ILS. Pro und Contra

Alles aus Feuerwehr, ASB, DLRG, DRK, JUH, MHD und THW

Foren-Übersicht Erste Hilfe, Rettung und Medizin Hilfsorganisationen

10.09.2011, 21:58
Hallo zusammen,
ich wollte mal Nachfragen was ihr so von Integrierten Leitstellen haltet und welche Erfahrungen ihr schon in Verbindung mit der ILS gemacht habt.
Ich freu mich schon auf euere Antworten.

11.09.2011, 00:03
Vorweg sei gesagt: Ich habe wenig Ahnung von Leitstellenarbeit, aber ich kann hier gern mal meine Gedanken dazu darlegen:

Wir haben hier im Kreis Steinfurt eine Integrierte Leitstelle für Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz, solange ich mich erinnern kann. Ich habe auch vor einigen Jahren erst ganz erstaunt feststellen müssen, dass es in Deutschland Gegenden gibt, in denen das (noch) nicht so ist.

Was bei ILSt für Nachteile entstehen sollten, kann ich mir nicht vorstellen... Vorteile allerdings einige:

- Die europaweit einheitliche Notrufnummer 112 gilt sowohl für die Feuerwehr als auch für den Rettungsdienst. Da ist es nur sinnvoll, dass die Leitstelle, auf der die Notrufe auflaufen, auch beide Fachdienste disponieren kann und nicht erst den Notruf noch in irgendeiner Form weiterleiten muss.

- Dazu kommt, dass die Einsatzführung vereinfacht wird, da keine Absprachen über den Ablauf eines Einsatzes zwischen zwei unterschiedlichen Einsätzen notwendig ist, sondern ein Disponent sich ganz auf eben diesen einen Einsatz konzentrieren und dem Einsatzleiter vor Ort zuarbeiten kann.

- Wenn einer der beiden Fachdienste den jeweils anderen nachfordert, kann dieser direkt vom zuständigen Disponenten alarmiert werden und es besteht keine Gefahr, dass bei der Übermittlung der Nachforderung an eine andere Stelle wichtige Informationen verloren gehen ("Stille Post-Prinzip").

Weitere Informationen zu unserer KLSt findet ihr hier.
11.09.2011, 06:49
Original von SAN A/B
Hallo zusammen,
ich wollte mal Nachfragen was ihr so von Integrierten Leitstellen haltet und welche Erfahrungen ihr schon in Verbindung mit der ILS gemacht habt.
Ich freu mich schon auf euere Antworten.


Das System der ILS gibt es in Hessen nun seit rund 30 Jahren - ist also gar nicht so eine neue Idee wie manch Leute im Süden unserer Republik glauben mögen.

Ich persönlich halte es für ein sinnvolles System und kann daher die Vorbehalte Einiger nicht verstehen. Die Wichtigsten Vorteile hat Buschi ja schon aufgezählt

Übertroffen könnte so was nur durch ein System, welches unter dem Begriff "bunte Leitstelle" bekannt geworden ist; eine gemeinsame Leitstelle für Fw, .RD und Pol
Marc, 36 Jahre
Leiter SSD, EH-Ausb.
Ausbildungsstand: Genug um eine recht lange Liste zu produzieren.

11.09.2011, 07:12
In Hamburg wird eine ILS schon seit 1945 betrieben und man kennt hier gar nix anderes.
Was die " bunte Leitstelle" betrifft gibt es hier seit einigen Jahen ein gemeinsamens Einsatzleitsystem zwischen Polizei und Feuerwehr, das sog. HELS - Hamburger Einsatzleitsystem. Hier haben Pol und F dasselbe Computerprogramm, Einsätze können jeweils bei beiden am PC gesehen und bearbeitet werden obwohl die beiden Leitstellen kilometerweit voneinander entfernt sind. Dies brachte den großen Vorteil, dass Notrufe von beiden Fachdiensten schneller sachlicher bearbeitet werden können und die Alarmierungszeiten erheblich gesunken sind.

http://www.hamburgwiki.de/wiki/Hamburger_EinsatzLeitSystem_HELS

Gruß Jürgen
Zuletzt geändert von Onkel Juergen am 11.09.2011, 18:23, insgesamt 2-mal geändert.

11.09.2011, 10:05
In Kreisen, in denen die Feuerwehr aber eben nicht in den RD eingebunden ist, nutzt es niemandem etwas, wenn man seine Symptome erst einmal einem Feuerwehrmann erklärt um dann weitergeschaltet zu werden. Wenn die Feuerwehrleute aktive RAs sind, wie in Hamburg, geht das klar. In der Leitstelle in Hessen, die ich überblicken kann, haben die Feuerwehrleute mal vor 20 Jahren ihren RS gemacht und das war es dann mit RD. Hier kann ich dann keinen Vorteil einer ILS erkennen. Wenn ich einen Anruf weiterschalten muss, dann ist es völlig egal, ob der Adressat nun neben mir sitzt oder in einer anderen Stadt.
Auch bei einem MANV kann ich mir schwer einen Vorteil vorstellen - da werden eher Trennwände aufgestellt, damit die eine Seite nicht vom Gelaber der anderen gestört wird.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

11.09.2011, 18:26
Also, da auch ich aus Hessen komme, kenne ich gar kein anderes System. Mir sind bisher keine bedeutenden Nachteile aufgefallen, eher wundere ich mich jedes mal, wenn ich erfahre, dass ein Kreis das nicht hat und als tolle Neuerung einführen will.

@ Don: Wem muss ich denn die Symptome nochmals erklären, also zu wem werde ich den weitergeschaltet? Bei uns erledigt die komplette Abfrage und Koordination ein Dispo. Also an wem erzähl ich das ganze denn doppelt (also außer dem ankommenden RA :P )?

Und bei einem MANV wird bei uns im Kreis eine TEL eingerichtet, die das Ganze dann übernimmt. Somit wird ein Großteil der Last abgenommen und Lagemeldungen des Einsatzleiters, die RD und FF/BF betreffen, müssen nicht 2 mal gemacht werden, so wenn der Einsatzleiter die erste lage durchgibt und die grobe Vermissten-/Verletztenanzahl durchgibt wird beides von einer Leitstelle abgearbeitet.

Und zumindest in unserem Kreis müssen die Jahresfortbildungen soweit ich weiß erfüllt sein und die Dispos sind zumeist ehemalige RA, die etwas ruhigeres haben wollten, haben also allesamt viel Einsatzerfahrung und Wissen, auch im Bezug auf den RD.
meine ich ... RA-Azubi ... Ex-SSDler am WEG Büdingen; Feuerwehrler bei der örtlichen FF; Mitglied beim MHD und dort bei SanDiensten, Fahrzeugpflege, im KatS und als Gruppenleiter bei der Jugend dabei; 18 Jahre

11.09.2011, 18:33
In unseren hochmodernen Zeite von Rechnerunterstützung jeglicher Art ist es aber nicht unbedingt erforderlich, hier Fachkräfte zu beschäftigen. Am Beispiel unseres Abfragesystems ist es durchaus möglich, die Notrufannahme ähnlich dem Betrieb eines Call Centers durchzuführen. Böse Zungen behaupten hier sogar, man könnte talentierte Schimpansen von Hagenbeck in einem 4wöchigen Lehrgang auf diese Aufgabe vorbereiten ... :D

Link unseres Abfragesystems :http://www.leitstelle-nord.de/media/custom/1719_109_1.PDF?1294839258

11.09.2011, 19:01
Bei uns im Saarland wird gerade eine ILS gebaut. Vorher hatten wir eine für den Rettungsdienst ("Rettung Saar") und eine für die Feuerwehr ("Florian Saarbrücken") die beide, wie die neue ILS auch, für das gesamte Saarland zuständig sind.
Es ist hier so, dass jeder Berufsfeuerwehrmann einen RA hat und auch ab und zu mal Rettung fährt.

Ich denke die wichtigsten Aspekte haben meine Vorredner schon genannt.

Einen Nachteil sehe ich allerdings noch: Je gemischter eine Leitstelle ist (also Rettung+Feuerwehr oder wie in Amerika sogar noch die Polizei) mit desto mehr Arten von Notrufen muss ein Disponent arbeiten und natürlich mit mehr "Rettungsmitteln". Außerdem benötigt der Disponent eine gewisse Zeit, den Notruf zuzuordnen.

Man sollte überlegen, wenn man schon eine ILS ins Leben ruft, das System ganz zu überarbeiten. Lasogga/Gasch fordern etwa in "Notfallpsychologie" ( 2008 ) eine verbesserte Abfragetechnik, um der genannten Problematik entgegentreten zu können.
Auch wäre ein Vergleich mit dem amerikanischen System sinnvoll. Dort sieht es wohl so aus, dass die Einsatzmeldung nicht so differenziert ist wie hier in Deutschland. Es gibt wohl den sogenannten "Hauptbeschwerdekatalog" aus dem eine von etwa 30 Einsatzmeldungen rausgesucht werden. Sobald das Rettungsmittel dann alarmiert ist, kann mit der Anweisung von Erste-Hilfe Maßnahmen begonnen werden.

Also ich denke, je "Ausgebildeter" (in Bezug auf Erste-Hilfe) ein Anrufer ist, desto schlechter ist das System der ILS.

Wenn ein Laie einen Notruf absetzt, ist es für ihn sinnvoll, so wenige wie mögliche Notrufnummer an der Hand zu haben . (Amerika: 991 für alles)
Wenn aber eine Perosn mit Grundwissen in Erste-Hilfe anruft, ist es für ihn sinnvoll, schon einmal "vorzusortieren", da dies dem Disponent Zeit spart. Hier im Saarland konnte zum Beispiel ich bislang zwischen der 110, 112 und der 19222 für den Rettungsdienst unterscheiden. Wenn ich dann die 19222 wähle, weiß der angerufene Disponent schon, dass es sich um einen medizinischen Notfall handelt.
Zuletzt geändert von Simon der Franke am 11.09.2011, 21:29, insgesamt 1-mal geändert.
"Was ist der Unterschied zwischen Kampfhund und Sani? Der Kampfhund hört auf, wenn sein Opfer tot ist…"

11.09.2011, 19:05
Original von Don Spekulatius
Auch bei einem MANV kann ich mir schwer einen Vorteil vorstellen - da werden eher Trennwände aufgestellt, damit die eine Seite nicht vom Gelaber der anderen gestört wird.

Im Nachbarkreis hat die ILS extra 3 Räume. Einer davon ist normaler Abfrageraum und die anderen beiden werden bei Großschadenslagen oder Unwetter aktiviert (aufgebaut, also die Laptops aus dem Schrank geholt, da das sonst Besprechungszimmer sind) und besetzt. Jeder Raum ist dann für einen Fachbereich zuständig.
"Wir essen jetzt Opa!"
Satzzeichen retten Leben!

11.09.2011, 20:08
In Schleswig-Holstein entstehen gerade Großleitstellen, in denen die Notrufe für Feuerwehr und Rettungsdienst aus mehreren Kreisen und STädten entgegengenommen werden.

Zwischen Feuerwehr und Rettungsdienst hat man hier schon seit vielen Jahren nicht mehr unterschieden.

In den Schleswig-Holsteinischen Leitstellen werden nur Rettungsassistenten eingesetzt, die zusätzlich auch eine feuerwehrtechnische Ausbildung (wünschenswert: Gruppenführer (FF)) absolviert haben.

Ein Musterbeispiel für eine moderne Leitstelle ist die Kooperative integrierte Leitstelle Nord in Harrislee, die für die Notrufabfrage und die Disposition von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst in den Kreisen Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und der Stadt Flensburg zuständig ist.

Solche Großleitstellen gibt es bereits (tw. jedoch ohne Polizeiintegration) auch in
Kiel (Leitstelle Mitte; Kiel, Rendsburg-Eckernförde, Plön),
Elmshorn (Leitstelle West; Steinburg, Pinneberg, Dithmarschen),
Norderstedt (Leitstelle Holstein); Segeberg, Neumünster)
und im Lauenburgischen (Leitstelle Süd; Hztm. Lauenburg, Stormarn).

Nach einigen Startschwirigkeiten klappen auch die Kreiszusammenlegungen hier problemlos, die FRLSt arbeiten kosteneffizienter als die ehem. kleinen, kreisinternen Leitstellen.

Eine Trennung von Feuerwehr und Rettungsdienst ist absolut nicht mehr zeitgemäß. Hier muss dann halt auch in Süddeutschland das Personal entsprechend geschult werden, um auch die Aufgaben aus dem anderen Bereich entgegenzunehmen. Wo ist zum Teufel das Problem ???
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

11.09.2011, 20:19
Die Polizei-Integrierten-Leitstellen sind organisatorisch afaik trotzdem grundsätzlich getrennt. D.h. sie befinden sich zwar in einem Gebäude, aber es gibt weiterhin einen Polizisten und einen FF/ RA die in ihrem jeweiligen Kabuff hocken und ihr Ding machen, ohne unmittelbar auf die Arbeit des anderen zugreifen zu können. Von Seiten der Polizei gibts da nämlich massive rechtliche Vorbehalte...

11.09.2011, 20:53
Original von peit
Von Seiten der Polizei gibts da nämlich massive rechtliche Vorbehalte...


Die Pol ist da nicht wirklich das Problem. Das Problem wird da eher im RD-Bereich gesehen.
Marc, 36 Jahre
Leiter SSD, EH-Ausb.
Ausbildungsstand: Genug um eine recht lange Liste zu produzieren.

11.09.2011, 21:54
In wiefern?

12.09.2011, 08:53
wir haben hier bei uns zwei Zentralen, einmal die ILST für den RD (Landkreis+Stadt) + FF/BF/WF (Stadt) und dann die FEZ für die FF/WF des Landkreises.
Im Grunde keine schlechte Aufteilung, gut doppelte Kosten sprechen eindeutig dagegen.
Aber die durch die Jahre bekommene sehr gut Kenntnis über den Landkreis mit den Feuerwehren, den Besonderheiten. Gerade die Kenntnis von Fahrwegen hat schon sehr oft dazu geführt, daß aus den sperlichen Infos des Melders die richtige Wehr informiert wurde und so die Schadensstelle rasch gefunden werden konnte.
Gut, wenn wir in die ILST integriert wären, könnte man sagen, das dies auch so wäre. Bestimmt irgendwann. Man muß dazu sagen, das alle Disponenten in der FEZ auch in Feuerwehren des Landkreises sind.
Durch die Neuorganisation der Autobahnpolizei hatten wir jetzt schon des öfteren das Problem, das die falsche Infos weitergegeben haben. Deren Leitstelle wurde nach Ingolstadt susammengefasst.

Wir haben hier einige Schnittpunkte von Straßen/BAB die von der Beschilderung/Richtigsweisung doppelt gibt. Und wenn dies nicht weiß und demzufolge nicht genauer weiterfrägt, kann es sein, daß zu einem VU mit Eingeklemmten eine Verzögerung von erheblicher Zeit zustande kommen kann.
Wir werden aus den schönsten Träumen gerissen,
um so manchen Alptraum zu erleben.

Tauchen - Klettern - Geocaching - Feuerwehr

12.09.2011, 20:36
Dann erklär ich mal kurz wie das bei uns so ist.
Also für unseren Bereich ist die ILS Augsburg zuständig. Also für Feuerwehr und RD. Meiner meinung nach weist das System nur einen Fehler auf und zwar: der Disponent der alle Einsätze koordiniert kennt sich natürlich nicht besonders gut aus, da es doch eine relativ große Distanz zwischen unserem Landkreis und der ILS ist. Deshalb werden oftmals
1. Falsche oder Ungenaue Ortsangaben gegeben und
2. Oft werden Feuerwehren die mehrere Kilometer unnötiger Weise angefordert und meistens auf der Hälfte des Weges abbestellt werden. Das sollte man meiner Meinung nach noch beheben, daoch annsonnsten funktioniert das eigentlich sehr gut.
Ich weiss ja nicht ób das in anderen Bereichen besser läuft. Ich muss aber auch dazu sagen, dass es teilweise Leute gibt die an einem Unfall vorbei fahren und einen Kilometer später erst anrufen und dann nicht wissen wo sie sich befinden, geschweige denn wissen wo der Unfall war. das muss man natürlich auch bedenken.

Gruß SAN A/B

Nächste

Foren-Übersicht Erste Hilfe, Rettung und Medizin Hilfsorganisationen

Zurück zu Hilfsorganisationen