Neurologischer Notfall bei Kind

Hier könnt ihr erlebte Einsätze schildern und sie können von uns gemeinsam besprochen werden.

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04.04.2015, 14:01
M1k3 hat geschrieben:Über 5 Jahre alt, der Thread! :D

Es liest sich nicht so, als hätte jemand in der Versorgungsphase wo das RTW Team mitgemacht hat, ernsthaft um eine Therapie bemüht.

Eine Diazepam Rektiol (10mg? ) ist da wohl kaum adäquat.
Möglich, dass man es nicht durchbrochen kriegt, der Anspruch sollte aber da sein. Wie du sicherlich weist, aber zum Benefit der Mitlesenden, ist es ja auch so, dass so ein Krampfanfall "hartnäckiger" werden kann, je länger er andauert. Das früher Durchbrechen eines Status Epileticus ist also klar indiziert, und nötig. Es gibt auch in der Präklinik mehr Möglichkeiten als ein Benzo rektal.

Dass das Team in ein ungeeignetes Haus fährt, finde ich auch mehr als schade.



Ich stimme dir in allen Punkten zu!
Die Neurologie so ein komplexes Themengebiet, dass sich sowol bei Nicht-ärzlichem (RTW-Besatzung) als auch bei ärzlichem (Notarzt, der ja auch i.d.Regel kein Neurologe ist) einige Lücken in der Diagnostik zeigen.

Bei einem status epilepticus sollte man umbedingt zwischen einem convulsiven und einem non-convulsiven status unterscheiden.

Das Anfahren einer geeignten Klinik ist bei diesem neurologisch-pädiatrischen Fall eine schwierige Angelegenheit.
Auch wenn im Nauchhinein eine klare Entscheidung für die neurologische Therapie zu erkennen ist, stand der damals diensthabende Notfallmediziner vor der Entscheidung: Ist die Pädiatrie der besondere Punkt in der Therapie und Diagnostik oder die Neurologie.

Es ist natürlich, wie du sagst schade (für den Patienten), aber kein großer (Entscheidungs)-Fehler des Teams.
04.04.2015, 14:09
Nachtigall, ....:)
07.04.2015, 21:37
Babinski hat geschrieben:Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Notarzt den Krampfanfall nicht unterbrechen konnte.

Er hat es aber noch nicht einmal suffizient probiert.

http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitli ... 4ngert.pdf :

Präklinische Therapie:
"Lorazepam i.v. ist die aktuell empfohlene, evidenzbasierte Initialtherapie durch Rettungsassistenten (2–4 mg)
(Alldredge et al. 2001, Prasad et al. 2005) oder Notärzte (0,05 mg/kg, ggf. nach 5 Minuten einmal wiederholen)."

...

"Alternativ kommen bei Nicht-Verfügbarkeit auch
Diazepam 0,15 mg/kg i.v. (5 mg/min, ggf. nach 5 Minuten wiederholen, max. ca. 30 mg) oder
Clonazepam 0,015 mg/kg i.v. (0,5 mg/min, ggf. nach 5 Minuten wiederholen, max. ca. 3 mg)"

...

"Spätestens, wenn nach adäquat dosiertem Benzodiazepin und der Gabe einer der hier genannten Substanzen der
SGTKA nicht durchbrochen ist, muss in der Regel eine Weiterbehandlung auf der Intensivtherapiestation erfolgen."


Was

Eine Intubation sollte in einem solchen Fall wohl bedacht sein, da eine Stroke Unit nicht immer eine optimale Versorgung für intubiert und beatmete Patienten gewährleistet kann (meist kein cMRT durchführbar, teilweise keine Beatmungsbetten)


ad absurdum führt, denn der Patient muss dann auf eine Intensivstation. Der Aufwand, ein cMRT zu machen, ist größer - das ist richtig. Aber lesen wir weiter....

"Folgende Therapieschemata werden nach Versagen der beiden initialen Antikonvulsiva innerhalb von 1–2 Stunden
empfohlen (Kurthen u. Schneider 2011):
Thiopental 5 mg/kg als Bolus, Erhaltungsdosis EEG-gesteuert (Ziel: Burst-Suppression-Muster, ca. 3–7 mg/kg/h)
für 24 Stunden (Parviainen et al. 2002). Wegen der negativen Inotropie von Thiopental ist häufig die zeitgleiche
Gabe positiv inotroper Substanzen (z. B. Arterenol-Perfusor) erforderlich.
oder
Midazolam 0,2 mg/kg i.v. als Bolus, Erhaltungsdosis EEG-gesteuert (Ziel: Anfallskontrolle, ca. 0,1–0,5 mg/kg/h) für
24 Stunden (Ulvi et al. 2002).
oder
Propofol 2 mg/kg i.v. als Bolus, Erhaltungsdosis EEG-gesteuert (Burst-Suppression-Muster, ca. 4–10 mg/kg/h) für"


Diese Dosen machen eine Intubation sehr wahrscheinlich ohnehin erforderlich. Dazu kommen ja noch die schon vorher applizierten Benzos.

"Bei 20–50 % der Patienten mit RSE kann selbst der Einsatz von Anästhetika den Status epilepticus nicht dauerhaft
beenden (Claassen et al. 2002, Holtkamp et al. 2005). Weil auch beim prolongierten RSE eine relevante Anzahl von
Patienten in einem zufriedenstellenden klinisch-neurologischen Zustand überlebt (Cooper et al. 2009, Drislane et al.
2009), sollten diese Patienten zunächst konsequent antiepileptisch und intensivmedizinisch weiterbehandelt werden."

Die Tatsache, dass die Therapie also lange dauern kann, heisst also nicht im Umkehrschluss, dass man sie nicht konsequent und aggressiv beginnen muss.

Der Vorschlag, eine CT-Angio durchführen zu lassen zeigt, dass du weißt wovon du redest, allerdings wird i.d. Regel aus vielen Gründen, unteranderem der um einiges besseren Sichtbarkeit von Ischämien, ein cMRT mit KM durchgeführt.


"Einige Studien sprechen dafür, dass MRT-Aufnahmen zusätzliche Informationen zur Risko/Nutzen-Abschätzung
einer Thrombolyse liefern. Die Wertigkeit der MRT Mismatch basierten Patientenauswahl ist noch offen und
Gegenstand weiterer Untersuchungen."


Quelle: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitli ... laufen.pdf

Es kann also überhaupt keine Rede davon sein, dass zur Ischämiediagnostik "i.d. Regel aus vielen Gründen" ein cMRT durchgeführt wird. Es wird lediglich diskutiert, ob dies eventuell einen Vorteil bringen könnte. Bei max. 10 Minuten für CT, CT-Angio und Perfusions-CT vs. mindestens 40 Minuten für die entsprechenden cMRT-Sequenzen, ist doch schwer zu bezweifeln, ob das lange Abwarten mit dem damit verbundenen weiteren Absterben von Hirnsubstanz noch etwas bringt. State-Of-The-Art ist ja ohnehin die angiographische Rekanalisierung.

Bevor die ganze Bildgebung veranlasst wird, sollte allerdings eine neurologische Untersuchung aller 12 Hirnnerven durchgeführt werden. (Diese hier zu erklären sprengt den Rahmen, es handelt sich aber um keine invasive Maßnahme die ohne besonderes Gerät (also in jeder Klinik, auch vom NA) durchgeführt werden kann).

Wie Du das aber beim postiktalen, stark bewußtseinsgetrübten Patienten machen willst, kannst Du ja gerne mal erklären. ;)

Zusammen mit einer adäquaten Bildgebung (cMRT, erst dann CT-Angio) kann eine vernünftige Diagnose gestellt werden.

Wofür brauchst Du eine CT-Angio, wenn Du schon ein MRT hast? Dann kannst Du die Gefäße auch im MRT darstellen.

Viele Grüße,
Don

P.S.:
Bild
08.04.2015, 10:27
Nur zum Verständnis:
SGTKA = Status generalisierter tonisch-klonischer ​Anfälle
09.04.2015, 12:26
Ob man beim Apoplex lieber ein MRT oder ein CT fährt hängt wohl vor allem von den örtlichen Gegebenheiten ab. Zumindest bei Patienten die sich außerhalb des Lysefensters befinden gibt es eigentlich (ein modernes MRT mit sofortiger Verfügbarkeit vorausgesetzt) keinen Grund ein CT durchzuführen - die Zeitverzögerung bewegt sich dann im Bereich von wenigen Minuten.

"Bei einem status epilepticus sollte man umbedingt zwischen einem convulsiven und einem non-convulsiven status unterscheiden."
Und dann? Präklinisch ist das Erkennen eines non-convulsiven Status wohl das schwierige - das Auseinanderhalten hingegen dürfte hingegen einfacher sein.

Was du im Krampfanfall noch für Diagnostik machen willst, erschließt sich mir nicht so wirklich. Wobei ein Taschen-EEG sicher seinen Reiz hätte^^

Und bevor der Notarzt noch weiter gescholten wird: Möglicherweise bestand bei dem Patienten ja auch ein Intubationshindernis, so dass er deshalb auf eine präklinische Narkoseeinleitung verzichtet hat - unter der Risikoabwägung: 10 Minuten länger krampfen und dafür dann Intubation unter optimalen Vorraussetzungen gegenüber einer möglicherweise frustranen präklinischen Narkose bei einem weitgehend stabilen Patienten...

Edit: Wobei man dann natürlich auch in der ersten Klinik hätte intubieren können. Frage mich auch gerade wieviel man wohl auf den CT-Bildern des krampfenden Patienten erkennen konnte...
09.04.2015, 13:27
peit hat geschrieben:Ob man beim Apoplex lieber ein MRT oder ein CT fährt hängt wohl vor allem von den örtlichen Gegebenheiten ab. Zumindest bei Patienten die sich außerhalb des Lysefensters befinden gibt es eigentlich (ein modernes MRT mit sofortiger Verfügbarkeit vorausgesetzt) keinen Grund ein CT durchzuführen - die Zeitverzögerung bewegt sich dann im Bereich von wenigen Minuten.


Die wenigsten Patienten haben ja ein Schild umhängen, auf dem die Diagnose "Apoplex" steht. Das CT ist auch außerhalb des Lysefensters notwendig, um eine eventuell sofort behandlungsbedürftige Blutung auszuschließen. Und der Zeitaufwand gegenüber dem CT ist beim MRT immer noch immens. (Habe ein Jahr hauptamtlich Narkosen im MRT gemacht ;) )
Dabei geht es nicht darum, dass die Sequenzen (je nach Fragestellung) nicht schnell sind. Die reine Untersuchungszeit beim MRT wird man vielleicht auf 20 Minuten reduzieren können - wenn man Abstriche bei der Schichtdicke macht. Aber Du darfst die Logistik nicht vergessen. Der Patient muss komplett frei von ferromagnetischem Metall sein (oder man muss zumindest wissen, was man wie sichern kann/muss). Das ganze Monitoring muss gewechselt werden, manches geht gar nicht. Außerdem muss der Patient während der Untersuchung komplett still liegen. Die meisten Apoplex-Patienten sind aber nicht compliant, sondern eher unruhig.
Schließlich muss man sich noch fragen, welche unmittelbare Konsequenz sich denn aus der Untersuchung ergibt. Spätestens hier wird man sich für das CT entscheiden.
09.04.2015, 14:22
peit hat geschrieben:Und bevor der Notarzt noch weiter gescholten wird: Möglicherweise bestand bei dem Patienten ja auch ein Intubationshindernis, so dass er deshalb auf eine präklinische Narkoseeinleitung verzichtet hat - unter der Risikoabwägung: 10 Minuten länger krampfen und dafür dann Intubation unter optimalen Vorraussetzungen gegenüber einer möglicherweise frustranen präklinischen Narkose bei einem weitgehend stabilen Patienten...


Ich weis, ich mag extrem sein mit dieser Ansicht, ABER:

Wenn wir uns schon brüsten damit, dass wir einen Arzt-besetzten Rettungsdienst haben in Deutschland, dann muss der Arzt einen Benefit darstellen. Das bedeutet, er muss die RSI beherrschen. Klar, es kann immer was schief gehen, aber grundsätzlich erwarte ich vom Notarzt das er intubieren kann, und das auch tut wenn es erforderlich ist.

Ein Notarzt der 5 oder 10mg Midazolam spritzt, der bringt mir nix. Das kann ich auch, das können die Paramedics auch. :diablo:
09.04.2015, 19:37
"Wenn wir uns schon brüsten damit, dass wir einen Arzt-besetzten Rettungsdienst haben in Deutschland, dann muss der Arzt einen Benefit darstellen. Das bedeutet, er muss die RSI beherrschen. Klar, es kann immer was schief gehen, aber grundsätzlich erwarte ich vom Notarzt das er intubieren kann, und das auch tut wenn es erforderlich ist."

Es ging mir nicht um eine RSI sondern um einen schwierigen Atemweg und es gibt einfach Patienten die sich nicht - egal von wem - intubieren lassen. Und bei einem halbwegs stabilen Patienten sollte man da schon abwägen.
Ob es nun tatsächlich der - bei einem sonst gesunden Kind wohl eher unwahrscheinliche - schwierige Atemweg war oder der Notarzt einfach nur Angst hatte ein Kind zu intubieren lasse ich mal dahingestellt. Es lässt sich von uns heute sowieso nicht beurteilen.

"Die wenigsten Patienten haben ja ein Schild umhängen, auf dem die Diagnose "Apoplex" steht. Das CT ist auch außerhalb des Lysefensters notwendig, um eine eventuell sofort behandlungsbedürftige Blutung auszuschließen. Und der Zeitaufwand gegenüber dem CT ist beim MRT immer noch immens. (Habe ein Jahr hauptamtlich Narkosen im MRT gemacht )
Dabei geht es nicht darum, dass die Sequenzen (je nach Fragestellung) nicht schnell sind. Die reine Untersuchungszeit beim MRT wird man vielleicht auf 20 Minuten reduzieren können - wenn man Abstriche bei der Schichtdicke macht. Aber Du darfst die Logistik nicht vergessen. Der Patient muss komplett frei von ferromagnetischem Metall sein (oder man muss zumindest wissen, was man wie sichern kann/muss). Das ganze Monitoring muss gewechselt werden, manches geht gar nicht. Außerdem muss der Patient während der Untersuchung komplett still liegen. Die meisten Apoplex-Patienten sind aber nicht compliant, sondern eher unruhig.
Schließlich muss man sich noch fragen, welche unmittelbare Konsequenz sich denn aus der Untersuchung ergibt. Spätestens hier wird man sich für das CT entscheiden."

Wie oben schon geschrieben: Es hängt von der örtlichen Logistik und dem entsprechenden MRT ab - mit einem uralt Gerät das vor Untersuchungsbeginn erst hochgefahren werden muss, einer RTA die sich nochmal im Handbuch schlau liest und einem Radiologen der drei Schlaganfall-MRTs in der Woche beurteilt lässt sich natürlich kein Blumentopf gewinnen. Und die meisten Schlaganfallpatienten kommen ja eben nicht intubiert und beatmet in die Klinik. Und selbst wenn: Wenn ich ein MRT machen will, baue ich eben gleich ein passendes Gerät an - ich werde ja kaum mit dem Rettungsdienstequipment direkt ins CT fahren, Umbauen muss ich also sowieso...
Ganz interessant ist diese Darstellung von 2002 (!) hier: http://www.aerzteblatt.de/archiv/31629/ ... rspektiven
Meine persönliche Erfahrung ist, dass die Zeitangabe von 15-20 Minuten eher noch am oberen Ende bewegt. Ein Blutungsausschluss ist mit modernen Gerät heutzutage durchaus möglich.
Die Möglichkeit der Einschätzung der Penumbra abhängig von Perfusionsdefiziten ist seit 2002 auch deutlich besser geworden, so dass dadurch auch in der Routine in manchen Häuser die Indikation zur Intervention gestellt wird.

Alles sicherlich noch kein Standardverfahren für jede Neurologie noch zwangsweise leitliniengerecht, aber sicherlich trotzdem der modernere Ansatz.
09.04.2015, 21:28
peit hat geschrieben:Es ging mir nicht um eine RSI sondern um einen schwierigen Atemweg und es gibt einfach Patienten die sich nicht - egal von wem - intubieren lassen. Und bei einem halbwegs stabilen Patienten sollte man da schon abwägen.
Ob es nun tatsächlich der - bei einem sonst gesunden Kind wohl eher unwahrscheinliche - schwierige Atemweg war oder der Notarzt einfach nur Angst hatte ein Kind zu intubieren lasse ich mal dahingestellt. Es lässt sich von uns heute sowieso nicht beurteilen.

Es macht einen Unterschied, ob man bei begründetem Verdacht auf einen schwierigen Atemweg zurückhaltend ist, oder ob man eine Notwendige Therapie unterlässt, weil sich hieraus als Konsequenz eine Intubationspflichtigkeit ergibt.

Wie oben schon geschrieben: Es hängt von der örtlichen Logistik und dem entsprechenden MRT ab - mit einem uralt Gerät das vor Untersuchungsbeginn erst hochgefahren werden muss, einer RTA die sich nochmal im Handbuch schlau liest und einem Radiologen der drei Schlaganfall-MRTs in der Woche beurteilt lässt sich natürlich kein Blumentopf gewinnen.

Ähhmmm..... wir haben 5 MRT-Geräte, davon 2 mit 3 Tesla. Und selbstverständlich laufen alle die Nacht über, weil ein kompletter Neustart (auch nur der PCs) wirklich relativ lange dauert.

Und die meisten Schlaganfallpatienten kommen ja eben nicht intubiert und beatmet in die Klinik.

Aber die meisten liegen eben auch nicht 30 Minuten lang ruhig herum.

Und selbst wenn: Wenn ich ein MRT machen will, baue ich eben gleich ein passendes Gerät an - ich werde ja kaum mit dem Rettungsdienstequipment direkt ins CT fahren, Umbauen muss ich also sowieso...

Schon mal gemacht? Du musst den Patienten komplett ausziehen, weil Du sonst ohne seine Mitarbeit nicht herausbekommst, ob er irgendwo Metallknöpfe an sich hat. Dann musst Du alles wechseln und ihn zweimal umlagern - eventuell mit allen Kabeln. Das ist nicht trivial.

Ganz interessant ist diese Darstellung von 2002 (!) hier: http://www.aerzteblatt.de/archiv/31629/ ... rspektiven


Genau. Das steht drin:

"Innerhalb der ersten sechs bis zwölf Stunden ist zur Differenzierung zwischen akuter zerebraler Ischämie und ICB oder SAB die CT der diagnostische Standard und die Modalität der Wahl"

und

"Die Spiral-CT erlaubt bei gleichzeitiger Applikation eines intravenösen Kontrastmittelbolus die Berechnung von CT-Angiogrammen. Mit diesen Bildern können Gefäßverschlüsse auf der Ebene des Circulus Willisii relativ verlässlich dargestellt werden (57). Werden zur Interpretation nicht nur die 3-D-Rekonstruktionen der kontrastierten Gefäße, sondern auch die Einzelschichtbilder herangezogen, kann man mit dieser Technik auch qualitative Informationen zum Ausmaß der Perfusionsminderung und zur Qualität der Kollateralkreisläufe gewinnen (27).
Bei der Perfusions-CT werden Spiraltechnik und Kontrastmittelbolusgabe benutzt, um Perfusionsbilder vom Hirngewebe zu erstellen (28). Minderperfundierte Areale können damit verlässlich erfasst werden, und die Methodik erlaubt auch eine relativ genaue Berechnung des aktuellen CBF. Aufgrund der Begrenzung des Verfahrens auf ein Schichtpaket von maximal 2 cm Breite pro Kontrastmittelapplikation, ist eine Perfusionsuntersuchung des gesamten Gehirnes noch nicht möglich.
Durch Kombination verschiedener CT-Techniken sind somit der Blutungsausschluss und die Erfassung des Gefäßstatus mit begrenzten Schlussfolgerungen über den aktuellen Perfusionstatus möglich."



Meine persönliche Erfahrung ist, dass die Zeitangabe von 15-20 Minuten eher noch am oberen Ende bewegt. Ein Blutungsausschluss ist mit modernen Gerät heutzutage durchaus möglich.

Ja, aber erst, wenn der Patient schon mal drin liegt. Wenn er dann auch noch sediert werden muss, weil er zu unruhig ist, dann dauert es noch länger.
10.04.2015, 12:03
@Don
Ich muss mich korrigieren: Der Notarzt hätte den status durchbrechen können. Die Praxis zeigt aber, dass die meisten Notärzte dies nicht schaffen.
Es stimmt, dass der Notarzt es nicht LL gerecht probiert hat.
Das Ergebnis ist aber das Gleiche, denn selbst die Klinik hat den Status nicht schnell durchbrechen können.
Auf deine (pharmakologische) Therapie wäre wohl jeder Anästesist stolz, aber ich wundere mich, ob diese für einen Notarzt duchführbar ist?
Ich arbeite selber nicht in der Notfallmedizin, aber in der Klinik wurde mir noch nie ein Patient mit EEG übergeben. Wenn sowas auf euren Fahrzeugen verladen ist, dann klingt deine EEG-gesteuerte Gabe von Medikamenten sinnvoll. Das ist alles nicht mehr Präklinik und damit für die Diskussion über das Handeln des Notarztes unrelevant!

Einige Studien sprechen für ein cMRT... Gegenstand weiterer Untersuchungen...
Mittlerweile (nach 2002 wie bei deinen Quellenangaben) weiß man in einer Klinik der neurologischen Maximalversorgung. Aktuell werden dazu die LL verändert. Ein CT ist bei neurologischen Problemen IMMER die zweite Wahl. Nur bei Patienten, welche aufgrund ferromagnetischen Dingen im Körper nicht dürfen oder adipösen Patienten die nicht reinpassen.
Wenn ihr bei euch 5 (!) cMRT's habt und du sogar 1 Jahr dort gearbeitet hast, müsstest du eigentlich wissen, dass man schon nach 2 Schichten (ca.5-7 Min) mit einer Therapie (im cMRT) beginnen kann.
40 Minuten bis die Behandlung anfangen kann? Niemals!
Die Logistik dauert bei einem eingespielten Team nur ein Bruchteil der Behandlungszeit.

Es wird also nicht lediglich diskutiert! Die Diskussion ist für neurologische Notfälle längst abgeschlossen!!! Das Mittel erster Wahl ist das cMRT !

Natürlich kann man eine neurologische Basisuntersuchung nicht im vollen Umfang (wie bei einem vigilanten Patienten) durchführen, aber sogar der Notarzt aus diesem Szenario (und der kommt ja hier nicht so gut weg) hat damit angefangen. Das Betrachten der Pupillen unter Licheinfall...

Man kann auch noch eine Schädigung des N.facialis ausschließen, des N. oculmotorius... Bestimmte Reflexe (ich liste die jetzt nicht alle auf, du kennst die ganzen (Phyramidenbahn)-Reflexe ja...)
Klar, nicht alles lässt sich einfach überprüfen, aber eine solche einfache Untersuchung kann doch gemacht werden.
Ich hoffe die von dir gewünschte Erklärung bringt jetzt Einsicht.

Zu deinem netten Bild:
Das ist mein erster Kommentar zu einem Thema. Ich denke, das ein Thread nicht automatisch richtig ist und somit undiskutiert bleiben muss, nur weil 5 Jahre keiner etwas dazu geschrieben hat.
Wenn es auf diesem Forum aber trotzdem nicht gerne gesehen ist, einen solchen Thread wieder aufzugreifen, dann sagt es mir einfach. Ich werde dann dies dann nicht mehr tun.

Viele Grüße und nochmals vielen Dank für die genaue anästesistische Erklärung (ich glaube jeder Leser hat etwas gelernt)

@peit

Gerade ein Patient im Lysezeitfenster braucht ein cMRT. Kontraindikation für eine Lysetherapie ist eine ICB und diese lässt sich am schnellsten, sichersten und damit am besten im cMRT ausschließen. Im CT hingegen ist die Begutachtung einer Blutung, vor allem einer sehr kleinen, sehr schwer (möglich, aber unsicher)
Die Unterscheidung ist ganz einfach und wichtig:
Ein convulsiver status epilepticus ist vital gefährdender als ein non-convulsiver.
Deshalb muss man bei einem convulsiven status besonders auf die begleitende Symptomatik achten und die daraus resultierende Therapie beginnen (z.B. Intubation etc. frag mal Don, der kann dir präklinisch besser helfen :-))


Ich hoffe das hilft ein wenig weiter und klärt Missverständnisse

Viele Grüße

Babinski
10.04.2015, 12:46
Babinski hat geschrieben:Auf deine (pharmakologische) Therapie wäre wohl jeder Anästesist stolz, aber ich wundere mich, ob diese für einen Notarzt duchführbar ist?
Ich arbeite selber nicht in der Notfallmedizin, aber in der Klinik wurde mir noch nie ein Patient mit EEG übergeben. Wenn sowas auf euren Fahrzeugen verladen ist, dann klingt deine EEG-gesteuerte Gabe von Medikamenten sinnvoll.

Das waren ja nur die Leitlinien. Selbstverständlich haben wir kein EEG an Bord und selbst wenn wäre nach einer Einleitungsdosis Propofol ja ohnehin nur ein Burst Suppression Muster zu sehen.
Aber bleiben wir noch mal beim normalen Ablauf: Wir haben also einen krampfenden Patienten und postulieren, dass wir den Krampf unterbrechen müssen. In den meisten Fällen wird dies durch die in den LL genannten First-Line Präparate ja auch gelingen. Klappt dies aber nicht, dann bleibt aber in der Regel in der Notfallmedizin nicht mehr viel anderes übrig als Propofol oder Thiopental. Wenn ich das nun mit den Benzos kombiniere, die der Patient schon bekommen hat, dann habe ich einen tief bewußtlosen Patienten vor mir - der eben einen Tubus benötigt. Erst vor 2 Wochen musste ich einen Patienten nach einem Krampfanfall intubieren, weil er (LL-gerecht) 20 (in Worten: zwanzig) mg Midazolam bekommen hat. Der hat nicht mehr gekrampf, war aber dennoch tief bewußtlos mit verlegtem Atemweg.
Was ich damit sagen will ist, dass in der Notfallmedizin beim Versagen der First-Line Präparate der Weg so gut wie immer zur Narkose hingehen wird - es sei denn, man akzeptiert das weitere Krampfen.

Mittlerweile (nach 2002 wie bei deinen Quellenangaben) weiß man in einer Klinik der neurologischen Maximalversorgung. Aktuell werden dazu die LL verändert. Ein CT ist bei neurologischen Problemen IMMER die zweite Wahl. Nur bei Patienten, welche aufgrund ferromagnetischen Dingen im Körper nicht dürfen oder adipösen Patienten die nicht reinpassen.

Hier siehst Du gut den unterschiedlichen Denkansatz zwischen Notfallmedizin/Anästhesiologie und z.B. der Neurologie.
Die Frage in der Notfallmedizin ist ja nicht, was besser ist, sondern was dem Patienten einen sofortigen Benefit bringt. Natürlich ist die Diagnose umfassender, wenn der Patient ein MRT bekommt. Die Frage ist nur, ob dies für ihn outcomerelevant ist.

Wenn ihr bei euch 5 (!) cMRT's habt und du sogar 1 Jahr dort gearbeitet hast, müsstest du eigentlich wissen, dass man schon nach 2 Schichten (ca.5-7 Min) mit einer Therapie (im cMRT) beginnen kann.

Ja. Ich weiß aber auch, dass die Neurologen immer sagen "Wir brauchen das" und dann mit den Worten "Rufen Sie mich an, wenn die Bilder da sind" verschwinden. Klar habe ich die ersten Schichten nach 5-7 Minuten. Dies aber nur, wenn der Patient schon im MRT liegt ! Aber genau das ist der Aufwand, den die meisten Auftraggeber ja gar nicht mitbekommen, weil sie sich immer verdrücken, bis die Bilder da sind. Wir waren neulich 2h damit beschäftigt, einen Intensivpatienten durch ein MRT zu fahren für eine Untersuchung, die zwar aus diagnostischen Gründen für die Neurologen hoch interessant war, für den Patienten aber genau NULL Konsequenz hatte. Die Untersuchungszeit war dabei das geringste.

40 Minuten bis die Behandlung anfangen kann? Niemals!

Jetzt vermischen wir mal die Posts nicht. Mit den 40 Minuten waren die für das, was Du wolltest genannten Sequenzen gemeint:
- Blutungssausschluß
- Diffusion
- Gefäßdarstellung
Klar kommst Du mit ein paar Minuten klar, wenn Du nur einen Blutungssausschluß machst. Dann profitiert der Patient aber auch nicht vom MRT - oder? Hier muss man schon fair sein und beides vergleichen:
CT nativ
CT Angio
CT Perfusion
Sind in 10 Minuten fertig, ohne den Patienten zu entkleiden usw....
Die Läsionen, die so klein sind, dass der Patient dann auch noch von einem MRT profitiert, hast Du nicht nach 5-7 Minuten - das kannst Du mir nicht erzählen. Die Infos, die Du im MRT nach 5-7 Minuten hast, brauchen im CT nur 2-3.

Man kann auch noch eine Schädigung des N.facialis ausschließen, des N. oculmotorius... Bestimmte Reflexe (ich liste die jetzt nicht alle auf, du kennst die ganzen (Phyramidenbahn)-Reflexe ja...)
Klar, nicht alles lässt sich einfach überprüfen, aber eine solche einfache Untersuchung kann doch gemacht werden.

Klar. Aber Frage erneut: Mit welcher Konsequenz ? Notfallmedizin ist nicht allumfassend. Es geht darum, den Patienten so schnell wie möglich in ein geeignete Klinik zu bringen und seinen Zustand hierfür zu stabilisieren.
10.04.2015, 17:37
peit hat geschrieben:Es ging mir nicht um eine RSI sondern um einen schwierigen Atemweg und es gibt einfach Patienten die sich nicht - egal von wem - intubieren lassen. Und bei einem halbwegs stabilen Patienten sollte man da schon abwägen.


Der Patient war nicht "halbwegs stabil". Da geht Hirnmasse unter. Es ist Aufgabe des Notarztes da einzugreifen, soweit dass in der Präklinik geht. Wenn er angst vor der Intubation hat, ist die präklinische Notfallmedizin der falsche Ort für ihn.
10.04.2015, 17:47
Babinski hat geschrieben:@Don
Ich muss mich korrigieren: Der Notarzt hätte den status durchbrechen können. Die Praxis zeigt aber, dass die meisten Notärzte dies nicht schaffen.
Es stimmt, dass der Notarzt es nicht LL gerecht probiert hat.
Das Ergebnis ist aber das Gleiche, denn selbst die Klinik hat den Status nicht schnell durchbrechen können.


Nicht schaffen?
Das bedeutet für mich alles versucht.

Oder nicht können?
Das bedeutet für mich, aus Angst nicht ausreichend therapiert.

Das Ergebnis ist nicht zwingend das Gleiche. Wie du ja weist, "festigt" sich der Krampfanfall mit der Zeit. Ein frühes Unterbrechen hätte möglicherweise diesen Rattenschwanz verhindern können.
15.04.2015, 00:29
M1k3 hat geschrieben:
peit hat geschrieben:Es ging mir nicht um eine RSI sondern um einen schwierigen Atemweg und es gibt einfach Patienten die sich nicht - egal von wem - intubieren lassen. Und bei einem halbwegs stabilen Patienten sollte man da schon abwägen.


Der Patient war nicht "halbwegs stabil". Da geht Hirnmasse unter. Es ist Aufgabe des Notarztes da einzugreifen, soweit dass in der Präklinik geht. Wenn er angst vor der Intubation hat, ist die präklinische Notfallmedizin der falsche Ort für ihn.


Wollt ihr mich eigentlich alle absichtlich falsch verstehen? Ich habe doch nur festgestellt, dass es Patienten gibt die sich nicht intubieren lassen. Wenn ich dies präklinisch weiß, dann führe ich doch nicht bewusst eine Situation herbei, wo ich es doch muss. Dies hieße nämlich dann nicht Intubation sondern Koniotomie. Mag ja sein, dass ihr alle so abgebrüht seit, dass ihr eure Patienten auch elektiv präklinisch koniotomiert. Aber für 99,9% der Notärzte ist das eine ultima ratio Therapie die ich vermeiden sollte solange es irgend geht. Und wenn ein Patient noch Luft holt dann kann ich es vermeiden.
Was ich aber auch gesagt habe: Das ist eine seltene Situation - gerade auch bei Kindern! Viel wahrscheinlicher ist in diesem Fall, dass der Notarzt einfach Angst vor der Intubation eines Kindes hatte. Wenn das der Fall war, gebe ich euch Recht. Aber da keiner dabei war wissen wir es eben nicht.
15.04.2015, 00:43
Don Spekulatius hat geschrieben:
Wenn ihr bei euch 5 (!) cMRT's habt und du sogar 1 Jahr dort gearbeitet hast, müsstest du eigentlich wissen, dass man schon nach 2 Schichten (ca.5-7 Min) mit einer Therapie (im cMRT) beginnen kann.

Ja. Ich weiß aber auch, dass die Neurologen immer sagen "Wir brauchen das" und dann mit den Worten "Rufen Sie mich an, wenn die Bilder da sind" verschwinden. Klar habe ich die ersten Schichten nach 5-7 Minuten. Dies aber nur, wenn der Patient schon im MRT liegt ! Aber genau das ist der Aufwand, den die meisten Auftraggeber ja gar nicht mitbekommen, weil sie sich immer verdrücken, bis die Bilder da sind. Wir waren neulich 2h damit beschäftigt, einen Intensivpatienten durch ein MRT zu fahren für eine Untersuchung, die zwar aus diagnostischen Gründen für die Neurologen hoch interessant war, für den Patienten aber genau NULL Konsequenz hatte. Die Untersuchungszeit war dabei das geringste.



Das sind eben die organisatorischen Missstände auf die ich mich bezogen habe. Bei einem akuten Schlaganfall hat der Neurologe den Patienten an der Eingangstür abzuholen und während des MRTs gefälligst neben dem Radiologen zu stehen. Und einen Patienten kann man auch in 60 Sekunden komplett entkleiden - beim Polytrauma dauert das doch auch keine 20 Minuten. Und auf Monitoring kann ich u.U. auch zeitweilig verzichten...
Beatmete Schlaganfallpatienten sind dabei sicher wieder etwas anderes - aber eben auch der Ausnahmefall.

Ansonsten: Ich bin kein Neurologe, aber es gibt große deutsche Schlaganfallzentren die im Regelfall ein MRT statt eines CT durchführen - auch wenn es natürlich je nach Situation immer Spezialfälle gibt und (wie auch vorher schon mehrfach geschrieben) derzeit NICHT das Standardverfahren in der Durchschnitts-Klinik ist.

Bei Patienten mit einer sicheren Lyseindikation hat das CT aufgrund eines minimalen Zeitvorteils sicher durchaus noch seine Daseinsberechtigung. Aber entscheidend sind eben die örtlichen Gegebenheiten

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