SSD aufbauen

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12.09.2014, 11:18
Hallo zusammen,

ich bin von unserem Kreisverband gefragt worden, ob ich die AG "Erste-Hilfe" an einer Schule bei uns in der Stadt "leiten" will. Kurz zur Info ich bin 26, bin San-Helfer und EH-Ausbilder sowie Brandschutz- und Sicherheitsbeauftragter bei uns im OV und jetzt seit gut 2 Jahren wieder im DRK.
Die Sozialpädagogin die die AG ins Leben gerufen hat, würde gerne nach dem Halbjahr, wenn die Schüler Interesse dran haben und sie das Kollegium überzeugen kann, einen SSD aufzubauen, den ich dann auch mit aufbauen und 'leiten' soll.

Ich würde gerne mal eure Erfahrungen usw. hören, wenn ihr schon mal einen SSD auf- oder mit aufgebaut habt.
Über Tipps, Anregungen und Vorschläge bin ich immer offen.

Vielen dank bereits schonmal.

Viele Grüße
Felix
12.09.2014, 11:27
Hallo Felix,

ich hab gerade nicht viel Zeit, aber vorab schon mal der Hinweis auf unsere FQA. Da findest du auf jeden Fall schonmal einige Anhaltspunkte, die interessant sein könnten. Ich bin mir aber sicher, dass dir einige User auch noch weitere gute Informationen geben werden :) Leider ist Caro gerade nicht ganz fit, sie hat auf jeden Fall Erfahrung im Aufbau von SSDs. Sogar von beiden Seiten aus betrachtet.

Achja, herzlich willkommen! ;)
Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können. (Albert Einstein)
12.09.2014, 12:05
Kerstin: Laptops sind mobil und somit auch im Bett anwendbar ;)

Daher will ich gleich mal die Zeit nutzen, um ein bisschen von meinen Erfahrungen zu berichten.

Vorweg für dich zum Einschätzen meiner Schilderungen: Ich bin 27 und seit diesem Sommer frischgebackene Realschullehrerin. Meinen ersten SSD habe ich als Oberstufenschülerin an meinem damaligen Gymnasium aufgebaut - damals war das im KV und an der Schule noch komplettes Neuland. Irgendwie hat mich die Arbeit mit den Kids dann motiviert, nach dem Abi in Richtung Lehramt zu gehen und im Referendariat hatte ich dann im ersten Jahr die Chance, einen bestehenden SSD aufzufrischen (dort lief einiges nicht) und zu unterstützen und letztes Jahr dann an meiner Einsatzschule das Projekt nach 10 Jahren gründerischer Pause und einem Perspektivenwechsel mal wieder komplett von vorne aufzuziehen - zwischendrin lag meine Arbeit vorwiegend hier im Forum und eben ganz normal in den Bereitschaften.

Wenn du dich dem Projekt von außen näherst, solltest du das alles in mehreren Schritten tun.

Schritt 1: Was will ICH eigentlich?
Mach dir ausreichend Gedanken darüber, wo du mit deiner Arbeit am Ende hinmöchtest. Was soll dein Schulsanitätsdienst können? Was braucht er dafür? Wie kriegst du ihn zu den Fähigkeiten und den Materialien? Wo liegen deine Möglichkeiten, wo brauchst du externe Unterstützung?
Will heißen: Möchtest du, dass in deinem Schulsanitätsdienst Schüler sind, die möglichst breit ausgebildet sind, oder reicht es dir, wenn sie durchaus sehr fundierte und nach Bedarf erweiterte Erste-Hilfe-Kenntnisse haben, die sie dafür sicher beherrschen?
Antworten auf solche Fragen solltest du vorbereitet in der Hinterhand haben, bevor es an Schritt 2 geht.

Schritt 2: Was wollen DIE ANDEREN (Schulleitung, KV)?
Kläre, in wieweit das Projekt bei der Schulleitung der betreffenden Schule Zuspruch findet und kläre eventuelle Bedenken. Hier ist es unheimlich wichtig, dass du deine Hausaufgaben aus Schritt 1 ordentlich gemacht hast, da du so recht zügig und fundiert auf eventuelle Fragen antworten kannst und Vertrauen gewinnst.

Schritt 3: Wie lassen sich die Ergebnisse aus Schritt 1 und 2 auf einen gemeinsamen Nenner bringen?
Sind sich schon alle Beteiligten einig? Wo gibt es noch Klärungs- oder Handlungsbedarf? Was muss hier konkret getan werden. Und vor allem wie und bis wann?
Typisches Beispiel für Uneinigkeiten, das an so gut wie jeder Schule auftritt: Bedenken im Kollegium. Wir Lehrer haben gesetzlich betrachtet während der kompletten Schulzeit die Aufsichtspflicht über die Schüler, die uns anvertraut sind. Verletzte oder erkrankte Schüler bedürfen einer besonderen Aufsicht - und dann kommt da ein motivierter Herr vom Roten Kreuz (oder einer sonstigen Hiorg) und will dem Lehrer an sich weißmachen, dass sich da schon die Schulsanis drum kümmern werden? Wo der Lehrer doch selsbt völlig unsicher ist, wie er sich in einem solchen Fall verhalten soll und Angst hat, irgendwas falsch zu machen? Da ist Gegenwehr leider vorprogrammiert und bedarf sehr viel Verständnis (Mal ganz ehrlich: Klingt doch auch im ersten Moment etwas seltsam, gerade in so Situationen einen Teil der Verantwortung abtreten zu sollen) und Überzeugungsarbeit. So wurde das Vorhaben an meiner letzten Schule erst akzeptiert, als ich mit vielen Kollegen Gespräche geführt hatte und sichergestellt war, dass die Schulsanitäter trotzdem unter Aufsicht handeln ("Ihr müsst ja nicht den Raum verlassen, soabld die Schulsanis da sind, wenn euch das unlieb ist. Sie ersetzen euer Handeln nicht, sondern unterstützen es") und die SSDler nichts tun, was sie sich selbst nicht zutrauen ("Die Schulsanitäter sind alle angehalten, zuzugeben, wenn Ihnen etwas zu viel ist oder sie etwas nicht leisten können und wissen auch, wen sie in dem Fall hinzuziehen können." -> In dem Fall mich und zwei weitere Kollegen, die notfallmedizinische Erfahrungen und Ausbildungen hatten. Hat super funktioniert). Aus den Gesprächen ergab sich dann auch die Bestätigung für mein Vorhaben, das ganze auf erweitertem EH-Niveau und nicht auf San-Niveau laufen zu lassen. Ich habe mich bewusst gegen die Anschaffung von beispielsweise Tragen entschieden, weil die Kids auch super Arbeit vor Ort leisten konnten und das mit dem Umlagern dem Rettungsdienst überlassen haben, der damit mehr Erfahrung hatte. Anders war es bei der Samsplint: Die wurde zusätzlich angeschafft und an einem Tag der offenen Tür konnten sich die Kollegen überzeugen, was man damit alles machen kann.

Schritt 4: Konkrete Planung
Spätestens jetzt solltest du dir darüber im Klaren sein, welche Schülergruppen du in den SSD mit aufnehmen möchtest (z.B. ab der 8. Klasse) , welche Bedingungen die Kids erfüllen müssen (in meinem Fall durften sie nicht versetzungsgefährdet sein), wann und wo die Ausbildung ablaufen soll und wie genau Dinge wie Alarmierung des SSDs vonstatten gehen sollen.

Schritt 5: Umsetzung
Alles immer schön in Absprache mit der Schulleitung, damit die sich nicht übergangen fühlt.

Schritt 6: Regelmäßige Reflexion
Klappt alles so, wie ich/die Schule/der SSD es will? Wo gibt es Schwierigkeiten, was können wir anders/besser machen?


Zugegeben, der Teil war jetzt erstmal recht theorielastig und sicherlich auch variabel, beschreibt aber mein Vorgehen beim letzten Mal.

Wichtig ist, dass du nicht mit der Tür ins Haus fällst. Sei gut vorbereitet und lass vor allem deinen Schulsanitätern Zeit, gut vorbereitet zu werden, bevor sie den aktiven Sandienst übernehmen. Eine gewisse Grundlagenausbildung sollte vorausgegangen sein, bevor sie ihre Arbeit aufnehmen. Wichtig ist hier, dass du eine gute Mischung aus so wenig Theorie wie nötig und so viel Praxis wie möglich findest. Bedenke, dass die Kids schon den ganzen Vormittag über leider doch recht häufig theorielastigen Unterricht über sich ergehen lassen müssen und nachmittags froh sind, wenn sie mal was praktisches machen können. Ich handhabe es in der Regel so, dass ich die Theorie in die Praxis mit einfließen lasse und während der Übungsphasen imemr wieder Verknüpfungen zu vorherigen Einheiten herstelle, anstatt alles am Anfang in ein Großes Ganzes zu wurschteln. Aber das muss ich dir glaube ich nicht groß erzählen, wenn du von Hiorg-Seite kommst ;)

Und jetzt geh am besten mal die einzelnen Punkte durch und scheue dich nicht, Fragen zu den Teilen zu stellen, die du gerne noch vertiefter beantworet hättest. Die Antworten sind sicherlich da, allein mir fehlt gerade der Überblick, was du genau wissen wollen könntest ;)

Liebe Grüße

Caro


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