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Notfallszenarien für Ersthelfer bis Rettungsdienstmitarbeiter.
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Ohne MANV kein Kampf... (ab SanH-Niveau od. erfahrene EH)

19.04.2011, 20:43

Das folgende Fallbeispiel beruht auf Tatsachen. Es schildert einen realen Einsatz eines Schulsanitätsdienstes an einer Beruflichen Schule.

DU BIST...
Teamleiter (im "Original" LRA) in einem neugegründeten SSD und zusammen mit einem weiteren Kollegen (Intensivpfleger / RS) in der Rufbereitschaft.

AUSGESTATTET...
seid ihr mit einem (leihweise zur Verfügung gestellten) Notfall-Arztkoffer gem. DIN 13 232 (ohne Medis, Infusionslösungen und Sauerstoff sind aber vorhanden)

DER EINSATZ...
beginnt am letzten Schultag vor den Ferien. Gegen 11.20 Uhr werdet ihr zusammen mit der Schulleitung per Alarmdurchsage zu einem Notfall in den Eingangsbereich der Schule gerufen. Weitere Informationen liegen zunächst nicht vor.
Bereits auf dem Weg zum Notfallort hörst du mehrere Personen laut schreien.

WAS TUT IHR?
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 19.04.2011, 20:43, insgesamt 1-mal geändert.

19.04.2011, 21:29

OK, es geht morgen ab ca. 14 Uhr weiter, wenn sich ein Team findet (es reicht die im Titel beschriebene Mindestqualifikation!)

Gute Nacht! ;)

19.04.2011, 23:04

Jo, dann gehts mal als Sanitäter zügig zum Einsatzort, der Koffer wird mitgenommen, Handschuhe werden unterwegs angezogen. Was sehen wir denn vor Ort?

20.04.2011, 07:04

Vor Ort seht ihre eine größere Anzahl von Schülerinnen im Alter von ca. 16 bis 18 Jahren, die sich die Hände vors Gesicht pressen. Die Gesichter sind schmerzverzerrt, einige Betroffene weinen.

Durch die akustischen Laute angelockt, nehmen viele weitere Schüler Kurs auf den "Ort des Geschehens".

20.04.2011, 10:35

Dann gehe ich auf einen Schüler zu.

"Hallo, wir sind vom Sanitätsdienst, können wir helfen, was ist denn passiert?"

Wenn ich mir das so überlege, könnte Reizgas dafür verantwortlich sein. Können wir ohne Gefährdung arbeiten? Drohen irgendwelche Gefahren?

20.04.2011, 13:14

Sollte Maxi mehrere Patienten versorgen müssen und ein Paar abgeben wollen, dann kann er mir gerne einen zuweisen.

20.04.2011, 13:24

Klar, das Team besteht doch aus 2 Leuten.

20.04.2011, 14:15

In der Tat ist das Schadenereignis vermutlich auf Reizgas zurückzuführen.

Einige Schülerinnen berichten von einer Schlägerei, in deren Folge wohl eine Substanz aus einer Dose versprüht worden sei.

Die Eingangshalle ist schlecht belüftet (nur zwei normale Eingangstüren stehen zur Verfügung, "Durchzug" nicht möglich, da auf der gegenübeliegenden Seite eine Fensterfront verbaut ist, die sich nicht öffnen lässt.), ihr nehmt auch einen stechenden Geruch wahr.

20.04.2011, 14:47

Ist denn noch die Schlägerei im Gange? Wenn nicht bitte ich alle auf den Schulhof. Die Schulleitung soll den Bereich absperren und die "Übeltäter" kontrollieren, nicht dass noch mehr passiert. Wie viele Beteiligte gibt es denn ungefähr?

20.04.2011, 15:01

Die Schlägerei ist nicht mehr im Gange. Die ebenfalls verletzte Aggressorin hat bereits vor eurem Eintreffen das Schulgelände verlasssen und möchte in Begleitung zweier Freundinnen selbst einen Arzt in der Nähe aufsuchen.

SOLLTET IHR VERSUCHEN, DIESE GRUPPE NOCH "EINZUFANGEN"?

Es ist sehr gut, dass ihr dafür Sorge tragen wollt, dass sich das Schadensereignis durch noch in der Luft befindliche Reizstoffe nicht noch weiter ausbreitet.

Nach von euch erbetener Räumung wird der betroffene Gebäudeteil durch Lehrkräfte abgesperrt.

Alle Beteiligten scheinen noch gehfähig zu sein und werden in den Sanitätsraum in einen anderen Gebäudeteil verbracht, insgesamt waren laut Zeugenaussagen wohl neun Schülerinnen unmittelbar betroffen, fünf befinden sich noch an der Einsatzstelle.

Bei allen Beteiligten sind eine starke Rötung im Gesichtsbereich und Tränenfluss, vereinzelt auch Schwellungen der Schleimhäute und Sekretausfluss aus der Nase feststellbar. Alle fünf noch an der Einsatzstelle verbliebenen Personen sind stark erregt.
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 20.04.2011, 15:03, insgesamt 1-mal geändert.

20.04.2011, 15:09

"Hr. Direktor XY, 4 Betroffene haben das Schulgelände verlassen und möchten einen Arzt aufsuchen. Das ist nicht unser Problem, entscheiden sie, was sie tun möchten."

Dann bitte ich mal die Verletzen, dass die sich wenn möglich hinsetzen, sofern die dies möchten. Ich beginne mit einer ersten Sichtung. Diese sollte pro Patient nicht länger als 1 min dauern. Ich erfrage:

-Vornamen
-Schmerzen/Verletzungen
-Sonstige Probleme medizinischer Art
-Atemwegserkrankungen (Reizgas und Asthma vertragen sich glaube nicht so gut)
-Ich taste den Puls

Wenn eine Person nicht ansprechbar ist, Atmung vorhanden und Atemweg frei --> Seitenlage.

20.04.2011, 15:33

Nachdem ihr die Patienten hingesetzt habt, beginnt ihr mit einer kurzen Anamnese. Damit ihr euch die Namen der Betroffenen merken könnt, empfieht sich das Ausfüllen einer Verletztenanhängekarte bzw. zumindest eines Protokollkopfes mit den relevanten Daten.

Alle Notfallbetroffenen sind ansprechbar.

Die gesichteten Patienten 1 bis 3 und 5 sind vom Zustand einigermaßen identisch.
Immer noch klagen die Personen über mittelstarke, aber erträgliche Schmerzen im Gesicht, tw. leichte Atemprobleme (eine Zyanose ist aber nicht erkennbar), Hustenreiz und Sehstörungen.

Eine Ersteinschätzung erfolgt anhand des ABCDE-Schemas:

A- Atemwege: Die Atemwege sind frei und werden offensichtlich auch durch Schwellungen nicht stark eingeeingt

B- Atmung: Fast alle Betroffenen hyperventilieren. Dies ist wahrscheinlich auf die Aufregung und die zuvor stattgefundene Auseinandersetzung zurückzuführen. Kein Kribbeln in den Händen / keine Pfötchenstellung.

C- Kreislauf: Der Puls ist bei allen Beteiligten peripher gut tastbar. Es imponiert eine leichte Tachykardie (Puls erhöht), was wohl ebenfalls auf die Situation zurückzuführen ist.

D- Neurologie - Sehstörungen / verschwommenes Sehen, sonst keine weiteen Defizite, GCS 15.

E - Körperl. Untersuchung / Wärmeerhalt: EInige Betroffenen haben Prellungen oder Zerrungen durch die körperliche Auseinandersetzung erlitten. Wärmeerhalt nicht notwendig, da die Pat. ausreichend bekleidet sind und die Versorgung in einem geschlossenen Raum stattfindet.
Keine Frakuren oder Blutungen erkennbar.

Bei der Patientin 4 verschlechtert sich der Zustand plötzlich dramatisch. Sie klagt über akut aufgetretene Atemnot, Hyperventiliert stark und ist zunehmend erregt.
Die Augen öffnet sie nur noch auf Ansprache und macht einen "abwesenden" Eindruck.

WAS MACHT IHR NUN?
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 20.04.2011, 15:33, insgesamt 1-mal geändert.

20.04.2011, 15:46

Mein Kollege tätigt mal den Notruf, nch Absprache mit der Schulleitung hätte ich gerne mal die Feuerwehr zur Belüftung noch angefordert:

"Hallo, hier ist der SSD der ABC Schule in der def-Straße in ghiStadt. Wir haben hier 5 Verletzte Schüler Z.n. Reizgasattacke, 4 Personen leicht verletzt, eine Person mit Atemnot. Benötigen einen Notarzt und zur Belüftung mal die Feuerwehr. Noch Fragen?"

Ein Lehrer soll mal einweisen gehen.

Zur Notfallpatientin:

"Hallo, wir helfen dir jetzt, versuche ganz ruhig zu atmen."

Zyanose? Haben wir ein Pulsoxi? Pfötchenstellung?
Zuletzt geändert von Maxi am 20.04.2011, 15:48, insgesamt 1-mal geändert.

20.04.2011, 16:33

OK, der Notruf ist abgesetzt. Ein Löschzug der BF, die letzten beiden in der Stadt noch verfügbaren Rettungswagen, die Polizei und die SEG Rettung werden alarmiert...

Die Patientin ist sehr blass, eine Zyanose ist aktuell aber (noch) nicht erkennbar. Ein Finger-Pulsoxi ist verfügbar und zeigt einen Wert von 86 % an.

WELCHE MÖGL. FEHLERQUELLEN GILT ES BEIM EINSATZ VON PULSOXIMETERN ZU BEDENKEN?

Es herrscht keine Pfötchenstellung vor.

Es imponiert ein pfeifendes Atemgeräusch in der Ausatemphase (expiratorischer Stridor)

WELCHE URSACHEN KÖNNEN ATEMGERÄUSCHEN IM ALLGEMEINEN ZUGRUNDE LIEGEN?

WOMIT IST HIER ZU RECHNEN?

Pat. 1 und 3 fordern euch eindringlich auf, nun endlich mal was "gegen ihre Augen" zu machen...

WIE GEHT IHR WEITER VOR?
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 20.04.2011, 16:36, insgesamt 2-mal geändert.

20.04.2011, 17:00

Fehlerquelle: Zittern, Durchblutungsstörung, lackierte Fingernägel.

Atemgeräusche haben meistens eine Verengung der Atemwege als Ursache.

Es könnte ein Asthmaanfall aufgrund einer Reizung der Schleimhäute vorliegen.

Der Kollege soll sich einen Lehrer schnappen, der ihn unterstützt. Der Lehrer bekommt Handschuhe und der Sanitäter bereitet eine NaCl Infusion vor. Diese nimmt er dann zum spülen. Noch besser: 20 ml Spritzen mit NaCl aufziehen und dann spülen. Anschließend weitere Untersuchung (RR, HF) von Pat 1,2,3,5 und die Behandlung von Prellungen etc.

Zur Notfallpatientin:

"Wir setzen dich einmal hin und du tust deine Arme mal hinter dir aufsetzen, dass erleichtert dir die Atmung."

"Hast du Probleme mit Asthma?"

Lehrer zum einweisen draußen?

Wie ist die Atemfrequenz? Ist die Atmung flach?
Zuletzt geändert von Maxi am 20.04.2011, 17:04, insgesamt 1-mal geändert.

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