Auch ich sehe das ähnlich wie LevSani. Aber mal was im Detail:
Grundsätzlich ist die Verdachtsdiagnose in diesem Fall richtig gestellt worden. Allerdings sind die verschiedenen Kriterien genauer bzw. besser belegbar gewesen.
Was hätte man alles machen können/sollen/müssen?
Zum einen ist es unabdingbar, auf den Patienten einzugehen! Ein Patient, der nicht weiß, was ihm geschieht und der so gut wie nichts gefragt wird, wird von sich auch - v.a. wenn er verängstigt ist - nichts sagen, sondern seine Schmerzen und Sorgen in sich "reinfressen". Dabei wird die Situation sicher nicht besser (siehe alleine die Reaktion des Hyperventilierens auf verschiedene Krankheitsbilder) und euch als Sanis entgeht ein wichtiger Teil der (Verdachts-)diagnosefindung!
Bei Schmerzen im Unterarm direkt von einer Fraktur auszugehen, ist zwar nicht grundsätzlich falsch, aber in vielen Fällen überzogen! Wenn ich hinfalle und mir mein Arm was wehtut, ist er dann direkt gebrochen? Nicht unbedingt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch nochmal auf die sicheren und unsicheren Frakturzeichen. Hier erhält man auf den ersten Blick lediglich unsichere Frakturzeichen, aber - wie von LevSani auch später durchgeführt - kann ein Abtasten des Armes durchaus etwas bringen. Hierdurch (und auch durch das Gespräch mit dem Patienten) ist eine genauere Lokalisierung der Verletzung möglich, was später für das Schienen eine wichtige Grundlage darstellt.
Mit deiner Verdachtsdiagnose, LevSani, machst du nichts falsch und nach diese würde vermutlich jeder Sanitäter arbeiten (sollen).
Ein Tipp in diesem Zusammenhang: Bei einer unklaren Fraktur im Bereich des distalen Unterarms bietet es sich auch an, Elle bzw. Speiche nah am Ellebogen zu drücken. Bei Frakturen wird es in einigen Fällen - aufgrund der Reibung der Knochenenden - zu Schmerzen im Bereich der Bruchstelle kommen. Bereits mehrmals erlebt und war ein gutes Hilfsmittel.
Ich habe im Verlauf des Fallbeispiels mehrmals versucht, bestimmte Hilfestellungen zu geben. Das war manchmal mehr als einmal und deutlicher als sonst irgendwas, nur leider bist du, ikf, nicht darauf eingegangen. Wie gesagt: Wende bitte nur Maßnahmen an, die du auch beherrschst! Dazu zählt auch, dass bei der Schienung Durchblutung, Motorik und Sensorik überprüft werden (VOR und NACH der Schienung!). Gerade nochmal zur Wiederholung: Die Motorik des Handgelenks muss bzw. wird nicht gegeben sein, vielmehr soll hiermit die Motorik der Finger überprüft werden. Selbiges gilt für die Sensorik
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Schön fand ich, dass der Arm konstant unter Zug gehalten wurde (auch wenn dies auf den ersten "Blick" unangenehm ist und scheint). In vielen Fällen ist die Situation nach dem Schienen besser (oder zumindest gleich "gut").
Bitte achtet auch darauf, dass - falls möglich - die benachbarten Gelenke mit ruhig gestellt werden. Besonders die Ruhigstellung des Ellebogens bei Verletzungen im Handgelenksbereich kann in manchen Fällen schwierig sein, jedoch ist auch dies möglicht (bsps. durch die SamSplint XXL oder ein Dreiecktuch). Wird häufig vergessen, ist aber auch ein wichtiger Bestandteil der Schienung.
Zum Thema Notruf:
In diesem Fall lässt sich darüber streiten, ob der Patient wirklich mit einem RTW ins Krankenhaus transportiert werden muss. Das ist allerdings eine Einzelfallentscheidung, somit kann und werde ich nicht sagen, was hier die bessere Variante ist!
Alles in allem ein kleines Resumee: Bitte guckt euch - v.a. Du, ikf - nochmal die grundsätzlichen Dinge des Schienens und der Frakturversorgung an! Das muss sitzen, vor allem bei Leuten mit einer Sanitätsausbildung!
Und eines bitte auch nie vergessen: Die psychologische Betreuung ist ebenso wichtig wie die medizinische Betreuung des Patienten!!!
Edit: Nachträglich nochmal ein Röntgenbild, was ich beim Stöbern durchs Netz entdeckt habe und dem beschriebenen Fall nahe kommt: