Schulsanitätsdienst - Das Original!

Vorwort:
Ich muss mal wieder auf der Arbeit ausharren und hab endlich nochmal Zeit, euch ein Fallbeispiel, das mir schon länger im Kopf rumschwirrt, zu präsentieren.
An sich darf sich jeder ab SanA (oder einer entsprechenden Ausbildung) daran versuchen - um den Fall so zu lösen, wie ich mir das vorstelle, ist eine höhere Ausbildung und/oder etwas Praxiserfahrung aber sicherlich nicht gerade nachteilig....

Zur Situation:
Es ist Frühjahr (Mitte Mai...) und ihr sitzt gerade im Musikunterricht und beobachtet aus dem Fenster heraus das Treiben auf dem Sportplatz, auf welchen ihr eine nette Sicht habt, als euer Notfallhandy klingelt und das Sekretariat dran ist.

Einsatzmeldung:
Auf dem Sportplatz hat es wohl einen Zwischenfall mit einer Schülerin gegeben - soweit die Sekretärin weiß, sei die Schülerin wohl gelaufen und habe jetzt Probleme mit der Atmung.
Im Sekretariat wartet eine Mitschülerin der Patientin auf euch, um euch zum Einsatzort zu führen.

Material:
Alles, was für Schulen so vorgeschrieben ist (diverses Verbandszeugs, eine Trage, Decken etc.). Zusätzlich habt ihr:
- ein Blutdruckmessgerät + Stethoskop
- Blutzuckermessgerät
- Samsplints in verschiedenen Größen
- zum Kühlen diese hübschen Einweg-Dinger

Was ihr nicht habt sind Dinge wie Sauerstoff, Pulsoxi, Schaufeltrage, Vakuummatratze, AED und sonstige Sonderwünsche, da euer SSD noch im Aufbau ist und ihr dem Schulleiter erstmal beweisen sollt, dass ihr auch ohne den ganzen "Schnickschnack" helfen könnt.

Viel Spaß und Erfolg

Caro

Dann darf ich? :-)

Joa, nehme ich unser Einsatzmaterial und gehe mit der Mitschülerin in Richtung Sportplatz. Gibts noch nen zweiten Sani? "Kommst du auch mit?"

Unterwegs kann sie uns dann erzählen, was passiert sei. Wie lange sind sie vorher gelaufen? Ist sowas schon vorher mal vorgekommen?

Und noch zwei Fragen zur Situation: Wie ist das Wetter? Wie alt ist die Mitschülerin?

Du darfst

Ja, du hast noch einen Mitstreiter, der auch schon einsatzbereit neben dir steht und auf deine Anweisungen wartet.

Das Wetter ist recht angenehm - 23°C, leichter Wind und ein paar Wölkchen am Himmel.
Die Mitschülerin (15 Jahre) berichtet dir auf dem Weg zum Sportplatz relativ sachlich, dass die Mädchen gerade 2000 Meter laufen sollten, als die Julia nach ca 400 Metern an den Rand gelaufen sei und wohl ziemlich stark gehustet habe. Da der Husten nicht von alleine besser wurde, sei sie von der Sportlehrerin losgeschickt worden, euch zu alarmieren. Sie weiß nicht, ob der Julia sowas schonmal passiert sei, weil sie selbst erst seit Beginn des Schuljahres auf der Schule sei und das für dieses Jahr der erste Sportunterricht im Freien sei. Beim Hallensport hatte Julia wohl noch nie solche Probleme.

Mitlerweile seid ihr übrigens auf dem Sportplatz angekommen und werdet von der Sportlehrerin begrüßt, die euch ein Stückchen entgegenkommt, um außerhalb von Julias Hörweite mit euch reden zu können. Sie erklärt euch, dass Julia wohl versucht habe, zu ihrer Tasche zu laufen, aber auf dem Weg dorthin aufgeben musste, da der Husten stärker wurde und sie nicht mehr laufen konnte. Als ihr eine Mitschülerin die Tasche gebracht hatte, hat sie wohl in so ein komisches Gerät gepustet und habe danach wohl ziemlich nervös gewirkt und angefangen zu weinen. Viel mehr ist seitdem noch nicht geschehen, da ihr ja Gott sei Dank so schnell da sein konntet.

Die Lehrerin bringt euch jetzt zu Julia, die immernoch hustend und weinend auf dem Boden sitzt und sichtlich verängstlicht wirkt.

Sooo - ich könnte noch mehr schreiben, aber jetzt seid ihr erstmal dran.

Lg, Caro

Wie sieht sie aus? Welche Sitzposition hat sie? Ist sie blass? Zyanose? Hat sie Blut o.ä. ausgehustet? Ist sie auch etwa 15 Jahre alt?
Sehe ich das Gerät irgendwo - wenn ja, wie sieht es aus?
Sind außer der Mitschülerin und der Lehrerin noch andere Schüler in der Nähe? Wie liegt der Sportplatz? Irgendwelche Bäume oder Felder in der Nähe?

Ich stelle mich vor und frage sie, was denn passiert ist?

Edit: Fällt mir an ihrer Atmung etwas auf? Sehr schnell/ langsam/ tief/ flach? Falls sie antwortet: Kann sie flüssig sprechen oder muss sie zwischendurch nach Luft schnappen?

Julia (ebenfalls 15 Jahre alt) sitzt auf einer der Steinstufen, die wohl die Tribüne des Sportplatzes darstellen sollen und stützt sich mit den Ellebogen auf ihren Knien ab, während ihre Hände den Kopf bzw. das Gesicht zu stützen scheinen. Sie ist leicht blass um die Nase, eine Zyanose lässt sich aber nicht feststellen. Blut kannst du nirgendwo sehen und auch die Mitschüler erzählen nichts davon.
Das Gerät liegt ca einen halben Meter neben ihr - für Laien hätte ich jetzt geschrieben, dass es irgendwie was von einem Alkoholtest hat. Es hat also ein Mundstück zum reinpusten und darüber eine Skala von Zahlen, die von 0 bis 850 reichen. In der Mitte ist so ein kleiner Plastikpfeil, der beweglich scheint und momentan auf 0 steht.
Außer den bereits erwähnten Personen sind noch ca 25 andere Schüler auf dem Sportplatz, die aber gerade von der Lehrerin beauftragt wurden, sich etwas weiter weg auf dem Rasen zu versammeln und euch nicht zu stören - und siehe da, es funktioniert sogar
Ca 100 Meter vom Sportplatz entfernt fließt ein kleiner Fluss, um den herum so einiges an Zeugs wächst (Bäume, Sträucher, Gräser....).
Das mit dem Vorstellen klappt prima, nur die Antworten auf deine Frage kommt sehr, sehr verzögert, da Julia durch ihren Husten nicht in der Lage ist, ganze Sätze zu sprechen und teilweise auch für längere Wörter mehrere Anläufe braucht. Ich fasse mal die für dich relavanten Dinge ihrer Antwort zusammen:
- Asthma
- erst seit 2 Monaten
- noch nie so schlimm gewesen
- Angst zu ersticken
Viel mehr bekommst du aus ihr vorerst nicht raus.

Lg, Caro

Ich fühle mal ihren Puls.

Höre ich bei ihrer Atmung etwas?

Dann frage ich noch, ob diesmal vor dem Anfall noch irgendwas anderes passiert sei oder ob es nur schlimmer als sonst sei.

Sieht das Ding so ähnlich aus?

Edit: Vielleicht sollte ich auch den Link zum Bild mit reinstellen....
http://www.netdoktor.de/image_gallery/old_netdoktor/70075_peakflowmeter_45781.jpg oder http://www.menzl.com/images/clement-clarke/clement-clarke_peakflowmeter_mini-wright-standard.jpg

Außerdem wüsste ich noch gerne, ob sie irgendwelche Medikamente nimmt.

Der Puls liegt bei 108 und ist relativ gut tastbar. Neben dem ganzen Gehuste hörst du bei der Ausatmung ein Geräusch, dass irgendwas zwischen pfeifen und brummen ist.
Beim Stichwort Medikamente fängt sie an, in ihrer Tasche zu kramen und zieht dir zum einen "Sultanol" und zum anderen etwas, auf dem "Symbicort TH" steht, raus. Sie zeigt auf das Sultanol und sagt, das sei für den Notfall.
Nachem sie erstmal wieder etwas kräftiger hustet, erzählt sie dir, dass sie auf dem Schulweg schonmal einen "kleineren Anfall" hatte und da schonmal 2 Hub davon genommen hätte. Vor dem Sportunterricht habe sie auch nochmal 2 Hub genommen, weil ihr Hausarzt wohl gemeint habe, dass sie das vor dem Sport tun soll. Sie wirkt etwas wütend über die Tatsache, dass sie jetzt trotzdem einen Anfall hat und hat Angst, weil sie nicht weiß, was sie jetzt noch tun soll.

Edit: Ja - das kommt dem ganzen ziemlich ähnlich. Ihr Gerät ist etwas breiter und grau, scheint aber nur am Hersteller zu liegen.

Dann frage ich sie, wieviel Hub sie maximal nehmen darf? Und ob sie sicher ist, dass sie die vorher richtig inhaliert hat so wie es ihr beigebracht wurde, oder ob es nicht geklappt hat?

Sie sagt, sie darf bis zu 4x2 Hub am Tag nehmen und sie habe es eigentlich genau so gemacht, wie es ihr in der Praxis gezeigt wurde. Da sei auch was rausgekommen und eigentlich habe alles recht gut geklappt - immerhin war der Anfall morgens dann ja auch weg.
Sie hat nach wie vor große Schwierigkeiten beim Sprechen und die Sätze/Wortfetzen kommen sehr gequält zwischen den ganzen Hustenatacken. Das Sprechen an sich scheint sie ziemlich anzustrengen. Sie schafft es jedoch noch, dir zu sagen, dass sie Angst habe, noch mehr "von dem Zeugs" zu nehmen, weil sie danach immer so zittrig wird und es ihr doch eh schon so doof gehe...

"Ok, dann würde ich davon auch nichts mehr nehmen. Ich zeig dir lieber mal ein paar Tricks, damit du besser Luft bekommst. Setz dich mal so hin, wie ich und stütz die ordentlich mit den Armen auf, so dass dein Oberkörper möglichst groß wird."
Ich stütz mich nach hinten mit den Armen auf und plustere mich auf :-)

Dann:
"Sehr schön, du machst das gut! So jetzt versuch mal ganz bewusst in Ruhe aus- und einzuatmen. Du brauchst keine Angst zu haben, du hast noch genug Luft - auch wenn du das jetzt vielleicht nicht merkst."

Natürlich mache ich ihr das auch vor und atme dabei ganz bewusst und langsam aus.

Sie schaut dich hoffnungsvoll an und turnt dir alles nach, bis auch sie sich in der atemerleichternden Sitzhaltung befindet. Dann versucht sie, etwas ruhiger zu atmen, hat aber sichtliche Schwierigkeiten beim Ausatmen und fängt wieder kräftiger an zu husten. Sie schüttelt den Kopf und sagt, das mit dem nach vorne abstützen sei angenehmer gewesen und nimmt diese Haltung von alleine wieder ein.
Dann zeigt sie auf das Gerät und meint, sie habe wirklich nicht mehr so viel Luft und der Wert sei viel schlechter gewesen als gewohnt.

Wie schätze ich ihren Zustand ein? Hat er sich verbessert, verschlechtert oder ist er gleichgeblieben?
Ich fühle nochmal den Puls.

Du bist dir nicht ganz sicher, wie du den Zustand einschätzen sollst, da sie relativ ängstlich ist. Wenn du ihre Angst aber mal ausblendest, hast du den Eindruck, dass ihr das Atmen wirklich extrem schwer zu fallen scheint und die Situation tendenziell eher schlechter, keinesfalls jedoch besser geworden ist. Auch die Atemgeräusche scheinen etwas lauter zu werden.
Der Puls liegt jetzt so um die 116.

Ok, dann bitte ich die Lehrerin einen Notruf abzusetzen und dort anzugeben, dass wir eine 15jährige Schülerin mit schwerem Asthma-Anfall hier haben. Hinterher mag sie mir doch eben Bescheid geben.

Julia versuche ich weiter zu beruhigen und schlage ihr vor, doch nochmal einen Hub zu nehmen. D.h. vorher will ich noch wissen, ob ihr irgendetwas gesagt wurde, wieviel Zeit zwischen zwei Einnahmen liegen muss?
Falls sie einwilligt (und ihr keine Vorgaben bezüglich der Zeit gemacht wurden), achte ich bewusst darauf, ob sie richtig inhaliert.