Der neue KatS-KTW (2-Tragen)

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06.04.2010, 10:19
Ich höre in der letzten Zeit immer wieder Lobeshymnen auf den neuen Katastrophenschutz-2-Tragen KTW: "Endlich eine Fahrtrage", "Patient von drei Seiten begehbar" etc.

Es mag ja sein, dass dieses Fahrzeug ein Glücksgriff für die Hilfsorganisationen ist, um damit Sanitätsdienste durchzuführen oder es zum RTW hochzurüsten.

Aber mal ganz ehrlich:
Für den Katastrophenschutz ist das Ding doch echter Mist!

Im Katastrohen- oder MANV-fall müssen ggf. viele Patienten relativ gleichzeitig versorgt und transportiert werden.

In den älteren 4-Trage-Wagen war es durchaus möglich, notfalls 6 leichtverletzte Patienten mit zwei Helfern zu transportieren (4 liegend, 2 sitzend).

Was ist nun mit dem neuen Fahrzeug?

Es wird immer schwieriger, überhaupt noch ehrenamtliche HelferInnen für den Katastrophenschutz zu finden. D.h., die Helferzahlen werden wohl im Zukunft eher sinken als steigen.

Nun reduziert man bei immer weniger Helfern gleichzeitig die Transportkapazität der Fahrzeuge. Es fehlen ja definitiv mind. zwei Transportplätze.

Nun frage ich: Ist das für einen MANV besser oder schlechter, gerade um ein paar leichter verletzte Personen in ein "200 km entferntes" Krankenhaus zu bringen???

Die Fahrzeuge sind natürlich für Sanitätsdienste echt toll, aber sind sie das auch für den Katastrophenschutz?

Wie ist eure Meinung?
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

06.04.2010, 11:11
Von der Fahrzeugtechnik sicher ein schönes Fahrzeug! Also die Motorisierung und die Vorrüstungen können sich ja schließlich sehen lassen!

Ich stehe der Problematik etwas differenzierter gegenüber:
Zum einen ist es klar, dass die Fahrzeuge für Großschadenslagen beschafft wurden und eig. auch dafür vorgesehen sind. Daher wird auch klar sein, dass die neueren Konzepte darauf bauen, dass man eben nicht 6 Patienten in einem Fahrzeug transportiert, sondern max. 4 (im Normalfall allerdings wohl eher 2 oder 3). Brauch man denn viel mehr? Bisher habe ich es einmal erlebt, dass der 4TW (also der "alte" Bundes-KTW) mit drei Patienten bestückt war. Und das finde ich schon kritisch, weil die Betreuung der Patienten im 4TW nicht unbedingt optimal möglich ist.

Andererseits ist die Technik in dem Fahrzeug nicht grade optimal gewählt. Wenn man für das Ausklappen der 2. Tragehalterung Stunden braucht, ist das sicher nicht optimal, sondern stark verbesserungswürdig.
Gleichzeitig sehe ich die Gefahr, dass fast alle Fahrzeuge zu RTWs umgerüstet werden und dann keine KTWs mehr zur Verfügung stehen. Sicher auch nicht im Sinne des Erfinders.

Aber was soll's, sind wir ja gewohnt in Deutschland ;) .

06.04.2010, 11:23
Natürlich ist die Möglichkeit einer Versorgung während der Fahrt im 4-Tragen-KTW beschränkt.

Ich sehe darin allerdings kein Problem. Es gibt einen Unterschied zwischen individualmedizinischer Versorgung (wie im Rettungs- und Sanitätsdienst üblich) und Kriegs- bzw. Katastrophenmedizin.

Mehrtragenfahrzeuge sind eher letzterem zuzuordnen.

Daher ist ein guter Zugang zu den Patienten nicht unbedingt erforderlich. Die Triage und Versorgung erfolgte ja schon im Vorfeld, jetzt geht es nur noch um den reinen Transport...
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

06.04.2010, 11:34
auf dem transport kann aber trotzdem was passieren (zustand verschlechtert sich)
dann musst du den patient behandeln aber gleichzeeitig noch die anderen irgendwie betreuen.
When I get older I will be stronger
06.04.2010, 11:48
Original von Hajo Behrendt
Für den Katastrophenschutz ist das Ding doch echter Mist!


Kaum eines der in den letzten Jahren konzepierten Fahrzeuge taugen meines Erachtens wirklich für den KatS. Noch weniger taugen sie für ihren eigentlich Zweck als Element im ZS.

Unabhängig von der Beladung der Fahrzeuge fehlen schon ganz allgemein wichtige Features:

- Geländefähigkeit
- Ladevolumen für Helferhandgepäck
- Fahrgastkonzeption für längere Verlegungen


Schuld daran sind neben den eher auf den friedensmäßigen KatS gemünzten Anforderungen der Länder, die Wünsche der Feuerwehren und der HiOrg. Diese werden komischerweise auch berücksichtigt. Dumm nur, daß deren Blick vielmehr auf das Tagesgeschäft oder andere OrgEigene Tätigkeiten gerichtet ist.

Ausnahme der letzten Jahre ist der Dekon-P. Liegt aber daran, daß weder die HiOrg noch die Feuerwehren wirkliches Interesse an diesem Fahrzeug hatten. Somit konnte dort etwas realisiert werden, was KatS/ZS-Ansprüchen eher gerecht werden kann.
Marc, 36 Jahre
Leiter SSD, EH-Ausb.
Ausbildungsstand: Genug um eine recht lange Liste zu produzieren.

06.04.2010, 11:55
@ Sanii

Sehe ich teilweise anders. Der Patient kann nur versorgt werden, wenn sichergestellt ist, das die Versorgungsqualität und die Überlebenswahrscheinlichkeit der anderen "Fahrgäste" nicht darunter leidet. Wenn du als einzelner Helfer bis zu fünf Patienten zu betreuen hast, ist das situationsbedingt vielleicht etwas schwierig.

Heißt auf gut Deutsch: Wenn sich der Zustand während der Fahrt verschlechtert, ist es nicht immer gewährleistet, dass geholfen werden kann. Eventuell hat der Pat. auch Pech, so hart das klingt...

Man muss dazu allerdings sagen, dass 4-Tragen-Wagen i.d.R. nicht für Personen verwendet werden, die in die Sichtungskategorie "rot" (Transportpriorität) fallen.

In der Katastrophenmedizin geht es darum, das Überleben einer möglichst großen Anzahl von Patienten zu sichern. Wir müssen uns davon verabschieden, in diesem Fall jeden maximal versorgen zu wollen.

Das heißt auch, das einige, die unter individualmedizinischen Bedingungen mit Sicherheit noch hätten versorgt werden können, im K-Fall einer "abwartenden Behandlung" zugeführt werden müssen (Kategorie Blau).
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 06.04.2010, 11:56, insgesamt 1-mal geändert.
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06.04.2010, 11:55
Original von sanii112
auf dem transport kann aber trotzdem was passieren (zustand verschlechtert sich)
dann musst du den patient behandeln aber gleichzeeitig noch die anderen irgendwie betreuen.



Wir müssen Unterscheiden zwischen Tagesgeschäft, friedensmäßigem KatS oder KatS im ZS.

Im Tagesgeschäft geht es um Individualmedizin. Auch im firedensmäßigem KatS versucht man in den letzten Jahren dahin zu tendieren (mE teilw. Schwachsinn). Für den Fall für den die Fahrzeuge konzepiert sind, geht es primär um Massenabfertigungen.

Für den letztgenannten Fall würden auch KTW >8 sinnvoll sein. Wer dort beim Transport nicht durchkommt weil er weitergehende Hilfe braucht, ist halt statistischer Verlierer.

Diesen Überlegung möchte man beim friedensmäßigen KatS eher von sich schieben, hat aber dennoch das Problem u.U. mit vielen Pat. beaufschlagt zu werden. Der Zweitragenwagen ist da eigentlich als Kompromiß zu sehen und wird vermutlich in vielen Ländern eher als 1-Pat.-Fahrzeug betrachtet werden.
Marc, 36 Jahre
Leiter SSD, EH-Ausb.
Ausbildungsstand: Genug um eine recht lange Liste zu produzieren.

06.04.2010, 12:07
Was die eingeschränkte Transportkapazität angeht, sehe ich da nicht so das große Problem...

Patienten der Kategorie Rot werden eh mit Fahrzeugen des Rettungsdienstes transportiert werden müssen, Kat. Gelb-Patienten können auch auf den PTZ10 aus dem Nachbarkreis warten und solange im BHP versorgt werden.
Leichtverletzte (Kat. Grün) können größtenteils mit MTW und Bussen transportiert oder dem Betreuungsdienst übergeben werden.

@Tone Bone:
Gleichzeitig sehe ich die Gefahr, dass fast alle Fahrzeuge zu RTWs umgerüstet werden und dann keine KTWs mehr zur Verfügung stehen. Sicher auch nicht im Sinne des Erfinders.


Wo ist das Problem? Die Transportkapazität bleibt doch erhalten, lediglich die med. Ausstattung der Fahrzeuge wird verbessert...

06.04.2010, 12:19
Bleibt sie halt nicht, wenn schon einige erwägen, den zweiten (klappbaren) Tragetisch aus "Platzgründen" auszubauen, damit der Patient auch sicher auch von drei Seiten zugänglich ist!

ZITAT VON BUSCHI:
"Und wenn die zweite Trage rauskommt (und das wird sie wohl) ist der Patient sogar von drei Seiten erreichbar und somit das Fzg. mit entsprechender Beladung sogar tatsächlich als RTW geeignet!"


Leute, das Fahrzeug ist kein RTW, sondern für den Zivilschutz bestimmt!

Umbauten jeglicher Art sind definitiv nicht "im Sinne des Erfinders"!

Es spricht ja nichts dagegen, die Ausrüstung des Fahrzeuges zu ergänzen, aber es sollte immer noch ohne Rückbauten für den eigentlichen Zweck nutzbar sein...
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 06.04.2010, 12:24, insgesamt 1-mal geändert.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

06.04.2010, 12:37
Das hast du missverstanden. Ich habe nur von der Trage gesprochen, nicht vom 2. Tragentisch... Der nimmt nämlich nicht sooo viel Platz weg, nicht mehr als die Vakuummatratze, die da eh drüber hängt...

Somit ist ein Rückbau (sprich: Trage wieder einladen) jederzeit absolut problemlos möglich!

Ich weiß nicht, ob du das Fahrzeug schonmal live gesehen hast. Der 1. Tragentisch ist seitlich verschiebbar, und wenn der mittig eingestellt wird, ist von beiden Seiten ausreichend Platz vorhanden.

06.04.2010, 12:38
Wobei zu bedenken ist, das sämtliche KatS-Einheiten eine Vorlaufzeit von 2h haben. Sprich, mir bleibt nach Alarm ausreichend Zeit, solche Rückbauten vorzunehmen, während andere Helfer die Frischwasser bunkern u.ä.

Das diese 2h nicht ganz im Sinne des Erfinders sind bei Großschadenslagen und MANVs ist mir auch klar. Dort wird es aber zumeist wirklich, wie hier schon angeklungen ist, wieder auf eine Form der Individualmedizin hinaus laufen, welche auf RTWs fusst.
Welcher LNA hat in jüngerer Vergangenheit schon effektiv gesagt "Ja, wir sichten Blau!" ?? Gab es weder in Brühl, noch in Eschede, noch in London, noch in Madrid, .... auch in Vorbereitung des G8-Gipfels, der uns hier in MV 2007 unmittelbar betraf, hatten die zuständigen LNAs den Entschluss gefasst, nur im äußersten Notfall diese Sichtungskategorie aufzumachen (was gleichzeitig ein Versagen der ganzen Vorplanungen der beteiligten Organisationen bedeutet hätte, egal ob Fw, RD/KatS oder POL).

Übrigens haben wir 1h 45 Minuten ausgereizt bei unserer SanZug- und Betreuungszug-Alarmierung zum Elbe-Hochwasser in Dresden. Und das, obwohl wir durchaus zügig waren. Aber so ein mehrtägiger Einsatz dauert halt auch nach Alarm seine Vorbereitungszeit. Da kam übrigens das Problem zum Tragen, was madhef schon ansprach: Stauraum für das Gepäck der Helfer - denkt keiner dran bei der Fahrzeugkonzeption. Das aber nur am Rande.
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
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06.04.2010, 12:41
Nur mal so als Tipp: Das Gepäck der Helfer kann man in 1-2 seperaten, organisationseigenen MTW transportieren, die dann eben zusätzlich zur EE fahren und später je nach Bedarf entweder mit in den Einsatz gehen oder irgendwo abgestellt werden, wo sie nicht im Weg sind.

06.04.2010, 12:44
Original von GeKue
Welcher LNA hat in jüngerer Vergangenheit schon effektiv gesagt "Ja, wir sichten Blau!" ?? Gab es weder in Brühl, noch in Eschede, noch in London, noch in Madrid, .... auch in Vorbereitung des G8-Gipfels, der uns hier in MV 2007 unmittelbar betraf, hatten die zuständigen LNAs den Entschluss gefasst, nur im äußersten Notfall diese Sichtungskategorie aufzumachen


Es gibt Bundesländer in D, da muß diese Sichtungskategorie von politischer Seite erst freigegeben werden. Ist mE aber auch realitätsfern.

In Madrid ist wohl zunächst entsprechend gesichtet worden, dann jedoch nach Aufwachsen des Angebots umetikettiert worden.
Marc, 36 Jahre
Leiter SSD, EH-Ausb.
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06.04.2010, 12:46
Und wer verfügt über organisationseigene MTW? Das kannst du nicht von jeder Einheit fordern...

Wir zum Beispiel (noch) nicht.

Als SanGr (T) haben wir einen 4-Tragen-Sprinter (wovon durch einen Ausbauerfehler nur noch eine Trage eingeschoben werden kann) und einen alten Sprinter-RTW.

Super! Das bringts!


BTW: Gab es in Eschede schon die Sichtungskategorie "Blau"? Wir haben die neuen Anhängekarten erst seit ca. vier Jahren...
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 06.04.2010, 12:49, insgesamt 1-mal geändert.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

06.04.2010, 12:47
Original von Buschi
Nur mal so als Tipp: Das Gepäck der Helfer kann man in 1-2 seperaten, organisationseigenen MTW transportieren, die dann eben zusätzlich zur EE fahren und später je nach Bedarf entweder mit in den Einsatz gehen oder irgendwo abgestellt werden, wo sie nicht im Weg sind.



Absolut realitätsferne Überlegung.

1. Fahrzeuge, die nicht in den Einheiten verplant sind, dann im Einsatzfall hinzuzuziehen und mit von vornherein absehbaren Transportaufgaben zu betrauen ist ein klarer Beweis für einen Planungsfehler.

2. Ich hab in 2002 gesehen wie viele Fahrzeuge bei den Verlegungen ausgefallen sind. Dumm, wenn der Helfer dann ohne sein Gepäck dasteht.
Marc, 36 Jahre
Leiter SSD, EH-Ausb.
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