Na dann....
Prinzipiell gilt, dass ein einmalig erhobener Wert nicht unbedingt ein großes diagnostisches Procedere oder gar eine langfristige Therapie nötig macht. Dennoch kann es - was im Übrigen nicht allzu selten ist - durch eine zufällige Messung - zur Diagnose einer mehr oder weniger bedrohlichen Erkrankung kommen. Vor der Interpretation ist wichtig, sich kurz die technischen Prinzipien der korrekten Blutdruckmessung zu vergegenwärtigen:
- Beherrscht derjenige, der die Messung vornimmt, diese Maßnahme auch ( Das würde ich bei 80% der Arzthelferinnen-Schülerinnen aus persönlicher Erfahrung verneinen, ebenso bei ca 50% des Sanitätspersonals - die Rettungsdienstler haben Glück und schaffen mit der automatischen Blutdruckmessung eine etwas höhere Trefferquote....) ?
- Ist das Equipment dafür geeignet? Für die korrekte Blutdruckmessung muss man etwas hören - man braucht also ein Stethoskop, nach Möglichkeit für den Anfang ohne großen Schnickschnack wie "Doppelkopf" etc. Zudem muss die Manschettengröße zum Oberarm passen: Hat man nun ein Mädchen in der 2. Klasse und einen Oberstufenschüler, der 3 mal in der Woche seinen Bizeps trainiert, braucht man sicherlich unterschiedliche Manschettengrößen!
- Zudem: In welcher Situation wird der Blutdruck denn gemessen? Ist der Patient gestresst, weint er, hat er Angst, hat er Schmerzen, sitzt er seit Minuten ruhig und unangestrengt auf einem Stuhl, ....?
Dann kommen wir zum spannenden Teil: Jetzt ist der Blutdruck schon mal hoch - was machen wir daraus?
Hier gilt bei erstmaligem Auftreten in 95% der Fälle: Abwarten, Oberkörper hoch, Rücksprache mit einem erfahrenen Arzt und ambulante Abklärung. Kommen zu dem Problem "hoher Blutdruck" nun noch weitere Komplikationen wie Kopfschmerzen, Ohrensausen, Sehstörungen, Bewusstseinstrübung etc - Rettungsdienst, Kliniktransport...Man schätzt, dass 1-3 % der Schulkinder ein Problem mit erhöhtem Blutdruck haben - wenn man das mal auf eine Jahrgangsstufe oder die Gesamtschülerzahl rechnet, kann man schon mal einen Patienten mit dieser Problematik antreffen (von den Lehrern - und den Erwachsenen im Gesamtdurchschnitt - schätzt man im Übrigen bis zu einem Alter von 70 Jahren ca: 1/3 der Menschen...)
An Ursachen bei Kindern stehen in erster Stelle Störungen des Nierengewebes und der einzelnen Filtersysteme, gefolgt von Fehlbildungen im Bereich des Aortenbogens, dann kommen Störungen des Blutflusses zur Niere (Nierenarterenstenose), und endokrinologische Ursachen (insgesamt ca. 1%: Cushing-Syndrom, Hyperthyreose, Phäochromozytom,...). Je nach Alter kann man tatsächlich auch mal über Drogen nachdenken, insbesondere "Lakritze" wird ja auf den Pausenhöfen dieser Welt hoch gehandelt...
Mit Einsetzen der Pubertät kommen dann langsam die klassischen Ursachen der essentiellen Hypertonie ins Spiel - die leider häufig (~85%) unklar sind. Unser westlicher Lebensstil tut sein Übriges dazu: Dick, Rauchen, Zuckerkrank, Salzreiche Kost, etc....
In der Situation des Fallbeispiels ist das nicht ganz einfach: Sicher kann man sich als SSD ein wenig Zeit nehmen, um die Patientin zu betreuen, eine längerfristige Lösung ist das jedoch nicht. Auch bei "tropfender" Blutung kommt mittelfristig eine eventuell relevante Blutmenge zusammen. Meiner Erfahrung nach hört ein "spontan einsetzendes Nasenbluten" meist ebenso spontan wieder auf - Ausnahmen bilden in aller Regel Patienten mit Tumoren oder Gefäßfehlbildungen in diesem Bereich (recht selten), und alle Patienten mit gestörter Blutgerinnung (angeboren, entwickelt, medikamentös verursacht und "gewünscht" - häufig). Demnach würde ich eher entspannt mit dieser Patientin umgehen; Oberkörper hoch und "herauslaufen lassen", Blut im Magen ist erstens nicht "sichtbar" und kann zudem Übelkeit ("taddaaaa") und Erbrechen auslösen. Wenn nun die Blutung gerade "steht" und das Pausenbrot nochmal durch den Kopf geht, ist das auch nicht unbedingt förderlich. Kühlen des Nackens und der Nase selbst ist aktuell in der Diskussion, scheint dem Patienten jedoch nicht zu schaden und hat wohl meist einen positiven psychologischen Aspekt - zudem ist es einfach und recht kostengünstig - warum also nicht, wenn man nichts anderes tun kann...