Zusammenfassung der bisherigen Diskussion

Alle rechtlichen Fragen und Fragen zur Auslegung von Gesetzestexten finden hier Platz. Bitte beachtet aber, dass alle Beiträge hier keinen Anspruch auf Richtigkeit haben, da wir alle Rechts-Laien und keine Experten sind. Vieles hier sind eigene Erfahrungen und auch persönliche Meinungen.

Foren-Übersicht Schulsanitätsdienst Recht und Gesetz

28.01.2010, 19:26
So, auch wenn jetzt vermutlich einiger der Forenmitglieder den Kopf über den Händen zusammenschlagen (ihr könnt diesen Thread ja ignorieren) weil das Thema so ausgelutscht ist, finde ich es wichtig und würde es gerne hier ansprechen: Sollten Sanitäter (sowohl im SSD als auch im Sanitätsdienst ohne anwesendes RD-Personal) Blutzucker messen?

Ich habe mal einige der Statemants von gestern und heute hier gesammelt - hoffe ich habe sie nicht all zu sehr aus dem Kontext gerissen:

Mike "Auf Sanitätsdiensten bei Bewusstlosen messe ich auch immer den Blutzucker. Zwar kann ich (bei dem Material) oft nix dran ändern sollte ein niedriger BZ die Ursache sein, aber ich kann nachfolgende Kräfte in Kenntnis setzen, und fühle mich auch irgendwie besser wenn ich die Ursache weis."

saniteuse: "Oh, und bei uns vertraut der RD auf die von uns gemessenen Werte, schade dass du scheinbar eine so schlechte Einstellung zu Schulsanitätern hast, dass du das nicht tust."

saniteuse: " sondern lediglich über unsere Arbeit sachlich berichtet und mich gewehrt wenn unterstellt wurde, dass Schulsanis zum Beispiel nicht ordentlich BZ messen könnten. "

Peit: "Ansonsten finde ich das Beispiel mit dem BZ-Messen eigentlich ganz gut: Wenn die Messung keine Konsequenzen nach sich zieht, dann ist sie nicht indiziert und hat gefälligst zu unterbleiben. Nur die reine Neugierde der Sanis ist keine Indikation und der RD wird vermutlich lieber selber 20 Sekunden in die Messung investieren, als sich auf eure Aussagen zu verlassen." UND
"Das ich nicht umbedingt den Werten des SSDs vertrauen würde hat nichts mit meiner schlechten Einstellung zu tun, sondern damit, dass die BZ-messung tatsächlich nur 20 Sekunden dauert und ich dann keinen Grund sehe auf die Werte zu vertrauen, die von irgenjemand, den ich nicht kenne erhoben wurden (zumal derjenige sicher eher ungeübt im BZ-Messen ist...)."

28.01.2010, 19:31
So - und um jetzt auch eine wirkliche Diskussion zu starten:
Nein, Sanitäter sollten nicht eigenständig den BZ messen!
Wenn ich eine Hypoglykämie nicht bekämpfen kann, hat der gemessene Wert keine Konsequenz - also habe ich auch kein Recht den Patienten zu stechen (und ihm damit unnötig weh zu tun).

Der RD wird aller wahrscheinlichkeit sowieso nochmal nachmessen - einfach weil die Messung nur 20 Sekunden dauert (und der Patient dafür nichtmal zusätzlihc gepikst werden muss) und zumindest ich vorsichtig wäre, auf fremde Werte zu vertrauen, wenn ich weder Qualifikation noch sonst etwas über den Vorbehandler weiß.

Natürlich kann ich jedem, der nicht zwei linke Hände hat das BZ-Messen beibringen. Aber dazu gehört am Ende auch einfach ein wenig Routine - wenn die ein Schulsani hat, dann misst er vermutlich einfach bei zuvielen Patienten den Blutzucker....

28.01.2010, 19:40
Aber dazu gehört am Ende auch einfach ein wenig Routine - wenn die ein Schulsani hat, dann misst er vermutlich einfach bei zuvielen Patienten den Blutzucker....

Naja, sollte ein Schulsani auch in einer Hilfsorganisation aktiv sein und dort (regelmäßig) Sanitätsdienste besuchen, kommt es durchaus vor, dass man auf eine ganz schöne Menge von BZ-Messungen kommt...und dabei entwickelt sich sicher eine gewisse Routine (Ich stelle nicht in Frage, dass diese Routine nicht so stark wie bei einem Großteil der Rettungsdienst-Mitarbeiter ausgeprägt ist!). Genau dasselbe gilt für (Schul-)Praktika, die in Krankenhäusern bzw. im Krankentransport in manchen Regionen durchgeführt werden können.
Alles Möglichkeiten, ein wenig Praxis zu schnuppern und eine (beschränkte) Erfahrung zu bekommen.

Dass ein gewisses Misstrauen vorliegt, ist in meinen Augen auch natürlich. Das kennt sicher auch jeder, der in dem Bereich neu ist und dessen gemessene Werte häufig überprüft werden ;) .

Dass ein Schulsanitätsdienst eine Hypoglycämie nicht bekämpfen kann (zumindest nicht durch die i.V.-Gabe von Glucose!), ist sicher allen klar.
Trotz alledem ist die Messung sicher nicht überflüssig, um eine evtl. vorhandene leichte Unterzuckerung auszuschließen (und dann auch bekämpfen zu können) oder bsps. Ursache für Schwindel oder einen Kollaps finden zu können.

28.01.2010, 19:55
OK - wer es außerhalb des SSDs geübt hat - meinetwegen^^

Naja, was heißt den leichte Unterzuckerung? Wenn dein Patient jetzt schwindelig ist und dir erzählt er hat noch nix gegessen den ganzen Tag über - was macht da ein BZ von 80mg/dl für einen Unterschied? Traubenzucker kannst du ihm auch so geben - selbst wenns im Extremfall ne Überzuckerung war wirds das nicht schlimmer machen - umgekehrt weiß du, wenn es besser wird, dass es eben eine Unterzuckerung war...
Also letztlich das, was Oma und Mama auch machen würden...
Andersherum kann ein Patient mit niedrigem BZ durchaus auch was anderes haben - von daher wirst du nur durch eine BZ-Messung nicht die Kollapsursache feststellen können...

28.01.2010, 20:01
Naja, was heißt den leichte Unterzuckerung? Wenn dein Patient jetzt schwindelig ist und dir erzählt er hat noch nix gegessen den ganzen Tag über - was macht da ein BZ von 80mg/dl für einen Unterschied? Traubenzucker kannst du ihm auch so geben - selbst wenns im Extremfall ne Überzuckerung war wirds das nicht schlimmer machen - umgekehrt weiß du, wenn es besser wird, dass es eben eine Unterzuckerung war...

Bei der Argumentation müsste aber auch der Rettungsdienst nicht zwischen Hyper-und Hypoglycämie unterscheiden, oder sehe ich das falsch?
Btw: Mit einer leichten Unterzuckerung sehe ich nicht einen Wert von 80 mg/dl, der ja noch am unteren Rand des Normbereiches liegt, sondern Werte um die 50 oder vlt. niedriger. Soweit ich das in der Ausbildung gelernt habe, gibt es durchaus Patienten, die weder bewusstseinsgetrübt sind, hingegen jedoch über erste Symptome einer Hypoglycämie klagen.

Dass ein Patient durchaus auch etwas anderes haben kann, ist klar. Das kann aber jeder (Notfall-)Patient haben...
Auch im professionellen Bereich wird ähnlich gehandelt: Die Ursache für die aktuelle Situation wird versucht zu beseitigen. Die endgültige Abklärung erfolgt im Normalfall ja auch erst in der Klinik (was ja auch bei einer festgestellten Unter-/Überzuckerung Maßnahme der Wahl wäre).

28.01.2010, 20:26
Natürlich kann man immer Situationen konstruieren, in denen es nicht verkehrt wäre den BZ zu messen. Aber ein Wert von unter 50mg/dl geht meist mit Bewusstlosigkeit einher und sollte so oder so abgeklärt werden...

28.01.2010, 20:32
Ich habe damals auch auf das BZ - Messen im SsanD verzichtet, owohl ich allemal in der Lage war, dies zu unterrichten und auch auf Dauer als maßnahme einzurichten.
warum ? Weil es keinen Sinn macht zu messen und nix dagegen tun kann wenn der Messwert sehr niedrig oder sehr hoch ist.
Und ein guter RD misst seine Werte selbst wenn er in eine Schule kommt. Ganz einfach deßhalb, weil man sich selbst am besten vertraut ... und ich würde für NIEMANDEN meine Hände UND Füße deßhalb ins Feuer legen ;)

28.01.2010, 21:33
Original von peit
Aber ein Wert von unter 50mg/dl geht meist mit Bewusstlosigkeit einher und sollte so oder so abgeklärt werden...

Muss nicht sein. Ich hatte bei einem med. Test iatrogen mal einen BZ von 35mg/dl. Das für mich einzige und interessanteste Symptom war, dass ich plötzlich nicht mehr lesen konnte.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

28.01.2010, 22:19
Deshalb sagte peit ja auch "meist". Dass es in der Medizin zu jeder Regel mindestens ein Dutzend Ausnahmen, Sonderfälle oder Patienten gibt, die aus der Reihe tanzen sollte ja eh allen bekannt sein.
Zum eigentlichen Thema schließe ich mich vom Prinzip her peit und Jürgen an - auch wenn ich selbst mich nicht immer 100% daran gehalten habe, halte und vermutlcih halten werde. Grundsätzlich sollter jeder Maßnahme eine Konsequenz folgen können. Eine Hypoglykämie kann ich neben dem Weg einer BZ-Wert-Bestimmung (invasiv!) auch durchaus durch eine gute Anamnese feststellen. Und wie peit sagte kann ich dann auch mal Stück Traubenzucker oral geben - wenn der Pat. bei vollem Bewusstsein ist - und warten. Wenn er eh bei vollem Bewusstsein ist, habe ich idR keinen Zeitdruck. Sollte es keine Besserung geben kann ich mit Gedanken machen was mit ihm passieren soll bzw. eben weitere nichtinvasive Techniken anwenden und ggf. auf den Rettungsdienst oder aber ein anderes Transportmittel zu einem Arzt (Hausarzt, Krankenhaus, whatever) organisieren. Ist der Patient eingetrübt oder gar bewusstlos, brauche ich eh den Rettungsdienst. Bei einer zeitnahen (!) Alarmierung komme ich wenn ich alle Basics und nichtinvasiven Techniken anwende werde ich grad so mit meinem Kram fertig sein bis der RD da ist. Dies setzt aber vorraus, dass ich meine Grundlagen soweit verstehe, dass ich bei einem Patienten ohne volles Bewusstsein schnell schalte ohne mir selbst 100 Differentzialdiagnosen zu überlegen. Meiner BZ-Wert-Messung würde jedoch keine Konsequenz folgen. Egal ob Hyper- oder Hypoglykämie, ich kann als SSD nicht viel machen (wenn bewusstseinsgestörter Patient). Der Rettungsdienst kann zumindest bei einer Hypoglykämie effektiv helfen.

Eigentlich ist es ganz einfach: Jeder Maßnahme muss eine sinnvolle Konsequenz folgen. Und die Konsequenz "ich weiß es und kann es xy sagen" ist keine sinnvolle Konsequenz.
Anders sieht das ggf. im durch HiOrgs organisierten Sanitätsdienst aus, dort gibt es je nach Landkreis/kreisfreie Stadt auch für im SD tätige Kräfte mit Qualifikation eines RS oder RettAss die Möglichkeit eine grundlegende, lebensrettende Therapie mit invasiven Mitteln und Medikamenten zu starten (z.B. Zugang legen, kristalloide Infusionslösung, NitroSpray, AsthmaSpray (glaub Berotec), Salbutamol (für Vernebler), Adrenalin und Glucose). Vorraussetzung ist in diesem konkreten Fall aber auch eine jährliche Fortbildung und Abnahme durch den ÄLRD.

Trifft aber eben nicht für den SSD zu..
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Alex
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!"

28.01.2010, 22:29
Solange der Pat. noch richtig wach und ansprechbar ist und nur der Verdacht auf beginnende Hypoglycämie besteht messen wir, denn uns steht eine Maßnahme zur Verfügung: Traubenzucker verfüttern.

Bei Bewusstlosen messen wir, um eine mögliche Ursache für die Bewusstlosigkeit ausschließen zu können und geben die Info an den RD weiter. Dass die uns da vertrauen dürfte mit daran liegen, dass man sich hier mittlerweile untereinander meist sehr gut kennt.

Natürlich kann man darüber diskutieren ob man nicht einfach bei wachen leuten mit Verdacht auf gut Glück Traubenzucker zu essen gibt und es bei Bewusstlosen mangels Maßnahmen sinnlos ist. Da wir an unserer Schule aber beispielsweise sehr viele bekannte Diabetiker haben (was auch außerhalb der Hypoglyc. beim Normalo der zu wenig gegessen hat hin und wieder Messungen erfordert) spielt das Thema bei uns eine Rolle und wird wie oben beschrieben gehandhabt. Wer weniger Diabetiker an der Schule hat oder ältere Schüler, die ihre Einstellungen selber besser im Griff haben, der kann bestimmt auch ohne BZ auskommen.

Präventiv: Nein, das ist nicht so gemeint dass wir der geilste aller SanDienste sind und das steht auch nicht zwischen den Zeilen. -.-
18 Jahre, JUH Ausbilderin, Ehrenamt, Leitung RUD-Team, KatS, Ex-Leitung (im Abi-Ruhestand ^^) SSD St. Lioba

28.01.2010, 23:30
Hmmm...

Ich sehe in jedem Fall einen Nutzen für die behandelnde Kraft, wenn auch nicht immer für den Patienten.

Person wach: durch Messung kann ich dem Pat. sicher sagen "liegt am BZ" oder "liegt nicht am BZ". Sicherlich gehts auch mit Essen füttern, wenn das aber nicht die Ursache der Symptome ist, dann hilft es nicht, und kann sogar "schaden" (Pat. erbricht).

Person bewusstlos: Ich kenne die Ursache der Bewusstlosigkeit, kann entweder (hier im Forum mehrfach gesehen) alles vorbereiten fürn i.v. Zugang und Glucose aufziehen, oder kann herleiten dass die Bewusstlosigkeit auf Grund der Hypoglykämie entstand, und nicht durch eine Synkope o.ä.



Eine ganz andere Frage ist, ob SSDler sicher und effektiv den BZ messen können, mit den Werten was anfangen können. Ich denke DAS ist regional SEHR Unterschiedlich, und kann hier nicht pauschal beantwortet werden.
(Auch die Qualität und Leistung eines RDs kann massiv schwanken, teilweise misst der RD vlt. nicht mal einen BZ!).
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

29.01.2010, 01:17
Klar messe ich im Sanitätsdienst den Blutzucker, wenn ich der Meinung bin, dass es dem Patienten vielleicht aufgrund eines Unterzuckers grade mal nicht so gut geht.

Wenn ich nämlich feststelle, der Zucker ist zu niedrig, dann kriegt der Patient von mir z.B. das eine oder andere Glas Cola, oder den Traubenzucker, den er vielleicht sonst vorsichtshalber nicht bekommen hätte.

Und manchmal kann ich dann den besagten Patienten auch schon wieder entlassen, wenn's ihm/ihr dadurch wieder besser geht, statt den RD zu bestellen. Kleiner Hinweis, mal was Vernünftiges zu sich zu nehmen, und gut ist...
Hab ich schon mehrfach so praktiziert.

Provokativ:
Warum soll ich auf gut Glück Traubenzucker verfüttern, wenn ich durch einen kleinen Test leicht rausfinden kann, ob der Patient den wirklich braucht?
Zuletzt geändert von Buschi am 29.01.2010, 01:20, insgesamt 2-mal geändert.

29.01.2010, 01:29
Hmm - irgendwie drehen wir uns im Kreis (nicht das ich anderes erwartet hätte)...

Wenn meinem Patienten schwindelig und nen bisschen flau ist - wozu muss ich dann gleich den BZ messen, bevor ich ihm was zu essen anbiete? Warum mache ich es nicht - hier wiederhole ich mich - nicht wie Mutti oder Oma und geb dem Kind nen Schluck zu trinken oder was zu essen und gut ist.
Andersherum: Meinem Patienten ist schwindelig, kreislaufinstabil und insgesamt schlecht - was sagt mir dann ein BZ von eben 80mg/dl (oder meinetwegen auch 70mg/dl)? Hat er ein ernsthaftes Problem und nicht gefrühstückt? Oder liegen obige Symptome nur daran, dass er nicht gefrühstückt hat?

@saniteuse: Wenn ich dich richtig verstanden habe, messt ihr häufig bei einigen Schülern den BZ nach, weil sie den selber nicht kontrollieren können - ist das richtig? Wie alt sind die Schüler denn?

29.01.2010, 07:32
Original von Buschi

Provokativ:
Warum soll ich auf gut Glück Traubenzucker verfüttern, wenn ich durch einen kleinen Test leicht rausfinden kann, ob der Patient den wirklich braucht?


Ich hoffe doch mal schwer, daß du diese Aussage auf einen San - Dienst beziehst und nicht etwa für einen SsanD. Sonst müsste ich meine bisherige sehr positive Einschätzung dir gegenüber leicht korrigieren *lach *

29.01.2010, 07:39
Provokativ gefragt:
Welchen Unterschied findet man zwischen einem Sanitätsdienst und einem Schulsanitätsdienst?
Wie der Name ja schon sagt, ist bei letzterem lediglich der Ort festgelegt...,

Und nein, es geht nicht um einen SanDienst, bei dem dutzend RS/RAs/NAs sind, sondern um einen typischen SanDienst (Als Beispiel BKTW mit 2 Sanitätshelfern).

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