peripheren Pulse ist eher Bescheiden nehme ich an? 3-Kanal EKG-Befund?
Maßnahmenmäßig: Zwei großlumige Zugänge (14er wenn möglich), Volumenbolus von 500ml, 0,5mg Adrenalin IM,
H1+H2 Blockade und Corticoid je nach lokalem Rechtsempfinden;)
Adrenalin IV (1mg auf 20ml) vorbereiten.
Zuletzt geändert von krumel am 22.04.2012, 14:09, insgesamt 1-mal geändert.

22.04.2012, 19:45
@krumel: ihr gebt Adrenalin i.m.?

22.04.2012, 20:21
"Wir" geben jede Menge IM...aber das ist ein anderes Thema. Im Fall der Anaphylaxie ist eine IM Gabe aber durchaus "state-of-the-art", eine IV Gabe hat hier mehr Nachteile als Vorteile und ist je nach Literatur der man folgt kontraindiziert oder zu mindestens "mit größter Vorsicht" zu genießen.
Da der Patient noch ansprechbar ist und einen brauchbaren Druck hat ist der Griff zu Ultima-Ratio-Maßnahmen (dafür habe ich ja das Adrenalin IV aufgezogen) zu früh.

22.04.2012, 22:46
Die Atemwege des Patienten sind frei, die Lippen geschwollen, bei Inspektion des Mund-Rachenraums wirken Zunge und Uvula jedoch normal groß; Schlucke geht komplikationslos, kein insp. Stridor.

Die Atemfrequenz ist ~20/min bei deutlich verlängertem Exspirium, eigentlich kann man auch schon ohne Stethoskp ein ubiquitäres Giemen/Brummen wahrnehmen. Sauerstoff bekommt er aktuell von Iceman 10l/min über eine Reservoirmaske.

Radialispulse kaum tastbar, mit dem Piepsen des EKG's meint man etwas zu fühlen. Zentrale Pulse gut tastbar, kein Pulsdefizit.

Der Befund des 3-Kanal-EKG's steht ja eigentlich oben, aber da du explizit nachfragst (oder denkst du an etwas spannendes, was uns gerade nicht in den Kopf kommt?):
Sinusrhythmus, HF~130/min, ST, keine sign. ERBS. Mehr sieht der halbwegs erfahrene RA in der Situation, in der das EKG zweitranig erscheint, erst mal nicht:)

Wieviel H1-, H2-Blocker, Cortison?
Das (iv-)Adrenalin ist in 5 Minuten verdünnt aufgezogen...
Wie geht's weiter?


BTW: Seit wann diskutieren wir Maßnahmen während laufender Fallbeispiele - und fallen sogar anderen in die Behandlung:)?
Nun macht mal beide das beste draus, aber die iv-im-Diskussion würde ich dennoch gerne an den Schluss stellen!

23.04.2012, 09:58
Weiß ja nicht, wo du fährst und inwiefern das Medikamentengabe ohne NA möglich ist.

Ich würde auch, wie krumel vorschlug Salbutamol vernebeln.

Urbason könnte ich ebenfalls geben (Adrenalin hat ja Krumel aufgezogen für den worsest case)

Noch etwas, was ich komplett vergaß: steckt noch ein Stachel in der Wunde?

23.04.2012, 11:34
Guter Punkt -kein Stachel. Bleibt dir Frage, wieviel von was!

Unabhängig davon, ob man es sich nun selbst zutraut oder rechtliche Gründe dagegensprechen;
Was bekommt der Patient, und wo düsen wir hin?

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