Kinderreanimation

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08.03.2011, 13:52
Im Erste-Hilfe-Kurs für Kindernotfälle wird gelehrt, dass man wenn man alleine ist erst eine Minute reanimieren soll und erst dann den Notruf absetzen soll. Was ist hierfür der Hinergrund?

Ich könnte mir vorstellen, dass es etwas damit zu tun hat, dass Kinder ggf. relativ schnell wieder zu sich kommen, wenn die Ursache in der Atmung liegt und die Eltern dies gleich mitbekommen haben.

Ich selbst sehe diese Lehrmeinung aber skeptisch, weil ich denke, dass die meisten Eltern mit der Situation überfordert sein werden und sich deshalb meiner Meinung nach von der Leitstelle beruhigen und zur Reanimation anleiten lassen sollen.

08.03.2011, 15:27
Ja, dies ist Aussage nach ERC 2010 Richtlinien ALS, wenn alleine 1 Minute CPR alleine, dann Notruf.

Eine Antwort auf diese Frage kann dir Don als Mediziner bestimmt genauer beantworten, könnte mir aber auch vorstellen, dass es etwas mit der Atmung/Sauerstoff zu tun hat, bei Kinder beginnt man ja mit 5 Initialbeatmungen.
Zuletzt geändert von Helpman1993 am 08.03.2011, 15:28, insgesamt 1-mal geändert.
19 Jahre. Abiturient. Helfer-vor-Ort. Rettungssanitäter. Nebenamtlich im Rettungsdienst. Humanmedizinstudent im 2. Semester, EKT. Ausbilder EH, LSM, EH am Kind.

08.03.2011, 15:29
Der Hintergrund des "Call fast" im Gegensatz zu "Call first" ist tatsächlich der wahrscheinlichste Grund für die Leblosigkeit.

Manche pulmonalen Ursachen lassen sich angeblich (ich habs zum Glück noch nie selbst ausprobieren müssen) innerhalb einer Minute beheben, so dass die Zahl der dadurch Geretteter gegenüber denen die durch die Minute Verzögerung Schaden erleiden überwiegt. Denkbar wären zum Beispiel verlegte Atemwege.
Das "Call fast"-Prinzip gilt auch für Erwachsene nach Ertrinkungsunfällen.

In der Praxis sieht es vermutlich ja oft so aus, dass man nicht alleine ist und beide Maßnahmen parallel ergriffen werden können.

Aus meinem Bekanntenkreis kenne ich einen Fall, dort hat ein RK'ler seinem Kind so das Leben gerettet.

Ich denke wer nicht mehr weiß was er tun soll wählt ohnehin den Notruf, da kann es nicht schaden, wenn manche in dieser Situation einfach etwas "effektiver"(mir fällt grad kein anderes Wort ein) handeln.
Mitglied bei *dem* BRK und bei den Brandpatschen

08.03.2011, 19:42
Manche pulmonalen Ursachen lassen sich angeblich (ich habs zum Glück noch nie selbst ausprobieren müssen) innerhalb einer Minute beheben, so dass die Zahl der dadurch Geretteter gegenüber denen die durch die Minute Verzögerung Schaden erleiden überwiegt.


Du meinst das Richtige - Ursache für einen Herz-Kreislauf-Stillstand ist beim Erwachsenen meist eine kardiale Ursache, beim Kind meist Hypoxie, also eine Sauerstoffunterversorgung (die Ursache ist meist nicht pulmonal - also durch die Lunge Bedingt).

Daher bekommen Kinder Initialbeatmungshübe - da im Gegensatz zu einem Erwachsenen eben nicht davon ausgegangen wird, dass das Blut noch Restsauerstoff enthält, den man zirkulieren lassen kann, anschließend wird erst reanimiert. Dieses ist auch das, was der Rettungsdienst machen würde - von daher profitiert das Kind hier vom frühen Beginn, nicht vom Rettungsdienst - der ohnehin die Reanimation fortsetzt.
Beim Erwachsenen und einer statistisch deutlich höheren Wahrscheinlichkeit einer kardialen Ursache für den Herz-Kreislauf-Stillstand wird auf die Initialbeatmungen verzichtet (da hier das Blut noch gesättigt ist und die Lunge Sauerstoff enthält) und der Notruf sehr frühzeitig abgesetzt - hier profitiert der Patient vom frühen Eintreffen des Rettungsdienstes eher, weil dann eine spezifische Therapie (z.B. Defibrillation) eher möglich ist.

08.03.2011, 20:07
Stimmt, falsch ausgedrückt, sorry.

Wieseo findet bei einem Erwachsenen aber das "Call fast"-Prinzip bei Ertrinkungsunfällen Anwendung, nicht aber Initialbeatmungen?
Zuletzt geändert von Max am 08.03.2011, 20:08, insgesamt 1-mal geändert.
Mitglied bei *dem* BRK und bei den Brandpatschen

08.03.2011, 21:42
Letztendlich sind die Guidelines so ausgelegt, möglichst wenig Sonderfälle zu haben und alles zu vereinheitlichen - einfach, damit sie leicht zu lehren und anzuwenden sind.

Von daher ist die Trennung "kinder - eher Hypoxie" und "erwachsene - eher kardial" sinnvoll, da dieses die Statistik so hergibt. Sicherlich gibt es auch mal Kinder, die angeborene Herzfehler haben und daher einen kardial bedingten Herzstillstand haben ebenso, wie Erwachsene, die eine Hypoxie haben und daraufhin einen Herzstillstand haben - wenn man allerdings all diese Sonderfälle mit abdecken möchte, werden die Reanimationsleitlinien sooo umfangreich, dass sie kaum noch vermittelbar sind und mehr Unsicherheiten als Klarheit bringen. Die letzten Jahre zeigt sich ein eindeutiger Trend zu Vereinfachungen - einfach, damit was gemacht wird - zu komplizierte Verfahren führen dazu, dass eher nichts gemacht wird, aus Angst, etwas falsch zu machen.

Wieseo findet bei einem Erwachsenen aber das "Call fast"-Prinzip bei Ertrinkungsunfällen Anwendung, nicht aber Initialbeatmungen?

Das Vorgehen mit den 5 Initialbeatmungen bei Ertrinkungsopfern ist eben aus Gründen der Vereinfachung nicht in den normalen Ausbildungen enthalten, sondern nur dort, wo mit einem erhöhten Anteil an solchen Patienten zu rechnen ist (Wasserrettung, Bademeister...) - Sinnvoll ist das Vorgehen mit Initialbeatmungen in diesen Fällen aber schon.
The same modifications of 5 initial breaths and 1min of CPR by the lone rescuer before getting help, may improve outcome for victims of drowning. This modification should be taught only to thosewhohave a specific duty of care to potential drowning victims (e.g. lifeguards).
Zuletzt geändert von Markus am 08.03.2011, 21:44, insgesamt 1-mal geändert.

08.03.2011, 22:27
Ok danke!
Mitglied bei *dem* BRK und bei den Brandpatschen


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