Neurologischer Notfall bei Kind

Hier könnt ihr erlebte Einsätze schildern und sie können von uns gemeinsam besprochen werden.

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30.01.2010, 14:07
Hallo zusammen,

nach meiner abgeschlossenen RH-Ausbildung nutzte ich die Möglichkeit, auf einer Wache in der unmittelbaren Umgebung (eher ländlich) noch ein paar Schichten mitzufahren.
Dort war ich auf dem einzigen RTW als 3. Mann eingesetzt. Die Wache ansich beherbergt am Wochenende (wo ich gefahren bin) lediglich einen RTW, der Notarzt kommt im Zweifel aus einer der umliegenden Städte und kann dementsprechend auch mal eine etwas längere Anfahrt haben.

Nun aber zu dem erlebten Fall, der mir bis heute noch ein bisschen Kopfzerbrechen bereitet.

Nach einem "Routine"-Herzinfarkt werden wir noch auf der Rückfahrt zur Wache im benachbarten Stadtgebiet zu einem neuen Notfalleinsatz kurz hinter der Stadtgrenze alarmiert. Gemeldet ist ein Internistischer Notfall bei einem 10jährigen Kind, zusammen mit uns ist auch der Notarzt dieser Stadt alarmiert.
Nach einer rund 4 minütigen Anfahrt erreichen wir den Einsatzort, ein Zweifamilienhaus in ruhiger Lage.
Empfangen werden wir dort von einem verhältnismäßig ruhigen Vater, der uns in das Wohnzimmer führt. Dort finden wir einen 10jährigen Jungen vor, der auf dem Sofa liegt und augenscheinlich nicht ansprechbar ist. Er hat zwar die Augen geöffnet, reagiert aber nicht auf Ansprache. Auffällig ist bereits zu diesem Zeitpunkt ein recht offensichtlicher Herdblick nach links oben, auf Berührung in Kombination mit Ansprache reagiert er, indem der Patient in eine andere Richtung guckt.
Laut Aussage der Mutter klagte der Junge bereits seit dem vorherigen Tag über Kopfschmerzen, die allerdings auf Sylvester (Vortag) und die damit verbundene Knallerei zurückgeführt wurden.
Am heutigen Morgen klagte der Junge wohl nicht mehr über Kopfschmerzen, Frühstück erfolgte in gewohnter Manier, danach saß der Junge mit seinem Bruder vor dem Fernseher. Als er plötzlich umfiel, alarmierte der Bruder die Eltern, die umgehend einen Notruf absetzten und den jungen Patienten ins Wohnzimmer auf die Couch legten.
Allergien bzw. Vorerkrankungen sind keine bekannt, so etwas ist auch noch nicht aufgetreten.

Durch uns erfolgt eine Erhebung der Vitalwerte (HF 108, RR 130/80, SpO2 97%), währenddessen trifft der Notarzt ein. Pupillenreflex verzögert, aber seitengleich, leicht erhöhte Temperatur (38,2), 3Kanal-EKG ebenfalls unauffällig (außer einer leichten Tachykardie). Meningismus-Zeichen wie Nackensteife nicht feststellbar.
Zur Sicherheit erfolgt die Anlage eines Zuganges, der hierbei erhobene BZ-Wert ist ebenfalls mit 124 mg/dl unauffällig. Sauerstoff gibt es 4l/min über eine Brille. Eine langsam laufende Ionosteril wird angehangen, kurz darauf erfolgt die Umlagerung auf die mitterweile vorbereitete Trage. Voranmeldung im Kinderkrankenhaus mit dem Stichwort "Neurologisch - V.a. Apoplex", daraufhin geht es mit Sonderrechten zum Krankenhaus. Nach etwa 10minütiger Anfahrt erreichen wir das Krankenhaus, vor Ort werden wir mehr oder weniger (nicht) erwartet und in einen Raum gewiesen. Kurze Übergabe an eine Kinderkrankenschwester und die diensthabende Kinderärztin, die bereits zu diesem Zeitpunkt zu bedenken gibt, dass das Krankenhaus nicht über eine Neurologie bzw. Stroke-Unit verfügt. Trotzdem entscheiden wir uns, den jungen Patienten erstmal umzulagern. Beim Umlagern fängt der junge Patient an zu krampfen, daraufhin gibt es etwas Chaos, bis dass durch unseren NA eine Diazepam-Rectiole verabreicht wird, was allerdings nicht 100% die gewünschte Wirkung zeigt. Lagerung in der stabilen Seitenlage, um den starken Speichelfluss abfließen lassen zu können.
Der mittlerweile eingetroffene Oberarzt gibt zu bedenken, dass das Kinderkrankenhaus bei dieser Symptomatik nicht aufnehmen kann und dass wir vielmehr die Uni-(Kinder-)Klinik anfahren sollen. In der Uni-Kinderklinik (die räumlich von der Uni-Klinik getrennt ist) gibt es allerdings keinen CT, weshalb wir uns für ein Notfall-CT in der momentanen Klinik entscheiden.
Weder CT mit als auch ohne Kontrastmittel ergibt auf den ersten Blick der Radiologin einen Verschluss bzw. eine Blutung, wir sind allerdings direkt wieder zum Fahrzeug unterwegs, um den Patienten auf die Intensiv der Uni-Kinderklinik zu bringen. Die Bilder kommen nach.
Mit Sonderrechten geht es dann zur Uni-Kinderklinik, wo wir einen immer noch leicht krampfenden Patienten dem Personal der Intensivstation übergeben.

Unser RA ruft am frühen Abend nochmals auf der Station an, um sich nach dem Zustand des Patienten zu erkundigen und um die Diagnose "Meningitis" ausschließen zu können.
Laut Aussage der Ärztin ist eine Meningitis ausgeschlossen, der Krampf des jungen Patienten konnte wohl trotz medikamentöser Maßnahmen nicht vollends bis zu diesem Zeitpunkt durchbrochen werden.


Leider kamen wir nicht dazu, nochmal auf der Station anzurufen, um uns nach der Diagnose zu erkundigen.
Hiermit folgt dann meine Frage: Um was kann (!) es sich hierbei gehandelt haben? Am wahrscheinlichsten erschien uns eine Entzündung im Hirn...

Viele Grüße
Markus

30.01.2010, 18:41
Also zunächst einmal ist da ja so einiges nicht ganz optimal gelaufen. Welche Klinik für ein solches Kind die geeignete ist, sollte man in seinem RD-Bereich eigentlich wissen, dann kann man unnötige Sekundärverlegungen und damit verbundene Zeitverzögerung vermeiden.

Wenn ich dann, wie Du schilderst, einen iv-Zugang liegen habe - warum soll ich einen Krampf mit einer Diazepam-Rectiole unterbrechen?

Wie Du es schilderst, dauerte der Krampf länger an. Es wundert mich, dass der NA diesen nicht unterbrechen konnte. Ich hätte zu einer Barbituratnarkose und einer Intubation tendiert, wenn der Krampf nicht nach ein paar Minuten beendet war.

Ein Gefäßverschluß ist auf diese Weise nicht trivial im Vorbeigehen nachzuweisen / auszuschließen, es sei denn, das erste Krankenhaus hätte eine CT-Angiographie durchführen können. Aber auch die ist nicht perfekt. Im CT zeigt sich eine Ischämie erst nach mehreren Stunden.

Als mögliche Ursachen gibt es doch zahlreiche. Eine Meningitis hast Du schon erwähnt. Es könnte ein Tumor sein (den man allerdings meist im KM-CT gesehen hätte), ein Trauma, eine Intoxikation oder was weiß ich alles. Eine Ischämie in diesem Alter ist allerdings eine extreme Seltenheit. Oft findet man aber auch keine Ursache für einen Krampfanfall.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

30.01.2010, 19:30
Ist es möglich das ein Kind mit 10 Jahren einen HI oder Apoplex bekommt? Ich dachte das bekommen nur ältere Menschen?

Mit verwunderten Grüßen, André

30.01.2010, 19:54
Weit verbreiterter Irrtum.
Natürlich steigt bei älteren Leuten das Risiko wegen verschiedenen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Ateriosklerose usw. Aber das schließt nicht aus, dass auch junge Leute sowas bekommen können.
Ich hatte selbst schon eine 12-jährige Patientin mit perfekten Anzeichen für einen HI.
Ich bin als Rettungsschwimmer geboren, mit Wasser gestillt und aufgezogen! Hurra!:P

leverkusen.dlrg.de
www.drk-lev.de

30.01.2010, 20:27
Rein theoretisch ist es möglich, dass man in diesem Alter einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall bekommt. Dies ist dann aber meistens mit einer angeborenen Gerinnungsstörung verbunden. Schlaganfälle im Alter von 20-30 Jahren sind nicht so selten. Der gigantischste Risikofaktor für einen Schlaganfall ist die Kombination aus Rauchen und Einnahme der Pille.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

30.01.2010, 20:41
Mein jüngster Schlaganfall-Patient war 14 Jahre alt, meine jüngste Infarkt-Patientin 3 Jahre (allerdings angeborener Herzfehler).

Sicher sind diese Ereignisse in dieser Altersgruppe selten, aber sie treten von Zeit zu Zeit auf.

Bitte nicht gänzlich nur aufgrund des Alters ausschließen!

Ich würde auch auf Stroke tippen. Manchmal ist der auch im CT nicht unbedingt nachweisbar. Wurde Kontrastmittel gegeben?
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

31.01.2010, 00:13
Original von Hajo Behrendt
Wurde Kontrastmittel gegeben?

Laut Text schon ;)

Auch mich verwundert das ein NA, eine Kinderärztin und ein Oberarzt trotz i.v. Zugang den Krampfanfall nicht durchbrechen konnten. Könntest du da näheres rausfinden?

Diazepam gibts auch als i.v. (Faustan, Valium... )
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

31.01.2010, 01:40
Auch mich verwundert das ein NA, eine Kinderärztin und ein Oberarzt trotz i.v. Zugang den Krampfanfall nicht durchbrechen konnten. Könntest du da näheres rausfinden?

Leider liegt das ganze schon länger zurück, allerdings war eine komplette Durchbrechung nicht möglich. Somit war die Muskulatur des Patienten die ganze Zeit über, in der wir mit ihm unterwegs waren, angespannt, was von dem behandelnden NA als Krampf gewertet wurde.

Dass es Diazepam auch als Lösung gibt, ist mir klar, allerdings kamen wir im Krankenhaus nicht direkt an die Diazepam-Lösung (leichte Logistikschwierigkeiten), sodass auf die Rectiole aus dem (Kinder-)Notfallkoffer des Krankenhauses zurückgegriffen wurde.

Also zunächst einmal ist da ja so einiges nicht ganz optimal gelaufen. Welche Klinik für ein solches Kind die geeignete ist, sollte man in seinem RD-Bereich eigentlich wissen, dann kann man unnötige Sekundärverlegungen und damit verbundene Zeitverzögerung vermeiden.

Das war bereits vor Ort versucht worden, allerdings war in der angestrebten Klinik niemand erreichbar, sodass besagte Kinderklinik telefonisch angefragt wurde, die auch bereit war, den Patienten aufzunehmen.

Wie Du es schilderst, dauerte der Krampf länger an. Es wundert mich, dass der NA diesen nicht unterbrechen konnte. Ich hätte zu einer Barbituratnarkose und einer Intubation tendiert, wenn der Krampf nicht nach ein paar Minuten beendet war.

Auch dies wurde überlegt, allerdings von dem Notarzt aus mir unbekannten Gründen verworfen. Er wollte auch keinen Güdel-Tubus einsetzen. Gibt es hierfür vlt. eine Erklärung, die ihr geben könntet?

Grad nochmal zur Sicherheit: Es wurde sowohl ein CT mit als auch ohne Kontrastmittel gemacht.

31.01.2010, 10:22
Original von Tone Bone
Leider liegt das ganze schon länger zurück, allerdings war eine komplette Durchbrechung nicht möglich. Somit war die Muskulatur des Patienten die ganze Zeit über, in der wir mit ihm unterwegs waren, angespannt, was von dem behandelnden NA als Krampf gewertet wurde.

Eine komplette Durchbrechung wurde nicht erreicht. Die "Unmöglichkeit" würde ich immer noch anzweifeln. :)

Original von Tone BoneDass es Diazepam auch als Lösung gibt, ist mir klar, allerdings kamen wir im Krankenhaus nicht direkt an die Diazepam-Lösung (leichte Logistikschwierigkeiten), sodass auf die Rectiole aus dem (Kinder-)Notfallkoffer des Krankenhauses zurückgegriffen wurde.

Irgendein Benzodiazepin würde ausreichen. Wenn kein Diazepam vorhanden ist, tut es auch Midazolam oder irgendetwas anderes.

Das war bereits vor Ort versucht worden, allerdings war in der angestrebten Klinik niemand erreichbar, sodass besagte Kinderklinik telefonisch angefragt wurde, die auch bereit war, den Patienten aufzunehmen.

Komisch dann, dass die Klinik direkt nach der Aufnahme des Patienten gesagt hat, dass sie völlig ungeeignet ist für die Behandlung dieses Patienten. Mal ganz abgesehen davon - was sprach denn für einen Apoplex? Letztlich hattet ihr doch von Anfang bis Ende "nur" einen Krampfanfall.

Auch dies wurde überlegt, allerdings von dem Notarzt aus mir unbekannten Gründen verworfen. Er wollte auch keinen Güdel-Tubus einsetzen. Gibt es hierfür vlt. eine Erklärung, die ihr geben könntet?

Und hier liegt IMHO der Hund begraben. Bis zum Beweis des Gegenteils bin ich davon überzeugt, dass keiner der behandelnden Ärzte die Ausbildung/ dein Mut hatte, dem Kind eine ausreichende Menge Benzo oder Barbiturat zu geben um den Krampf zu unterbrechen, denn dies hätte die Notwendigkeit einer Intubation bedeutet.
Ein Guedeltubus wäre übrigens nicht indiziert. Wenn der Patient krampft, bekommt man ihn ohnehin nicht ohne Verletzungen plaziert. Euer Patient hate ja anscheinend einen freien Atemweg, sonst wäre er ja auf dem Transport verstorben. Was hätte ein Guedeltubus dann verbessert?
Notwendig wäre eine Narkoseeinleitung und eine endotracheale Intubation gewesen.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

31.01.2010, 12:01
Vermutlich habe ich eine Sache falsch ausgedrückt: Der Patient begann erst im Krankenhaus bei der Umlagerung zu krampfen, war also vom Auffinden an der Notfallstelle bis zum Eintreffen im (1.) Kinderkrankenhaus in dieser Hinsicht vollkommen unauffällig.
Die Diagnose "Apoplex" wurde hauptsächlich aufgrund des Herdblickes durch den Notarzt gestellt, soweit ich das mitbekommen habe.

Irgendein Benzodiazepin würde ausreichen. Wenn kein Diazepam vorhanden ist, tut es auch Midazolam oder irgendetwas anderes.

Auf dem Weitertransport war das dann auch das Mittel der Wahl (allerdings wurde es nur bereitgestellt, nicht gegeben), doch im Krankenhaus gab es da leichte Probleme. So ist auf unserem Rucksack kein Diazepam und im Krankenhaus konnten wir nicht auf Material direkt zurückgreifen, da wir natürlich mal wieder im falschen Raum waren. Dort war nur der typische Notfallkoffer, wo man mit Glück ein paar Diazepam-Rectiolen und Supra findet.

Ein Guedeltubus wäre übrigens nicht indiziert. Wenn der Patient krampft, bekommt man ihn ohnehin nicht ohne Verletzungen plaziert. Euer Patient hate ja anscheinend einen freien Atemweg, sonst wäre er ja auf dem Transport verstorben. Was hätte ein Guedeltubus dann verbessert?

Das war gerade in meinen Augen das Problem: Beim Krampf fing der Patient an, enorm zu "sabbern", weshalb wir dann auch von unserem Fahrzeug eine Absaugung geholt haben. Die Sättigung ging danach auch deutlich runter, nach einer Umlagerung in die Stabile Seitenlage ging es dann aber wieder einigermaßen. Das war - so habe ich es zumindest mitbekommen - der Grund, weshalb die Ärzte nicht intubieren wollten (wie gesagt, deine Begründung kann auch zutreffen, werde ich aber nicht bestätigen können).

31.01.2010, 12:20
Original von Tone Bone
Vermutlich habe ich eine Sache falsch ausgedrückt: Der Patient begann erst im Krankenhaus bei der Umlagerung zu krampfen, war also vom Auffinden an der Notfallstelle bis zum Eintreffen im (1.) Kinderkrankenhaus in dieser Hinsicht vollkommen unauffällig.
Die Diagnose "Apoplex" wurde hauptsächlich aufgrund des Herdblickes durch den Notarzt gestellt, soweit ich das mitbekommen habe.

Falsch. Der Patient hatte schon vorher gekrampft und war dann in der postiktalen Phase, als ihr ihn gefunden habt.

Auf dem Weitertransport war das dann auch das Mittel der Wahl (allerdings wurde es nur bereitgestellt, nicht gegeben), doch im Krankenhaus gab es da leichte Probleme. So ist auf unserem Rucksack kein Diazepam und im Krankenhaus konnten wir nicht auf Material direkt zurückgreifen, da wir natürlich mal wieder im falschen Raum waren. Dort war nur der typische Notfallkoffer, wo man mit Glück ein paar Diazepam-Rectiolen und Supra findet.

Also wurde auch nicht versucht, den Krampf zu beenden - oder? ;) Ein reines Bereitstellen ist nun einmal nicht ausreichend. Was lernen wir daraus? Der Einsatz ist erst nach der Übergabe des Patienten beendet und wenn man ohne Material ein Problem bekommt, ist das peinlich.

Das war gerade in meinen Augen das Problem: Beim Krampf fing der Patient an, enorm zu "sabbern", weshalb wir dann auch von unserem Fahrzeug eine Absaugung geholt haben. Die Sättigung ging danach auch deutlich runter, nach einer Umlagerung in die Stabile Seitenlage ging es dann aber wieder einigermaßen. Das war - so habe ich es zumindest mitbekommen - der Grund, weshalb die Ärzte nicht intubieren wollten (wie gesagt, deine Begründung kann auch zutreffen, werde ich aber nicht bestätigen können).

Die Argumentation des Arztes ist, dass der Patient (nach dem Krampf) wieder einigermaßen normal atmet, und er ihn daher nicht intubieren muss. Richtig. So kann man argumentieren, wenn der Krampf sich selbst limitiert. Wenn der Patient aber weiter krampft, dann muss ich etwas dagegen tun. Die Medikamente dann führen dazu, dass der Patient intubiert werden muss - nicht der Krampf selbst.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

31.01.2010, 12:25
Falsch. Der Patient hatte schon vorher gekrampft und war dann in der postiktalen Phase, als ihr ihn gefunden habt.

Laut Aussage der Eltern bzw. des Bruders hatte der Patient nicht gekrampft! Dementsprechend kamen wir auf den Schluss, dass es sich nicht um einen Krampf handelte.

Also wurde auch nicht versucht, den Krampf zu beenden - oder? Augenzwinkern Ein reines Bereitstellen ist nun einmal nicht ausreichend. Was lernen wir daraus? Der Einsatz ist erst nach der Übergabe des Patienten beendet und wenn man ohne Material ein Problem bekommt, ist das peinlich.

Das siehst du genau richtig ;) .
Frag mich jetzt nicht, warum der Arzt nicht weiter das Medikament geben wollte (und somit den Krampf durchbrechen), aber scheinbar muss es ja auch noch irgendwelche anderen Probleme dabei gegeben haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass der Patient erst nach mehreren Stunden auf der Intensivstation mit Tavor (soweit ich mich erinnern kann) ruhig gestellt werden konnte.
Was lernt man noch daraus? Auch Krankenhäuser kommen nicht unbedingt mit "Notfällen" zurecht ;) . Und das finde ich persönlich ziemlich traurig...

31.01.2010, 14:23
Original von Tone Bone
Laut Aussage der Eltern bzw. des Bruders hatte der Patient nicht gekrampft! Dementsprechend kamen wir auf den Schluss, dass es sich nicht um einen Krampf handelte.

Sie haben nicht gesehen, dass er gekrampft hat. Dies schließt einen Krampf aber nicht aus.

Frag mich jetzt nicht, warum der Arzt nicht weiter das Medikament geben wollte (und somit den Krampf durchbrechen), aber scheinbar muss es ja auch noch irgendwelche anderen Probleme dabei gegeben haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass der Patient erst nach mehreren Stunden auf der Intensivstation mit Tavor (soweit ich mich erinnern kann) ruhig gestellt werden konnte.
Was lernt man noch daraus? Auch Krankenhäuser kommen nicht unbedingt mit "Notfällen" zurecht ;) . Und das finde ich persönlich ziemlich traurig...

Es würde mich extrem wundern, wenn der Patient die ganze Zeit über gekrampft haben sollte. Ich würde mir eher vorstellen, dass es immer mal wieder zu einem Krampfanfall kam.
Und selbstverständlich kommen nicht alle Krankenhäuser mit Notfällen zurecht. Es gibt eben überall eine große Kreisklasse und eine kleine Bundesliga.
Zuletzt geändert von Don Spekulatius am 31.01.2010, 14:25, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

Re:

04.04.2015, 11:58
Don Spekulatius hat geschrieben:Also zunächst einmal ist da ja so einiges nicht ganz optimal gelaufen. Welche Klinik für ein solches Kind die geeignete ist, sollte man in seinem RD-Bereich eigentlich wissen, dann kann man unnötige Sekundärverlegungen und damit verbundene Zeitverzögerung vermeiden.

Wenn ich dann, wie Du schilderst, einen iv-Zugang liegen habe - warum soll ich einen Krampf mit einer Diazepam-Rectiole unterbrechen?

Wie Du es schilderst, dauerte der Krampf länger an. Es wundert mich, dass der NA diesen nicht unterbrechen konnte. Ich hätte zu einer Barbituratnarkose und einer Intubation tendiert, wenn der Krampf nicht nach ein paar Minuten beendet war.

Ein Gefäßverschluß ist auf diese Weise nicht trivial im Vorbeigehen nachzuweisen / auszuschließen, es sei denn, das erste Krankenhaus hätte eine CT-Angiographie durchführen können. Aber auch die ist nicht perfekt. Im CT zeigt sich eine Ischämie erst nach mehreren Stunden.

Als mögliche Ursachen gibt es doch zahlreiche. Eine Meningitis hast Du schon erwähnt. Es könnte ein Tumor sein (den man allerdings meist im KM-CT gesehen hätte), ein Trauma, eine Intoxikation oder was weiß ich alles. Eine Ischämie in diesem Alter ist allerdings eine extreme Seltenheit. Oft findet man aber auch keine Ursache für einen Krampfanfall.


Einen Krampfanfall zu durchbrechen, ist nicht immer in einer kurzen Zeit möglich. Einen status epileptikus zu unterbrechen kann unteranderem 2 Wochen dauern. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Notarzt den Krampfanfall nicht unterbrechen konnte.
Eine Intubation sollte in einem solchen Fall wohl bedacht sein, da eine Stroke Unit nicht immer eine optimale Versorgung für intubiert und beatmete Patienten gewährleistet kann (meist kein cMRT durchführbar, teilweise keine Beatmungsbetten)
Der Vorschlag, eine CT-Angio durchführen zu lassen zeigt, dass du weißt wovon du redest, allerdings wird i.d. Regel aus vielen Gründen, unteranderem der um einiges besseren Sichtbarkeit von Ischämien, ein cMRT mit KM durchgeführt.

Bevor die ganze Bildgebung veranlasst wird, sollte allerdings eine neurologische Untersuchung aller 12 Hirnnerven durchgeführt werden. (Diese hier zu erklären sprengt den Rahmen, es handelt sich aber um keine invasive Maßnahme die ohne besonderes Gerät (also in jeder Klinik, auch vom NA) durchgeführt werden kann).

Dies ist das Standartvorgehen eines jeden Neurologen, genauso wie der RD die Vitalparameter überprüft. Zusammen mit einer adäquaten Bildgebung (cMRT, erst dann CT-Angio) kann eine vernünftige Diagnose gestellt werden.

Liebe (kollegiale) Grüße

Babinski
04.04.2015, 13:00
Über 5 Jahre alt, der Thread! :D

Es liest sich nicht so, als hätte jemand in der Versorgungsphase wo das RTW Team mitgemacht hat, ernsthaft um eine Therapie bemüht.

Eine Diazepam Rektiol (10mg? ) ist da wohl kaum adäquat.
Möglich, dass man es nicht durchbrochen kriegt, der Anspruch sollte aber da sein. Wie du sicherlich weist, aber zum Benefit der Mitlesenden, ist es ja auch so, dass so ein Krampfanfall "hartnäckiger" werden kann, je länger er andauert. Das früher Durchbrechen eines Status Epileticus ist also klar indiziert, und nötig. Es gibt auch in der Präklinik mehr Möglichkeiten als ein Benzo rektal.

Dass das Team in ein ungeeignetes Haus fährt, finde ich auch mehr als schade.

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