Patientinnen mit Kopftuch

Hier könnt ihr erlebte Einsätze schildern und sie können von uns gemeinsam besprochen werden.

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01.12.2013, 13:10
Hallo!
Von vornherein möchte ich klar stellen, dass ich persönlich nichts gegen Ausländer und deren fremde Bräuche und Religionen habe!
An unserer Schule tragen ein Paar Schülerinnen ein Kopftuch und meist lange Kleider. Letztens habe ich einen kurzen Bericht über den Rettungsdienst in der Türkei gelesen. Darin wurde auch das Problem mit der Verschleierung angesprochen. Bei einem Verkehrsunfall mit eingeklemmter weiblicher Person hätten die Rettungskräfte teilweise große Probleme die Patientin zu versorgen, weil sie von dem Ehemann aufgehalten werden Kleidung aufzuschneiden. Auch in der Schule kann es vorkommen, dass Kleidung entfernt werden muss. Natürlich ist mir klar, dass ich im Falle einer Bewusstlosigkeit, davon ausgehen sollte, dass es der Wille der Patientin ist ihr zu helfen. Hattet ihr schon mal imm SSD mit verschleierten Patientinnen zu tun? Gab es da Probleme und wie seid ihr damit umgegangen?
LG Andreas
Zuletzt geändert von andreas am 01.12.2013, 13:12, insgesamt 1-mal geändert.

01.12.2013, 16:18
Kopftuch != Verschleierung.

Und soweit ich weiss, sind Verschleierungen doch gar nicht erlaubt in deutschen Schulen? Caro?

Edit:
Vllt noch zur Ergänzung: Ich hatte im Rettungsdienst nie Probleme damit, eine muslimische Patientin behandeln zu können. Wenn Hilfe benötigt wurde, waren auch die (Ehe)männer froh, dass jemand da war.
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
ASP - Sage Nein!

01.12.2013, 20:35
Ähmmm..... war da nicht etwas, dass zumindest vor Erdogan eine Verschleierung in der Türkei sogar verboten war?

Wie auch immer....

Die größten Probleme mit muslimischen Patienten waren immer sprachliche. Wenn jemand nicht in der Lage ist, sich zu verständigen, ist die Anamnese eben sehr erschwert und abgesehen von "viel Schmerz" kommt nicht viel.

Zu muslimischen Schülerinnen im SSD: Die Antwort ist doch ganz einfach. Ist die Patientin bei Bewusstsein, wird sie Dir schon sagen, ob und in welchem Rahmen Du die Kleidung entfernen kannst. Hieran solltest Du Dich halten, zumal z.B. das Abtasten des Bauches kaum eine Konsequenz haben wird und somit entbehrlich ist. Außerdem wird es ja meistens auch weibliche Schulsanitäter geben, bei denen die (religiöse) Hemmschwelle dann wegfällt. Eine Einmischung des Ehemanns wird in einer Schule eher selten vorkommen ;)

Sollte der Ehemann bei einem Verkehrsunfall Probleme damit haben, dass seine eingeklemmte Frau entkleidet werden muss, ist die Antwort auch einfach: Zu diesem Zeitpunkt wird die Polizei anwesend sein und diese kann sich dann darum kümmern.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

02.12.2013, 16:24
In Deutschland herrscht ein Vermummungsverbot, so dass im öffentlichen Raum das Gesicht zwingend frei zu halten ist.

Patienten mit Kopftüchern und langen Kleidern kommen auch bei uns von Zeit zu Zeit mal vor. Bislang haben wir noch keinerlei Unterschied zur Versorgung von "Nicht-Kopftuchträgern" ausmachen können (von den beschriebenen Sprachbarrieren mal abgesehen).

Gerade wenn die Patientin im SanRaum abgeschottet ist, ist eine Untersuchung meist genauso möglich wie sonst üblich.


Schwieriger wird es, wenn sich Helferinnen melden, die den Koran im Sinne eines Kopftuch-Tragegebotes auslegen. Wir hatten vor einigen Jahren so einen Fall.

Die Konsequenz daraus war, dass es bei uns festgelegt wurde, dass es nicht erwünscht ist, religiöse Symbole in irgendeiner Form während einer dienstlichen Tätigkeit außerhalb der Schule zu tragen.
Die kopftuchtragende Kollegin wurde also innerhalb der Schule routinemäßig in den Dienstplan integriert, führte aber keine Sanitätswachdienste außerhalb der Schule durch.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

02.12.2013, 17:20
Also wir hatten noch keine Probleme mit vermummten Schülerinnen, mag vielleicht daran liegen, dass wir keine einzige auf unserer Schule haben. :D

Allerdings ist die Aussage, dass es in Deutschland ein Vermummungsverbot gibt, nicht ganz richtig. Dieses gibt es zwar, es verbietet aber nur die Vermummung, sowie das Mitführen eines zur Vermummung geeigneten Gegenstandes bei Demonstrationen u.ä.

02.12.2013, 23:19
Original von Knallroter Partybus

Allerdings ist die Aussage, dass es in Deutschland ein Vermummungsverbot gibt, nicht ganz richtig. Dieses gibt es zwar, es verbietet aber nur die Vermummung, sowie das Mitführen eines zur Vermummung geeigneten Gegenstandes bei Demonstrationen u.ä.


Auch das stimmt so nicht pauschal. Es muss von der Polizei mit einer Begründung verbunden sein, und individuell erlassen werden. Nicht auf jeder Demo ist per se Vermummungsverbot.

Trotzdem danke das sich ein anderer um diese Quatsch-Aussagen kümmert… :)
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

03.12.2013, 11:41
Original von Hajo Behrendt
Die Konsequenz daraus war, dass es bei uns festgelegt wurde, dass es nicht erwünscht ist, religiöse Symbole in irgendeiner Form während einer dienstlichen Tätigkeit außerhalb der Schule zu tragen.
Die kopftuchtragende Kollegin wurde also innerhalb der Schule routinemäßig in den Dienstplan integriert, führte aber keine Sanitätswachdienste außerhalb der Schule durch.


Was spricht denn dagegen? Aus hygienischen Gründen ist ein Kopftuch ja sogar eher vorteilhaft?

03.12.2013, 13:11
Auch in meinen Augen ließe sich die Darstellung religiöser Symbole nicht mit der dienstlich notwendigen Neutralität vereinbaren. (Dabei meine ich übrigens alle religiösen Symbole)
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26.02.2014, 13:40
Um nochmal darauf zurüch zu kommen ob jemand schon mal Einsätze mit Muslimen hatte, möchte ich sagen, dass wir schon mal einen Einsatz hatten, wo eine Muslimin sich ihr Knie aufgeschlagen hatte. Was man genau gemacht hat, kann ich euch nicht sagen, da diese nur von weiblichen SSD's versorgt wurde. Ob dies an der Religion lag, dass ich nicht rein durft oder daran, das diese eventuell nicht voll ständig bekleidet war (Wie gesagt ihr knie war aufgeschlagen) kann ich nicht beantworten!!!
Zuletzt geändert von Dö112 am 26.02.2014, 13:41, insgesamt 1-mal geändert.

26.02.2014, 15:24
Naja - ob man für ein aufgeschlagenes Knie seine religiösen Prinzipien über den Haufen werfen muss, weiß ich nicht.

Kratzer am Knie - eher nein.
Reanimation - eher ja.
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28.02.2014, 09:30
Das hab ich aber auch nicht behauptet!!

28.02.2014, 16:43
Aus meiner Sicht ist der Fall klar: Im Schulsanitätsdienst gibt es eine klar definierte Rufbereitschaft. Das Team, welches augf dem Dienstplan steht, ist für die Versorgung aller medizinischen Störungen während der Zeit der Rufbereitschaft zuständig.

Es kann nicht angehen, dass hier wegen Bagatellen gender- und religionsspezifische Ausnahmen gelten und deswegen (diensthabende) Teammitglieder bewusst vor der Tür stehen gelassen werden.

Zum Verständinis: Ich spreche hier bewusst von Bagatellfällen. Wenn es um gynäkologische Probleme etc. geht, sieht das im Rahmen der Möglichkeiten des SSDs vielleicht schon anders aus.

Die Patienten haben die feste Team-Zusammensetzung in der Regel zu akzeptieren, ansonsten steht es Ihnen frei, die Versorgung komplett zu verweigern und eine Arztpraxis ihres religions- oder genderspezifischen Vertrauens aufzusuchen.

Wegen einer Wunde am Knie würde ich niemals eine Neubesetzung von Teams durchführen.

Wo kommen wir denn dahin, wenn man sich in Zukunft auch im Rettungsdienst eine bestimmte Geschlechterzugehörigkeit oder eine bestimmte Religionszugehörigkeit des Rettungsdienstpersonals wünschen könnte...

Warum sollte das im SSD und im SWD anders sein? Irgendwo sind mal die Grenzen des Servicegedankens (und der Toleranz) erreicht.

Wir bemühen uns z.B., wenn möglich, stets eine gemischte Besetzung von Teams durchzuführen. Manchmal ist das aber personell nicht möglich. Dann hat der Hilfesuchende die gegebenen Voraussetzungen halt zu akzeptieren.
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28.02.2014, 20:04
Ähhmmm...... ich bin zwar nicht religiös und habe auch keinen Migrationshintergrund. Aber wenn irgendein Mitschüler versucht, meine Tochter bei einem "gynäkologischen Problem" zu untersuchen, hole ich schon mal den Klappspaten raus und suche mir ein nettes Plätzchen in meinem Garten zum verbuddeln aus.
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