Situation im OP

Hier könnt ihr erlebte Einsätze schildern und sie können von uns gemeinsam besprochen werden.

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02.05.2015, 13:35
So, in der Hoffnung, dass der eine oder andere von euch (wir sind ja schon bald 1000)
schon mal im OP war, und ein bisschen Ahnung davon oder von
Anästhesie hat, hab ich mal eine Frage:

Also folgendes: Am Girlsday durfte ich ein Praktikum in der BGU Murnau
machen, ein Tag mit Pflege, Blutabnehmen, Pflege, OP, Notfallambulanz etc...
Zweimal durfte ich mit einem netten Famulant bei einer OP zugucken:
Das erste Mal eine Claviculafraktur, die mit einer Platte repariert wurde.
Der wollte dann nicht so recht aufwachen, dem haben die Schwestern dann lange die
Backe getätschelt, zwischendurch in die Augen geguckt und seinen Namen gesagt,
bis er sich dann nach 10-15 Minuten mal dazu bewegen hat lassen, ein Auge halb zu
öffnen. Mir wurde erklärt, das sei normal, jeder verträgt die Narkose unterschiedlich,
kann schon mal passieren, dass einer fester schläft.

So weit, so gut.
Dann zweite OP: ein arthroskopischer Schultereingriff, jemand meinte was von Bizepssehne
gerissen/beschädigt, die müsse neu verankert werden, so genau hab ich das leider nicht
mitbekommen. Nach längerem Warten, die Patientin wollte anscheinend nicht so recht
schlafen, wurde sie dann in den OP geschoben. Intubiert und beatmet natürlich, und die Augen
waren zugeklebt, mir wurde erklärt, das sei, damit die Augen nicht austrocknen .
Dann wurde die Schulter mit diesem orangen OP-Sterilium eingerieben. Währenddessen lief der
Patientin eine Träne über die Wange, das mich stutzig gemacht hat. Der Famulant meinte, die
kann überhaupt nichts merken, die schläft tief und fest. Plötzlich fing die Frau an, mit dem Fuß zu
zucken, kurz darauf auch mit der Hand, wieder lief ihr eine Träne über die Wange. Als der operierende
Doktor das Zucken bemerkte, meinte er zur Anästhesie, die Patientin wache auf, woraufhin der Frau
mehr von dem Medikament gegeben wurde. Die Herzfrequenz, die davor angestiegen war, sank wieder,
das Zucken hörte auf, die Operation begann, und ab da war nichts mehr auffällig, kein Zucken, keine
Tränen.

Manche werden sich jetzt bestimmt denken, was will sie denn, war doch nix, aber bin ich nicht ganz überzeugt,
dass die Frau wirklich gar nichts gemerkt haben soll. Erst die Tränen, die nicht bemerkt wurden, und dann
kurz darauf dieses Zucken, dass dann als aufwachen gedeutet wurde, kann das nicht sein, dass sie
zumindest unterbewusst irgendwas mitbekommen hat?

So, jetzt bin ich mal gespannt auf die Antworten, sorry für den langen Text, der wahrscheinlich für manche
unnötig erscheint, aber mich beschäftigt das jetzt schon seit einer Woche, und da ich mich selber da nicht
auskenne... :)
Lg, Allgäusani
02.05.2015, 14:15
Allgäusani hat geschrieben:Erst die Tränen, die nicht bemerkt wurden, und dann
kurz darauf dieses Zucken, dass dann als aufwachen gedeutet wurde, kann das nicht sein, dass sie
zumindest unterbewusst irgendwas mitbekommen hat?


Klar kann das sein. Vielleicht war der Anästhesist diesmal etwas zu vorsichtig, nachdem der letzte Patient zu lange geschlafen hat. Wenn Du mir jetzt die Anästhetikadosierungen nennen würdest, kann ich Dir sagen, wie wahrscheinlich eine Awareness ist. Sonst in Unkenntnis von Details kann man nur sagen: Ja, es ist möglich.

Bei einer Gasnarkose ist die intraoperative Awareness generell unwahrscheinlicher, als bei einer TIVA. Das gute ist, dass es von solchen Bewegungen intraoperativ meist noch ein gutes Stück weg ist zu intraoperativer Wachheit und dann noch ein gutes Stück zu intraoperativen Schmerzen. Aber es wäre interessant gewesen, die Patientin am nächsten Tag zu fragen, ob sie etwas mitbekommen hat.
02.05.2015, 14:39
Die Dosierungen weiß ich leider nicht, nur dass sehr wahrscheinlich Propofol per Spritzenpumpe verabreicht wurde. Propofol wurde auch
davor schon verwendet, und das war das einzige, was ich rumstehen gesehen habe. Beim Patienten davor wurde auch ein Medikament
mit der Aufschrift "Remi RA" verwendet, kann sein, dass beide Medikamente routinemäßig verwendet werden, und dann auch hier.
Gasmaske hab ich auch nicht gesehen, sondern nur eine Spritzenpumpe, heißt es wird wohl eine TIVA gewesen sein.

Heißt also, es kann sein, dass ihr Körper was gemerkt hat, sie aber nichts bewusst?
Ich schau mal, ob ich noch was erfahren kann, sorry, dass das alles n bissel vage ist :)
02.05.2015, 20:52
Propofol und Remifentanil - also eine klassische TIVA. Wahrscheinlich war das Remifentanil zu niedrig oder er hat ein anderes Opiat benutzt. Der Vorteil bei der TIVA ist, dass der Patient sehr plötzlich erwacht und dann nur sehr wenig kognitiv eingeschränkt ist. Der Nachteil ist, dass dies bei fehlerhafter Dosierung leider auch intraoperativ passieren kann.

Es kann schon sein, dass ihr Körper reagiert, sie aber nichts mitbekommen hat. Von Abwehrbewegungen zu bewusster Erinnerung ist es noch ein recht weiter Weg. Abwehrbewegungen sind gerade bei nicht relaxierten Patienten recht häufig. Wäre der Patientin zu wünschen.
11.05.2015, 22:34
Don Spekulatius hat geschrieben:nicht relaxierten Patienten recht häufig. Wäre der Patientin zu wünschen.


@Allgäusani: Du hast gschrieben sie sein intubiert worden, also keine LaMa? Dann sollte sie aber doch relaxiert worden sein...
12.05.2015, 07:52
Das sagt aber nichts aus. Von Einleitung bis Schnitt hat die Wirkung des Relaxanzes oft schon wieder nachgelassen, gerade wenn die Lagerung (wie im Falle einer Schulter-Arthroskopie) etwas aufwändiger ist. Außerdem ist die Relaxierung ja nicht digital also an/aus, sondern bildet sich allmählich zurück. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Bewegung zu sehen ist, auch wenn die Patientin intubiert wurde.
12.05.2015, 12:16
Klar, logisch. Danran hatte ich jetzt nicht gedacht. Danke :)


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