Hyperventilation - Tüte rückatmen Ja oder Nein?

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31.10.2009, 22:59
Da ich oft von verschiedenen Personen genauso verschiedene Antworten erhalte frage ich hier auch mal nach:

Bei Hyperventilation, rentiert sich da eine Tüten-Rückatmung?

Manche Leute sagen, sie würde durch den (angeblich?) verrgingerten Sauerstoff durch luftabschluss helfen, andere sagen hingegen wieder nein - das hat nur einen psychologischen Effekt.

Wie ist es denn jetzt richtig? richtige Wirkung - pysocholigische Wirkung - gar keine Wirkung? ;)

Danke für antworten
gruß
goetz
Endlich EH! 04.05.2008!

31.10.2009, 23:20
Was den genauen biochemischen (?) Prozess angeht, können dir Don oder Peit sicherlich mehr Details verraten als ich.

Dass es eine nicht nur psychologische Wirkung hat, liegt allerdings auf der Hand - sonst würds niemand machen. Die psychologische Wirkung auf jemanden, der glaubt, dass er keine Luft mehr kriegt und dann so ne Tüte vors Gesicht gedrückt bekommt, ist für den Patienten nämlich primär alles andere als positiv.
Deswegen ist es ja auch wichtig, dem Patienten vorher zu erklären, warum man das ganze macht ("Hören Sie, sie atmen gerade viel zu viel Kohlendioxid aus - deswegen glauben sie, dass sie keine Luft mehr bekommen. Ich verspreche ihnen aber, dass das Gefühl nachlassen lässt, wenn sie jetzt ein paar mal hier in diese Tüte atmen" etc) und den Patienten nicht dazu zwingt. Der RA, der mich vor 10 Jahren mal gewaltsam dazu bringen wollte, in ne Hyperventilationsmaske zu atmen, ist, wie ich Jahre später erfahren habe, mit einer gebrochenen Nase aus der Nummer rausgegangen (Das war aus damaliger Sicht in der Situation - ich hab schließlich geglaubt, zu ersticken und dann kommt der mir mit dem Ding da an - Notwehr :D).

lg Caro
Caro, 28, Lehrerin.

01.11.2009, 09:57
Also wir ham dazu in der Schule gelernt:

1. Beruhigen
2. es mit Atemkommandos versuchen und wenn das nicht hilft, als 3. ULTIMA RATIO Rückatmung in ne Tüte

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, das wenn man so einen richtigen Anfall hat und man bekommt so eine Tüte drauf das man evtl. noch schneller schnauft, denn man hat ja auch das Gefühl zu ersticken und dann kommt da einer der will dir da ne Tüte drauf tun, und wenn man das dann erklärt bekommt, denk ich net unbedingt, das man dann zustimmt. So ne Erklärung ist schnell vergessen. Aus meiner Erfahrung raus kann ich sagen, das als ich so ne Tüte aufs Gesicht bekommen hab völligst ausgerastet bin, und dann bewusstlos i-wie war oder nimmer ganz bei Bewusstsein wie mans nennen mag. Ich hatte damals vom Notarzt glaub ich Dormicum bekommen und hab dann komplett des Schnaufen aufgehört oder auch vergessen, so das ich beatmet worn bin für weiß nicht wielang.
- 21 Jahre jung oder alt, suchts euch aus
- Bereitschaftlerin in der Funktion als Rettungsassistentin und Jugendwart
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- Auch wenn ich sage das es mir gut geht, wissen bestimmte Leute das ich sie angelogen habe.
01.11.2009, 10:31
Original von gorld
Da ich oft von verschiedenen Personen genauso verschiedene Antworten erhalte frage ich hier auch mal nach:

Bei Hyperventilation, rentiert sich da eine Tüten-Rückatmung?

Manche Leute sagen, sie würde durch den (angeblich?) verrgingerten Sauerstoff durch luftabschluss helfen, andere sagen hingegen wieder nein - das hat nur einen psychologischen Effekt.

Komisch - das gleiche habe ich doch vor 2 Minuten schon mal in einem anderen Thread geschrieben. Hyperventilation hat nichts mit Sauerstoff zu tun. Es kommt durch ein unnötig hohes Atemminutenvolumen zu einer zu hohen Abatmung von Co2, die dann wieder zu einer respiratorischen Alkalose führt usw...usw...

Durch die Rückatmung erhöht man den Co2-Anteil in der Einatemluft und verringert somit wiederum die Abgabe. Pathophysiologisch würde die Rückatmung somit schon Sinn machen, hat allerdings zwei Probleme: Erstens wird sie durch den Patienten (wie von Caro schon schön beschrieben :) ) schlecht toleriert und zweitens muss die Maske natürlich regelmäßig abgenommen werden, da sonst der Sauerstoffanteil wirklich zu sehr sinkt. Dies könnte dann zur Bewußtlosigkeit führen.

@Minnyle: Ich behaupte bei Dir mal Folgendes: Durch das Dormicum wurdest Du beruhigt und durch den Wegfall der psychischen Erregung konnte wieder die normale Regulation der Atmung einsetzen. Wenn Dein Co2 zu niedrig ist, hattest Du keinen Atemanreiz und hast deswegen nicht geatmet. Ich hätte es wahrscheinlich für nicht indiziert angesehen, Dich deswegen zu beatmen.

Übrigens hat sich bei unseren Notärzten folgende Therapie durchgesetzt: 10mg Diazepam auf ein Stück Würfelzucker träufeln und schlucken lassen. Gegenüber dem Dormicum ergeben sich mehrere Vorteile: Erstens muss man keinen Zugang legen, zweitens überwiegt bei dieser Form der Gabe die angstlösende vor der sedierenden Wirkung. Eine relevante Bewußtlosigkeit ist nicht zu erwarten. Drittens kann der Patient dadurch nach hause gehen und muss nicht ins Krankenhaus.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

01.11.2009, 10:33
Sinn der Hyperventilationsmaske ist es in erster Linie nicht den O2-Gehalt der Einatemluft zu senken, sondern deren CO2-Gehalt zu erhöhen. Damit wird es dem Körper erschwert CO2 aus dem Blut in die Luft abzugeben und der CO2-Gehalt im Blut steigt.
Durch den zu geringen CO2-Gehalt im Blut kommt es zu einer sog. respiratorischen Alkalose (= zu basisches Blut, bedingt durch erhöhte AF). Dies hat einige Folgen, die wiederum zu vermehrter Atmung führen (bedingt durch Panik).
Um diese Spirale zu unterbrechen, muss der Betroffene entweder ruhiger atmen oder eben mit der Tüte durch einen vergrößerten Totraum und mit einem erhöhten CO2-Gehalt atmen.

Ich hoffe ich hab' jetzt euch nicht verwirrt :)

Tütenrückatmung ist also keinesfalls eine rein psychologische Maßnahme.

EDIT: Don war schneller
Zuletzt geändert von Max am 01.11.2009, 10:37, insgesamt 1-mal geändert.
Mitglied bei *dem* BRK und bei den Brandpatschen

01.11.2009, 10:37
@Don: jetzt mal eine neugierige Frage in einer Materie, von der ich absolut keine Ahnung habe. Bei dem Notfallkurs für Medizinstudenten, bei dem ich 4 Semester lang als Mime eine Hyperventilation gemimt habe, wurde in der Besprechung anschließend immer geraten, Tavor oral zu geben - ist das dasselbe wie Diazepam? Von der Beschreibung her klingt der gewünschte Prozess nämlich ziemlich ähnlich ?( (nicht, dass ich je in die Situation kommen würde, eins davon zu verwenden - mich interessierts nur trotzdem)
Caro, 28, Lehrerin.

01.11.2009, 10:42
Tavor ist nicht das Gleiche wie Diazepam, gehört aber in die selbe Wirkstoffgruppe. Würde also auch funktionieren. Tavor gibt es als Expidet, also als kleine Wirkstoffplättchen, die sich im Mund sofort auflösen. Würde also auch funktionieren. Ich kann es aber nicht leiden, da ich den Eindruck habe, dass die meisten Patienten, die wir mit Tavor prämediziert in den Op bekommen, aufgeregter sind, als die mit Vergleichssubstanzen. Ist aber eine persönliche Abneigung - funktionieren würde beides. Gegen Diazepam würde die lange Wirkdauer sprechen.
Zuletzt geändert von Don Spekulatius am 01.11.2009, 10:42, insgesamt 1-mal geändert.
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01.11.2009, 10:48
@Don:
Ich weiß auch nicht mehr ganz genau ob ich wirklich beatmet wurde, ich hab nur noch so den Beatmungsbeutel und die Maske gesehen und das Ding dann aufgesetzt bekommen. Mehr weiß ich nimmer.
Kann das außerhalb der Hyperventilation auch vorkommen das man aufhört zu schaufen wenn man Dormicum bekommt?

Tavor is Lorazepam und somit ein Benzo oder?
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01.11.2009, 10:57
Original von Minnyle
Kann das außerhalb der Hyperventilation auch vorkommen das man aufhört zu schaufen wenn man Dormicum bekommt?

Der Vorteil der Benzos wie Dormicum ist, dass sie den Atemantrieb nicht hemmen. Das Problem ist mehr, dass die Bewußtlosigkeit zu einer Verlegung der Atemwege führt. Dies kann schon bei relativ geringen Dosen passieren.

Original von MinnyleTavor is Lorazepam und somit ein Benzo oder?

Ja.
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01.11.2009, 11:12
@Don

Danke.

Wie sollte man deiner Meinung nach bei ner Hyperventilation vorgehen?
DAs mit dem Würfelzucker?
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01.11.2009, 11:23
Eigentlich hast Du doch schon alles beschrieben.
Meiner Meinung nach bewirkt schon ein ruhiges, professionelles Auftreten der Helfer eine deutliche Besserung der Situation. Der Patient wird bei Atemkommandos oft nicht verstehen, was gemeint ist. Hier kann man den Patienten auffordern, im selben Rhythmus zu atmen, wie der Helfer.

Ich würde für den Rettungsdienst noch eine Alternative vorschlagen: Wenn man den Patienten durch einen Ambubeutel atmen lässt, erhöht man seinen Atemwiderstand und wird seine Atmung etwas hemmen. Gleichzeitig ist es aber psychologisch etwas anderes als in einen Beutel zu atmen. Allerdings fällt die Rückatmung auch weg - ist also eher eine psychologische Sache.

Für den Notarzt würde ich, wie gesagt, entweder Diazepam auf Zucker (schmeckt sonst eklig), oder meinetwegen Tavor Expidet empfehlen. Was auch geht, ist Dormicum intranasal, allerdings ist hier eine relativ hohe Dosis notwendig und danach wird man den Patienten doch in die Klinik begleiten müssen.
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01.11.2009, 11:28
Als das das 2. mal bei mir gewesen is, hatte ich nen Kollegen neben mir. Ich glaub sonst hätte ich folgende Technik auch nicht bei mir machen lassen.

Der hat sich auf ne Liege gesetzt und bisschen nach hinten gelehnt, dann ham die mich auch da drauf und auf seinen Oberkörper gelegt. Er hat dann immer gsagt ich soll ihm ganz einfach nachschnaufen. Er hat richtig deutlich ein und ausgeatmet. Bei mir hats was gebracht, wie gesagt ich glaube aber nicht das das im Rettungsdienst eine Anwendung finden würde.
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01.11.2009, 14:46
Hmm... sicher das das nur "ein Kollege" war? ;-)

01.11.2009, 15:31
@peit:
Das habe ich mir auch gedacht. ;)
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01.11.2009, 16:28
Oh man was ihr wieder denkt. Es war wirklich nur ein Kollege.

Das ganze war auf einer San-Absicherung an der ich Dienst hatte.

Der hat mich dann auf seinen Schoß genommen. Das ganze hat auch gewirkt für circa 10 mins. Danach hab cih wieder angefangen. An dem San-Dienst war auch ein Doc dabei, der mir dann was gespritzt hat.
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