Also ich denke, wir haben hier den typischen Fall von Chirurg als Notarzt. Ohne den Doc vor Ort gesehen zu haben: man kann bei Chirurgen (gerade des älteren Baujahrs) davon ausgehen, das jeder Knochenbruch und jede Wunde per se ersteinmal gar nicht so schlimm ist, wie es ausschaut und wie der Patient tut. Daher gibt's auch ne halbe Ewigkeit keine Schmerzmittel, so der Patient denn überhaupt von einem Knochenbrecher welche bekommt.
Bei den jüngeren NAs aus der Chirurgie (egal ob Facharzt oder Assistent) beobachte ich zum Glück eine patientenschonendere Herangehensweise, die mehr der aktuellen Auffassung entspricht, das ein Patient heutzutage keine Schmerzen mehr zu haben braucht.
Finde ich auch immer so erbaulich, einen NA nachzufordern zwecks Analgesie (z.B. bei manch Schenkelhals ab und an nötig) und der Doc dann letztlich doch nichts macht, weil es ein Chirurg jenseits der 45/50 ist.
Naja. Der Grund ist oft also eine Mischung aus den beiden oben genannten Theorien: Sensibilitätsprüfung (wobei ich das nur halb glauben kann) und "Durchhalten-Mentalität".
Warum ich mich mit der Sensibilitätsprüfungstheorie schwer tue? Nun, mir ist bewusst, dass ich vor und nach einer Reponierung/Ruhigstellung DMS prüfen sollte, keine Frage.
Jedoch ist die Prüfung vor Reponierung problemlos möglich (und bei Nervenschädigungen hab ich hier schon meine Antwort, die ich brauche) und wenn ich dann nach Analgesie oder Analgosedierung, Reponierung und/oder Schienung erneut prüfe, reicht mir halt erstmal die Durchblutungskontrolle. Sicherlich kann man da Fälle konstruieren, wo bei Reponierung noch was kaputt geht oder ein eingeklemmter Nerv wieder frei kommt (da hab ich meist aber "nur" Parästhesien bei der vorigen Kontrolle festgestellt und keinen totalen Sensibilitätsverlust) - fragt sich nur, was ich mit so einer Info dann im Nachhinein erstmal akut anfangen will?
Bei guter Analgosedierung ist der Patient in der Aufnahme nämlich wieder so weit fit, das der aufnehmende Doc die gesamte Palette an Untersuchungen durchführen kann. Womit wir wieder bei der Thematik der Fachrichtung wären: Einem Anästhesisten gelingt diese punktuelle Steuerung sicherlich besser, als einem Internisten oder besagtem Chirurg. (Ja, ich weiss, ich bin ein Ketzer.)
Naja. Lange Rede, kurzer Sinn. Im Prinzip sollte ein Patient keinerlei unnötige Schmerzen mehr leiden müssen in der modernen präklinischen Versorgung. Der Schaden-Nutzen-Abgleich würde da sicherlich negativ ausfallen für das im Eingangspost geschilderte Vorgehen des Docs.
(Ja, Disclaimer: Ich war nicht vor Ort, kenn die Situation und Entscheidungsgrundlage des Arztes nicht, .... bla

)