Unangekündigte Tests

[Hajo Behrendt]

Original von caro87

Kritische Anmerkung meinerseits: Unangekündigte Tests machen deswegen Sinn, weil die Schüler nix davon wissen und sich deswegen nicht explizit darauf vorbereiten. Der Schulsani hingegen hat dann seiner Klasse gegenüber den Vorteil, nach dem Einsatz nochmal kurz die Antworten rauszufinden und dann erst zu schreiben. Fairness ist was anderes.
Jaaaaa, ich weiß, gleich werden ganz viele Schüler schreien, dass sie das niemals machen würden und selbstverständlich direkt nach dem Einsatz zum Test gehen würden.... Schon klar.

Ein Mitglied des Schulsanitätsdienstes zeichnet sich durch uneigennützige, ehrenamtliche Tätigkeit für andere Schüler und Lehrkräfte aus.

Andere (normale, in deinen Augen "benachteiligte") Schüler tun dies nicht. Warum sollen die "Sozialen" nicht auch mal einen Vorteil haben?

Außerdem müsste in deiner Konstruktion ja der genaue Lernstoff des Tests noch außerhalb des Klassenraums verfügbar sein. An seine Sachen würde der Schüler ja nicht mehr herankommen. Reichlich unwahrscheinlich, findest du nicht???

Über den Sinn von unangekündigten Tests kann man auch streiten... Häufig werden diese aus eigener Erfahrung nur als Druckmittel und als Repressalien gegenüber der Schülerschaft geschrieben.

Der einzige Grund, warum ich unangekündigte Tests schreiben würde, wäre herauszufinden, ob die in meiner Unterrichtsplanung gesetzten Teillernziele tatsächlich von den Schülern umgesetzt und beherrscht werden.

Für mich ist der Test ein Mittel zur Qualitätssicherung und zum Feedback meiner Unterrichtstätigkeit. Das benote ich nicht, sondern setzte das Ergebnis nur zur Überarbeitung und Verbesserung meines Entwurfes ein.

Die Schüler sind da "Mittel zum Zweck", erbringen sozusagen eine Dienstleistung für mich, und sollten nicht "bestraft" werden, wenn sich mein Unterricht als (tw.) unzulänglich herausstellen sollte.

[caro87]

@Hajo:
Ich sehe mit diesen Tests, ob die Schüler generell ihre Hausaufgaben sorgfältig machen (weil nichts anders wird ja in einer Hausaufgabenüberprüfung abgefragt). Warum sollte ich darauf keine Noten geben?
Was die Uneigennützigkeit angeht: Natürlich ist es sinnvoll, wenn sich Schüler sozial engagieren - ein Vorteil bei Leistungstests würde aber nur mit sich ziehen, dass andere Schüler ebenfalls Schulsanis werden, um diese Vorteile zu ergattern, nicht, um sozial zu handeln.

[Hajo Behrendt]

Da gibt es auch andere Möglichkeiten, um den Erfolg von Hausaufgaben zu überprüfen. Z.B. in Form von weiterführenden Transferaufgaben, zu deren Lösung der HA-Inhalt als Grundvorraussetzung benötigt wird.

Hausaufgaben an sich sind ja nur eine "didaktische Reserve", die man dann anwendet, wenn der Stoff im regulären Unterricht nicht ausreichend behandelt oder gefestigt werden konnte.

Plant man Unterricht "vernünftig", kann man in vielen Fällen gänzlich ohne Hausaufgaben auskommen.

Oftmals nimmt man sich nur zu viel vor und würgt den Lernenden den "nicht geschafften Stoff" noch schnell als HA rein.

Es gibt schließlich auch andere Möglichkeiten der Ergebnissicherung, die nicht noch die letzten freien Minuten eines Nachmittages rauben (gerade wenn die Schule mal wieder bis 16.00 Uhr geht)...

[caro87]

Darüber könnten wir jetzt ausführlich diskutieren, aber ich fürchte, das führt zu weit vom eigentlich Thema hier weg.
Wir können die Diskussion gerne ausführlich per PN fortsetzen, wenn ich das schriftliche Staatsexamen Ende nächster Woche komplett hinter mich gebracht habe - dann habe ich wieder mehr Zeit, intensiver auf deine Kritik einzugehen (die sich im übrigen auch prima deiner vorherigen Intention von unangekündigten Tests entgegensetzen lässt - auch dafür gibt es Transferaufgaben im Unterricht) und wir langweilen hier nicht alle anderen, denen es eigentlich nur um die Frage ging, ob sie während Tests rausalarmiert werden dürfen und nicht darum, was der didaktische (Un)Sinn von unangekündigten Tests überhaupt ist, welcher ganz nebenbei ja auch von Unterrichtsfach zu Unterrichtsfach variiert

[Don Spekulatius]

Hmmmm... ich glaube, ich bin zum ersten Mal mit Hajo einer Meinung. :]

[Zeuschen]

Also, an unserer Schule läuft die Alarmierung über das Klingelsignal von HFGs (PMR). Das bedeutet, dass 2 Schüler ein solches HFG an Tagen haben, an denen es für sie aus Test-, Klausur- und Fächersicht sinnvoll ist.

In einer Situation, in denen ein Lehrer einen unangekündigten Test aus welchem Grund auch immer schreibt und ich alarmiert werde, sind die Ausweichmöglichkeiten sehr begrenzt. Mangels Funkkenntnissen von Sanis und Sekretäriatskräften ist eine Kommunikation sehr schwer. Und wenn ein wirklicher Notfall vorliegt, sind 2 Schulsanis fast zwingend erforderlich.

Vermutlich würde ich aus der Situation heraus den Unterricht kurz verlassen, versuchen zu kommunizieren, ggf. das Sekretäriat aufsuchen und mich über den Einsatz informieren. Sollte ein Einsatz vorliegen, der auch alleine abgearbeitet werden kann, so würde ich den Test mit 2-3 Minuten Verzögerung weiterschreiben.

Zwischen Schulsanitätern und Lehrern sollte im Regelfall eine Vertrauensbasis bestehen, so dass hier eine unkomplizierte Lösung in Form einer verminderten Wertung (ist zwar ne 5, macht aber nix), einer verlängerten Schreibzeit oder was ähnlichem möglich sein sollte.


Was ich NICHT will:
Erklären müssen, warum niemand der 6 Klässlerin mit dem Herzfehler, die einfach so umgekippt ist, helfen konnte...
"Nun ja, mein Kollege is recht neu und war alleine überfordert und ich musste leider nen 5 min Vokabeltest schreiben, der nich spürbar in die Gesamtwertung einfließt... Da muss man halt manchmal Prioritäten setzen."

[caro87]

Kerstin hat mich für den folgenden Beitrag netterweise kurz von meiner Funktion als Supermod beurlaubt, damit ich ausuführlicher off-topic gehen kann. Danke Kerstin

@Hajo und Don: Wie wärs mit einer Petition an die KMK (Kultusministerkonferenz) zur Abschaffung jedweger Hausaufgabenüberprüfung? Besser noch: Die Abschaffung von Hausaufgaben?
Ganz ehrlich: Ich geb keine Hausaufgaben auf, weil ich in der Stunde nicht fertig geworden bin, sondern damit die Schüler beispielsweise die Vokabeln lernen, die sie in der darauffolgenden Stunde brauchen, um sich aktiv am Unterricht beteiligen zu können oder selbstständig grammatische Strukturen wiederholen, die wir zuvor besprochen haben. Hausaufgaben sind aus didaktischer Sicht ein fester Bestandteil von Unterricht, weil hier Dinge wiederholt und eingeprägt werden können, die auf diese Weise oder unter dem Zweck (Schüler beschäftigen sich eigenständig mit dem Gelernten und stellen fest, wo ihre Schwächen liegen, Schüler lesen Texte, die in der nächsten Stunde besprochen werden - wer letzteres für überflüssig hält, muss keine Ganzschriftlektüren, also Bücher, mit einer Klasse lesen) in der Stunde aus diversen Gründen (u.a. Zeitaufwand - wenn die Kids 250 Seiten im Unterricht lesen, komm ich im Schuljahr zu sonst nix mehr - selbiges gilt für das Auswendiglernen eines Vokabelregisters eines handelsüblichen Schulbuchs) keinen Platz finden. Dass das von Kollegen in der Praxis leider häufig missbraucht wird, steht auf einem anderen Blatt.
Warum ich das jetzt auch noch, wie tausende meiner Kollegen gelegentlich überprüfen will? Denkt mal an eure eigene Schulzeit zurück. Habt ihr ernsthaft Hausaufgaben gemacht, wenns sich keiner dafür interessiert hat und es keine Konsequenz hatte, wenn ihr sie gar nicht oder nur halbherzig gemacht oder beim Nachbarn abgeschrieben habt?

Die von Hajo vorgeschlagenen unangekündigten Tests zur Kontrolle, ob ich meinen Unterrichtsstoff erfolgreich vermittelt habe, haben selbstverständlich genauso ihre Daseinsberechtigung wie die Kontrolle, ob die Schüler die Hausaufgaben gemacht haben, die sie dem Unterricht der nächsten Stunden folgen lassen können. Aber auch hier ist anzumerken, dass ich das auf ganz andere Art und Weisen machen kann. Transferaufgaben sämtlicher Art sind auch hier nur ein Beispiel. Dafür brauche ich die Tests nicht.

Warum ich eingangs so stur behauptet habe, dass ich niemanden für einen Einsatz aus meinem Unterricht entlasse hat übrigens weiterführende Gründe:
Wir befinden uns hier in einem Schulsanitätsdienstforum. Man kann also optimistisch davon ausgehen, dass die Beiträge hier von Schülern gelesen werden, die kein Problem damit hätten, zu ihrem Lehrer zu rennen und zu sagen "Aber andere Lehrer erlauben das ihren Schülern auch" oder besser noch "im Internet hab ich gelesen, dass ihre blöden Tests eh nur dazu da sind, dass sie sehen, wie toll ihr Unterricht war. Mit unserer Leistung hat das nix zu tun. Ich werde mich beim Schulleiter dafür einsetzen, dass sie diese nicht mehr benoten dürfen".
Will ich das? Nein!.
Grundlegend basiert das Projekt Schulsanitätsdienst auf der Idee, dass Schüler anderen Schülern in Not helfen, wenn ihre eigenen schulischen Leistungen nicht darunter leiden. Das beinhaltet, dass sie an Leistungsüberprüfungen teilnehmen und sich die Gruppe so organisieren sollte, dass in solchen Fällen ein Ersatzdienst/Hintergrunddienst da ist. Dass da von Fall zu Fall (wirklich lebensbedrohliche Situation, kein Ersatzmann zur Hand oder eben wirklich nur einer von 4 Vokabeltests, von denen eh nur die Hälfte eingesammelt werden) Ausnahmen gemacht werden können, bedarf der Übereinkunft von Fachlehrer und Schüler. Das pauschal im Internet zu befürworten, halte ich aber aus obigen Gründen für absolut fahrlässig.


So, jetzt dürft ihr mich von mir aus alle hauen. Ich beschäftige mich heute den ganzen Nachmittag/Abend mit nix anderem als Leistungsbeurteilung (fürs Englischexamen) und kann das Thema langsam nicht mehr sehen.

lg Caro

[Kerstin]

So. dann mach ich aus unserer Supermoderatorin a.D mal wieder 'ne Supermoderatorin i.D. oder so ähnlich...

In dem halben Jahr mit einem Franzlehrer der kaum Hausaufgaben gegeben und diese wenigen dann auch nicht wirklich kontrolliert geschweige denn einen Vokabeltest geschrieben hat habe ich ehrlich gesagt nicht eine einzige Vokabel gelernt und Hausaufgaben wenn überhaupt morgens im Zug gemacht. Im Gegensatz zu diesem Lehrer stand unsere spätere LK-Lehrerin total auf Vokabeltests. Wir haben 2 Jahre lang ausnahmslos jeden Montag einen Kurztest geschrieben. Geschadet hat das garantiert keinem von uns. Und die Vokabeln haben plötzlich alle wieder gelernt Ein gewisser Druck (oder auch ein gehöriger Tritt in den Hintern) ist manchmal auch ganz nützlich.