Marathon

Notfallszenarien für Ersthelfer bis Rettungsdienstmitarbeiter.

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12.02.2017, 12:26
Hier mal wieder ein Fallbeispiel von mir. Diesmal aus dem Sanitätsdienst.

Setting
Ihr seid an einem schönen Samstagnachmittag bei 26° C Außentemperatur bei einem kleineren Amateur-Marathon als Sani eingeteilt. Kurz nach dem Zieleinlauf der ersten Läufer klopfen zwei Streckenposten, einen mittelalten Mann stützend, an eurer Seitentür. Der Mann sei nach Zieleinlauf zusammengebrochen.

Ausstattung
Ihr nutzt einen RTW als mobile Unfallhilfsstelle und habt euch am Start/Ziel positioniert. Euch steht dementsprechend auch das Material zur Verfügung.

Wenn jemand Lust hat, bitte einfach loslegen.

Bei Interesse und Notwendigkeit könnte auch der RD später übernehmen. Da das Beispiel wie gewohnt auf einem realen Fall beruht, muss ich mir hier keine Werte und Verläufe ausdenken. Man sehe mir allerdings nach, dass ich die RD-Maßnahmen als angehender RS i.P. nicht hinreichend bewerten könnte. Ich weiß allerdings, wie der Einsatz ausgegangen ist ;)
12.02.2017, 17:00
Dann kümmern wir uns doch mal um den Herren.
Wie sieht er denn generell aus? Schafft er es selbst in unseren RTW hinein?
"Guten Tag, Nordwind vom Sanitätsdienst. Ihr Name ist? Was können wir für Sie tun?"

Wenn er ohne größere Schwierigkeiten hereinkommt, darf er sich gern auf einen der Begleiterstühle setzen. Irgendwas relevantes das mir die Streckenposten sagen können?
12.02.2017, 17:27
Der wehrte Herr Klein ist ein paar Meter nach dem Zieleinlauf nach dem Stehenbleiben zusammengebrochen. Mehr können die Streckenposten leider nicht sagen. Alleine schafft es Herr Klein nicht in den RTW. Gemeinsam schafft ihr es aber, ihn in den RTW zu befördern.

Herr Klein ist initial so stark am Zittern, dass es ihm schwer fällt, mit euch zu reden. Am Ende habt ihr aber so viel verstanden, dass ihm nach dem Zieleinlauf schwarz vor Augen wurde. Er sei aber sehr stolz auf sich, da er normalerweise keine Marathons läuft. Er sei nur seinem verstorbenem Vater, der Marathonläufer war, mitgelaufen.
12.02.2017, 18:32
Ach Gott.
Dann legen wir den Herren mal auf unsere Trage, mein Kollege darf einmal einen Satz Vitalwerte inkl. BZ erheben. Gern auch zumindest ein 4-Pol EKG. Eine Decke lassen wir ihm auch mal zugute kommen.

Was ist denn im Moment das Hauptproblem? Hat sich der Kollaps irgendwie angekündigt? Irgendwelche anderen Beschwerden? Schmerzen irgendwo?
Schonmal so kollabiert? Irgendwelche anderen Erkrankungen? Darunter Medikation? Allergien bekannt? Genug gegessen/getrunken? Das ist ihr erster Marathon, ja? Haben Sie sich gut vorbereitet?
12.02.2017, 20:42
Das war der zweite Marathon von Herrn Klein, allerdings hat er so etwas vorher noch nicht gehabt. Er hat sich gut vorbereitet und konnte seine Zeit im Vergleich zum 1. Marathon um 40 Minuten unterbieten. Er ist plötzlich beim Anhalten umgekippt, keine Vorankündigung. Vorher hat er noch einmal richtig Gas gegeben.

Hauptproblem ist völliger Erschöpfungszustand, der sich v.a. durch Blässe, Muskelzittern und Muskelkrämpfe äußert. Weiterhin klagt Herr Klein über leichte Schmerzen im Schulterbereich.

Zuletzt hat er 250ml getrunken bei Kilometer 21 und dort auch eine Banane gegessen. Ansonsten gab es an dem Tag leichtes Frühstück.
Weitere Erkrankungen sind bei ihm nicht bekannt. Daher nimmt Herr Klein auch keine Medikamente zu sich. Allergien bestehen gegen Birkenpollen, Äpfel, Novalgin, Penícillin.

Dein Kollege erhebt folgende Vitalparameter:
- AF leicht erhöht, RR 100/80, Puls 100, SpO2 96%, BZ 78, 4-Pol EKG mit Ausnahme der leichten Sinustachykardie o.B.
13.02.2017, 19:00
Wunderbar. Hier am Start/Ziel steht ja sicher irgendwelches süsses isotonisches Getränkeartiges für die Läufer herum, das darf gern besorgt werden - Herr Klein darf sich ebendieses gern mal einverleiben, wenn er mag.
Kann er mir zu den Schulterbeschwerden etwas sagen? Wie würde er sie beschreiben? Wie stark sind sie denn? Hat er die schon länger oder erst seit dem Kollaps? Sind sie bei Bewegung schlimmer?

Kann er sich eigentlich an alles erinnern? Meint er, mit dem Kopf irgendwo angestoßen zu sein? Egal welche Antwort, wir untersuchen den Kopf mal, ob wir irgendetwas in dieser Richtung sehen können. Bewegen kann er soweit alles?
14.02.2017, 11:57
Trinken findet er eine gute Idee. Neurologisch gibt es keine Auffälligkeiten. Beim Sturz ist Herr Klein wohl leicht mit dem Kopf auf dem Boden gelandet, äußere Verletzungen sind allerdings nicht ersichtlich.

Zu den Schmerzen:
O - begannen ziemlich am Ende des Marathons plötzlich
P - bewegungsunabhängig
Q - am ehesten trifft die Bezeichnung diffuser, drückender Schmerz zu
R - v.a. linksseitig aber Herrn Kleins Aussage nach auch leicht auf der rechten Seite
S - "schon irgendwie störend"; Herr Klein schätzt die Stärke auf 4 nach NRS
T - leichte Verschlechterung seit Beginn
14.02.2017, 18:43
Wie reagiert er denn auf das Trinken?
Wie alt war der Herr nochmal? Wo genau ist der Schmerz?

Hmh, dumpf-drückend weckt natürlich leicht den Verdacht, dass eine nicht-chirurgische Ursache dahintersteckt. Ich würde an diesem Punkt gern auf Nummer sicher gehen, und Herrn Klein eine Abklärung in der Klinik vorschlagen - gern Überzeugungsarbeit im Sinne von "könnte ja vom Herzen kommen." Was sagt der Herr dazu?

Wie sind denn derzeit die Vitalparameter? Wenn ich schon in diese Richtung gehe, dann richtig - also hätte ich gern auch ein 12-Kanal.

(EDIT: Frage schon beantwortet.)
15.02.2017, 16:45
Wie reagiert er denn auf das Trinken?

Wie viel gibst du ihm denn?

Herr Klein ist 46 Jahre alt. Im Notfall würde er sich bereiterklären, mit in die Klinik zu kommen. Das 12-Kanal EKG ist ebenfalls unauffällig.
15.02.2017, 20:07
Och, wir fangen mal vorsichtig an. Becherweise, wenn das gut klappt, gern mehr.

Haben sich die Schmerzen irgendwie verändert? Wirds schlimmer, wenn ich an der Schulter herummanipuliere? Beweglichkeit? Da vielleicht draufgefallen?
17.02.2017, 16:05
Durch die Flüssigkeit werden die Muskelkrämpfe allmählich besser. Manipulation tut leicht weh. Allerdings ist jegliche Bewegung des Körpers schmerzhaft. Auf die Schulter ist er nicht groß gefallen. Beweglichkeit vorhanden aber nur unter Schmerzen.
18.02.2017, 15:27
Gutgut. Dann geben wir gern mehr von der Flüssigkeit, vielleicht bekommen wir ja sogar eine Banane organisiert.

Dem Herrn Klein würde ich gern nahelegen, zur Abklärung des Kollaps einmal eine internistische Notaufnahme aufzusuchen - damit der nächste Marathon kollapsfrei verläuft. Wenn er dem nichts entgegensetzt, kann je nach örtlichen Gegebenheiten mal ein RTW/KTW nachgefordert werden.
19.02.2017, 11:43
Dann hätte ich noch gerne eine Verdachtsdiagnose und eine Übergabe an den RTW. Dann können wir mit der Nachbesprechung loslegen :)
19.02.2017, 16:52
"Guten Tag, das ist Herr Klein, bei Z.n. kurz vor Zieleinlauf beobachtet synkopiert, Vitalwerte soweit unauffällig bei [...], er klagt über leichte Schmerzen im Schulterbereich, wir haben zur Absicherung ein 12er geschrieben, ich persönlich sehe nichts auffälliges, am ehesten muskulär. Wir haben ihm etwas Flüssigkeit zugeführt - Symptome darunter soweit rückläufig. In Absprache mit ihm jetzt euch zwecks Synkopenabklärung nachgefordert."
19.02.2017, 20:00
Dann vielen Dank für die Teilnahme an dem Fallbeispiel. Mein Feedback und die realen Maßnahmen, die vor Ort und im Krankenhaus ergriffen wurden folgen dann nach deinem Feedback.

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