So nachdem ich meine Antwort heldenhaft gelöscht, anschließend vor Wut den Laptop durch die geschlossene Fensterscheibe geschleudert und mir einen Neuen besorgt habe, hier der zweite Versuch.
In unserem Gefäßsystem herrschen, je nach dem wo und zu welcher Phase des Herzzyklus man misst, unterschiedliche Drücke.
Spricht man einfach nur vom Blutdruck, so meint man normalerweise den Druck in den großen Arterien des Körperkreislauf auf Herzhöhe.
Zur Erinnerung, Arterien sind alle Gefäße die das Blut vom Herzen weg und Venen alle die das Blut zum Herzen hin transportieren. Folglich fließt in den Arterien des Körperkreislauf (auch großer Kreislauf genannt) sauerstoffreiches Blut, während in den Venen sauerstoffarmes Blut fließt. Im Lungenkreislauf ist dies genau andersherum. Hier ist das vom Herzen kommende Blut sauerstoffarm und muss erst in der Lunge mit Sauerstoff angereichert werden, bevor es über die Lungenvenen, auch Pulmonalvenen genannt, zum Herzen zurück fließt.
Schauen wir uns nun mal so einen Herzzyklus etwas genauer an.
Ausgangslage ist ein mit Blut gefülltes Herz, wir betrachten nur den Körperkreislauf und das linke Herz.
Fängt das Herz nun an sich zusammen zu ziehen, sprich zu kontrahieren, so steigt zunächst der Druck in der linken Herzkammer an. Übersteigt der Druck in der Kammer nun den in der Aorta(Hauptschlagader, beginnt direkt am Herzen) herrschenden Druck, so wird die Aortenklappe (verhindert das Blut von der Aorta in die linke Kammer zurück fließt) geöffnet und das Blut in den Körperkreislauf ausgeworfen. Diese Phase nennt man Systole.
Wenn sich das Herz nun komplett zusammen gezogen hat ist die Systole vorbei. Es folgt nun die Diastole, in der sich das Herz wieder entspannt und mit Blut füllt. Normalerweise würde der Blutdruck in dieser Phase, das Herz pumpt aktuell ja kein Blut, auf Null abfallen, zumindest wenn unsere Gefäße starr wären. Blut lässt sich als Flüssigkeit ja nicht komprimeren, kann also den Druck auch nicht speichern.
Der Druck fällt aber tatsächlich auch in dieser Phase nicht auf Null ab. Dass liegt daran das unsere Gefäße eben nicht starr sondern elastisch sind. Hier spielen vor allem die herznahen Arterien, wie zum Beispiel die Aorta, eine Rolle.
Steigt der Druck während der Systole in den herznahen Gefäßen an, so dehnen sich diese ein wenig auf und speichern einen Teil der Energie. Vergleichbar mit einem Luftballon den man mit Wasser füllt.
Ist die Systole nun beendet und der Druck fällt wieder ab, so ziehen sich auch die Gefäße wieder zusammen und "schieben" das Blut weiter.
Dieser Effekt verhindert das der Blutdruck während der Diastole Richtung Null abfällt, sondern noch eine kurze Zeit lang aufrecht erhalten wird.
Diesen Effekt nennt man
Windkesselfunktion.
Ausgehend von der Bezeichnung des jeweilligen Herzzyklus in dem der Druck entsteht, nennt man den einen den systolischen und den anderen den diastolischen Blutdruck. Man könnte auch sagen der systolische Blutdruck gibt den oberen und der diastolische Blutdruck den verbleibenden Restdruck an.
Man hat sich irgendwann mal darauf geeinigt den Blutdruck nach einem bestimmten Muster und mit einer bestimmten Einheit anzugeben. Die Einheit ist Millimeter Quecksilbersäule und das Muster systolischer Blutdruck zu diastolischem Blutdruck. Meisst schreibt man xx mmHg systolisch/yy mmHg diastolisch oder einfach nur xxsyt/yydiast, häufig auch nur xx/yy.
Du hast in deinem Fallbeispiel einen Wert von 60/70 angegeben.
Das würde bedeuten dass das Herz beim Zusammenziehen nur einen Druck von 60mmHg erzeugt, während der in den herznahen Arterien herrschende Druck um 10mmHg höher, nämlich bei 70mmHg liegt. Da Blut nicht mit weniger Druck in einen Bereich mit höherem Druck fließen kann, kann der Wert nicht stimmen. Bei diesem Patienten wäre kein Blutfluß mehr vorhanden, was nach aktueller Studienlage nicht besonders lange mit dem Leben vereinbar ist.
Übrigens, das unser Herz stoßweise pumpt ist auch der Grund warum man einen Puls tasten kann. Bei Patienten die, beispielsweise im Rahmen einer OP am offenen Herzen, an einer Herz-Lungen-Maschine hängen kann man keinen Puls tasten. Das liegt daran, weil die Herz-Lungen-Maschine einen gleichmäßigen, laminaren Blutfluss erzeugt.
Das sollte für den Anfang erstmal reichen.
Wie man den Blutdruck messen kann, lässt du dir am besten einfach mal praktisch zeigen. Dies hier theoretisch zu erläutern ist zwar möglich, aber wenig hilfreich.