[SanH]Das Wochenende beginnt ja gut...

Notfallszenarien für Ersthelfer bis Rettungsdienstmitarbeiter.

Foren-Übersicht Erste Hilfe, Rettung und Medizin Fallbeispiele

02.04.2010, 20:14
Nun Gut, dann redet ihr nochmal ein bisschen weiter ;) .

Die Sekretärin kehrt nach 4 Minuten mit zwei Kollegen aus dem Rettungsdienst zurück...

02.04.2010, 20:18
Ok, dann:
"Herzlich Willkommen im Sekretariat! Das hier ist unser junger Fußballgott Thomas (so hieß er doch, oder?). Nachdem er beim Fußball schon mit 3 Toren in Führung war, ist er auf seinen Arm gestürzt, seit dem klagt er über starke Schmerzen im Bereich des Handgelenks, die Bewegung haben wir erst garnicht probiert...
Wie ihr sehen könnt, haben wir ihn schon fertig für euch verpackt."
Dann bitten wir die Sekretärin noch um die Info der Eltern, die sollen direkt die Ambulanz anfahren. Welche das ist, werden uns die Herren vom RD ja bestimmt verraten.
Dann verabschieden wir uns auch in den wohlverdienten Feierabend.
Ich bin als Rettungsschwimmer geboren, mit Wasser gestillt und aufgezogen! Hurra!:P

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02.04.2010, 20:20
Der Rettungsdienstler stellt noch einige Rückfragen:
"Wie war denn die DMS?"
"Konnte er den Arm noch bewegen?"

02.04.2010, 20:25
Möp, hab nen Fehler gefunden...
Das hab ich dann wohl vergessen, zu checken...

Aber zur Beantwortung der Fragen:
Bewegung, also M: Haben wir erst garnicht ausprobiert, um dem Patienten die Schmerzen zu ersparen. (Hatte ich aber auch in der Übergabe gesagt...)
Sensorik, also S: Scheint wohl vorhanden zu sein, schließlich hat der Gute ja Schmerzen :P.
Zur Durchblutung kann ich beim besten Willen nichts sagen.

Was mich zum ersten Kritikpunkt bringt, ich hätte vor und nach dem Schienen die DMS überprüfen müssen...Mist.
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02.04.2010, 20:28
Super, damit ist die Diskussion eröffnet :)

02.04.2010, 20:42
Naja, erstmal muss, denke ich, gesagt werden, dass man auch hier im FB nur die Maßnahmen ausführen sollte, die man auch beherrscht. Wenn man dann beim Erklären des Schienens schon ins straucheln gerät, dann sollte man es vielleicht von vorne herein lassen. Ebenso sollte man vor dem Schienen gucken, wo überhaupt die Verletzung vorliegt. Auch ist es denke ich suboptimal, wenn man direkt anfängt zu arbeiten, ohne vorher mit dem Patienten mal ein Wörtchen gewechselt zu haben. Das hätte besser laufen können.
Hier hätte man auch am Anfang vom Teampartner, also von mir, erwarten können, dass ich hier eingreife und entsprechende Maßnahmen ergreife.
Dies habe ich hier bewusst nicht getan, um mal zu gucken, was ikf wirklich so drauf hat und wie das dann endet bzw. wann sie sich denn dann mal fragend an ihren Partner wendet. Dieses Vorgehen habe ich vorher mit Tone Bone per PN abgesprochen, da es natürlich blöd käme, wenn ich das jetzt einfach nur hier so schreibe. Das könnte ja jeder machen...;)
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02.04.2010, 21:21
Auch ich sehe das ähnlich wie LevSani. Aber mal was im Detail:

Grundsätzlich ist die Verdachtsdiagnose in diesem Fall richtig gestellt worden. Allerdings sind die verschiedenen Kriterien genauer bzw. besser belegbar gewesen.

Was hätte man alles machen können/sollen/müssen?
Zum einen ist es unabdingbar, auf den Patienten einzugehen! Ein Patient, der nicht weiß, was ihm geschieht und der so gut wie nichts gefragt wird, wird von sich auch - v.a. wenn er verängstigt ist - nichts sagen, sondern seine Schmerzen und Sorgen in sich "reinfressen". Dabei wird die Situation sicher nicht besser (siehe alleine die Reaktion des Hyperventilierens auf verschiedene Krankheitsbilder) und euch als Sanis entgeht ein wichtiger Teil der (Verdachts-)diagnosefindung!
Bei Schmerzen im Unterarm direkt von einer Fraktur auszugehen, ist zwar nicht grundsätzlich falsch, aber in vielen Fällen überzogen! Wenn ich hinfalle und mir mein Arm was wehtut, ist er dann direkt gebrochen? Nicht unbedingt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch nochmal auf die sicheren und unsicheren Frakturzeichen. Hier erhält man auf den ersten Blick lediglich unsichere Frakturzeichen, aber - wie von LevSani auch später durchgeführt - kann ein Abtasten des Armes durchaus etwas bringen. Hierdurch (und auch durch das Gespräch mit dem Patienten) ist eine genauere Lokalisierung der Verletzung möglich, was später für das Schienen eine wichtige Grundlage darstellt.
Mit deiner Verdachtsdiagnose, LevSani, machst du nichts falsch und nach diese würde vermutlich jeder Sanitäter arbeiten (sollen).
Ein Tipp in diesem Zusammenhang: Bei einer unklaren Fraktur im Bereich des distalen Unterarms bietet es sich auch an, Elle bzw. Speiche nah am Ellebogen zu drücken. Bei Frakturen wird es in einigen Fällen - aufgrund der Reibung der Knochenenden - zu Schmerzen im Bereich der Bruchstelle kommen. Bereits mehrmals erlebt und war ein gutes Hilfsmittel.

Ich habe im Verlauf des Fallbeispiels mehrmals versucht, bestimmte Hilfestellungen zu geben. Das war manchmal mehr als einmal und deutlicher als sonst irgendwas, nur leider bist du, ikf, nicht darauf eingegangen. Wie gesagt: Wende bitte nur Maßnahmen an, die du auch beherrschst! Dazu zählt auch, dass bei der Schienung Durchblutung, Motorik und Sensorik überprüft werden (VOR und NACH der Schienung!). Gerade nochmal zur Wiederholung: Die Motorik des Handgelenks muss bzw. wird nicht gegeben sein, vielmehr soll hiermit die Motorik der Finger überprüft werden. Selbiges gilt für die Sensorik ;) .
Schön fand ich, dass der Arm konstant unter Zug gehalten wurde (auch wenn dies auf den ersten "Blick" unangenehm ist und scheint). In vielen Fällen ist die Situation nach dem Schienen besser (oder zumindest gleich "gut").
Bitte achtet auch darauf, dass - falls möglich - die benachbarten Gelenke mit ruhig gestellt werden. Besonders die Ruhigstellung des Ellebogens bei Verletzungen im Handgelenksbereich kann in manchen Fällen schwierig sein, jedoch ist auch dies möglicht (bsps. durch die SamSplint XXL oder ein Dreiecktuch). Wird häufig vergessen, ist aber auch ein wichtiger Bestandteil der Schienung.

Zum Thema Notruf:
In diesem Fall lässt sich darüber streiten, ob der Patient wirklich mit einem RTW ins Krankenhaus transportiert werden muss. Das ist allerdings eine Einzelfallentscheidung, somit kann und werde ich nicht sagen, was hier die bessere Variante ist!

Alles in allem ein kleines Resumee: Bitte guckt euch - v.a. Du, ikf - nochmal die grundsätzlichen Dinge des Schienens und der Frakturversorgung an! Das muss sitzen, vor allem bei Leuten mit einer Sanitätsausbildung!
Und eines bitte auch nie vergessen: Die psychologische Betreuung ist ebenso wichtig wie die medizinische Betreuung des Patienten!!!

Edit: Nachträglich nochmal ein Röntgenbild, was ich beim Stöbern durchs Netz entdeckt habe und dem beschriebenen Fall nahe kommt:
Bild
Zuletzt geändert von Tone Bone am 02.04.2010, 21:25, insgesamt 1-mal geändert.

02.04.2010, 21:35
Erstmal danke für das ehrliche Feedback!

Wie gesagt, die Überprüfung von DMS hab ich schlichtweg etwas verplant.
Zum Ruhigstellen des Ellenbogens bei Unterarmfrakturen:
Da finde ich die Variante, die der Hersteller der SamSplint vorschlägt, eigentlich ganz gut. Sie verhindert die Drehung des Unterarmes und die Streckung. Das Beugen verhindert sie nicht. Allerdings wird der Patient sowieso eine gewisse Schonhaltung einnehmen, sodass er den Arm nichtmehr streckt oder beugt. Natürlich ist das nicht strikt nach Lehrbuch, aber meiner Meinung nach eine akzeptable Lösung.

Zu meiner Entscheidung, den RTW zu rufen:
Ich habe mich für den RTW entschieden, da dieser wohl einen schonenderen Transport sicherstellen kann als ein Taxi oder die Eltern. Außerdem können die Herrschaften dann auch vor Ort noch entscheiden, ob sie aufgrund der Schmerzen nicht doch noch den Druiden antanzen lassen...

Was die Diagnose angeht:
Ich würde mal auf eine Grünholzfraktur (oder wie das auch gleich hieß, wenn die Knochen bei Kindern noch nicht so fest sind...) tippen, dann im handgelenknahen Bereich von Ulna oder Radius...Was war es denn letztendlich?

Edit:
So, nachdem ich jetzt auch das Bild gesehen hab:
Nach dem Röntgenbild zu urteilen hätte man aber eine sehr deutliche Stufenbildung bemerkt...Wenn nicht sogar eine Bajonettstellung des Unterarms.
Zuletzt geändert von LevSani am 02.04.2010, 21:37, insgesamt 1-mal geändert.
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02.04.2010, 21:36
Grade eine Fraktur im Handgelenk finde ich mutig unter Zug zu setzen, zumal dieser Zug bestehen bleiben muss wenn es die Schmerzen lindern soll. Eine mögliche Krepitation (Knochenreiben) kann natürlich sofort wieder vorhanden sein sobald man den Zug nachlässt.
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

02.04.2010, 21:42
@LevSani: Das Bild ist auch nicht optimal hierfür, ist wie gesagt aus dem Netz.
Ich hatte zwei identische Fälle, bei denen es im selben Bereich zu einer Fraktur gekommen war. Diese war - wie auch in diesem Falle - nicht wirklich offensichtlich, jedoch auf den Röntgenbildern sehr gut sichtbar (fast wie auf dem Bild hier!).
Ich versuche, die Bilder nach den Ferien nochmal aufzutreiben.

@Mike: Klar ist das schwierig, allerdings war das auch in beiden Fällen positiv, sodass der Patient nach dem Schienen unter Zug weniger Schmerzen verspürte (vlt. auch nur die psychologische Wirkung der Schiene?!).

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