Verbrennungen nicht kühlen - Didaktik

Alle Themen die ihr nicht unter bekommt, könnt ihr hier posten! Bitte schaut aber vorher nochmal im Forum, ob es nicht vielleicht doch besser woanders hinpassen könnte.

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04.03.2012, 17:26
Original von Hallo123
Wir machen es so: Zur individuellen Steuerung werden Stundendiurese (Zielwert 0,5–1 ml/kgKG), mittlerer arterieller Blutdruck (Zielwert >70 mmHg), zentralvenöser Druck und zentralvenöse O2-Sättigung, Hämatokrit und regelmäßige Bestimmungen des Körpergewichts eingesetzt.

EDIT: Das sollte hier aber eigentlich keine Rolle spielen. Stundendiurese und MAP kennen die meisten hier genausowenig wie den ZVD.
Und auch eine Diskussion über die Parkland-Formel ist hier unangebracht, weil die wenigsten überhaupt eine Volumentherapie machen.
Prinzipiell finde ich die Parkland-Formel sinnvoll, weil sie eine allzu forcierte Volumengabe unterbindet. Das ist doch schonmal ein Anfang.



DAS und nichts anderes ist der Grund, warum ich in diesem Forum bin! Langweilige EH-Leitlinien runterbeten und SAN-Verbote wiederholen kann jeder und man hört es auch dauernd. Die unglaublich große Chance in diesem Forum ist es, Sachen aus höheren Ausbildungen und aus der Praxis mitzukriegen!

Für solche Beiträge lohnt sich das Lesen hier! Danke :)
Mein Verein: DLRG
Meine Ausbildung: Sanitäter und Wasserretter

04.03.2012, 17:34
Ohne jemand angreifen zu wollen:

Das sollte man grob wissen, wenn man Sanitäter ausbilden will. Für den EH-Bereich nicht unbedingt.
Oft erschließt sich mit dem Wissen aus Praxis oder vermeintlich "besserer" Ausbildung dann auch der Sinn der vermeintlich langweiligen EH-und SAN-Aussagen. Und als Ausbilder sollte man die eben nicht nur runterbeten können (das kann schon leider nur ein geringer Teil), sondern eben auch mit entsprechendem Hintergrundwissen Erklärungen dazu liefern können. Und das Ganze nach Möglichkeit mit der entsprechenden Lehr-Idee spannend vorgetragen...

Außerdem - und da wiederhol' ich mich gern - ist im Bereich der Breitenausbildung eine ganz klare Vorgabe von Handlungsabläufen zunächst nötig. Einem erfahrenen Kollegen kann man "konstruktivistisch" Lehrinhalte vermitteln, einem "Neuling" geht das eben nur mal "behavioristisch". Dazu haben aber mittlerweile ja auch ein paar schlaue Pädagogen das ein oder andere Büchlein geschrieben. Die meisten erfahrenen Dozenten werden das so unterschreiben können...

Wenn nicht wäre DAS jetzt der richtige Augenblick für eine pädagogische Grundsatzdiskussion, die der Threadersteller ja eigentlich mal anregen wollte:)

Also - wer "Nein" sagt schreibt mindestens ne halbe DIN A4-Seite:)
Zuletzt geändert von leuchtreklamefahrer am 04.03.2012, 17:40, insgesamt 1-mal geändert.

04.03.2012, 18:00
Original von krumel


@Hallo: Was verstehst du denn unter einer "allzu forcierten Volumentherapie"?


Ich habe noch Kollegen, die bei Polytraumen/Verbrennungen einfach Wasser reinkippen ohne nachzudenken.

Überinfusion, Ödembildung, Elektrolytverschiebungen sollten mindestens jedem Rettungsdienstler einfallen, wenn er Wasser oben reinkippt, bis nichts mehr reingeht.

Ich erwarte ja gar nicht, dass Ärzte oder RD´ler die (patho-) physiologischen Zusammenhänge mit der endothelialen Glykokalyx nachvollziehen können. Das wird bisher auch kaum an den medizinischen Fakultäten gelehrt... :rolleyes:

04.03.2012, 18:15
Hmmm.... Alle mir bekannten Verbrennungsmediziner beklagen sich eher das sie die Patienten mit Z.n. zu zögerlicher Volumengabe, oft sogar massivst hypovolämisch erhalten....

04.03.2012, 18:20
Aha?! Hmm das ist mir neu. Interessant! Haste ne Quelle?

Die Hypervolämie war doch ursprünglich DER Grund, wieso plötzlich die Baxter-Parkland-Formel in aller Munde war?!

04.03.2012, 18:39
Original von leuchtreklamefahrer
Ohne jemand angreifen zu wollen:

Das sollte man grob wissen, wenn man Sanitäter ausbilden will. Für den EH-Bereich nicht unbedingt.
Oft erschließt sich mit dem Wissen aus Praxis oder vermeintlich "besserer" Ausbildung dann auch der Sinn der vermeintlich langweiligen EH-und SAN-Aussagen. Und als Ausbilder sollte man die eben nicht nur runterbeten können (das kann schon leider nur ein geringer Teil), sondern eben auch mit entsprechendem Hintergrundwissen Erklärungen dazu liefern können. Und das Ganze nach Möglichkeit mit der entsprechenden Lehr-Idee spannend vorgetragen...

Außerdem - und da wiederhol' ich mich gern - ist im Bereich der Breitenausbildung eine ganz klare Vorgabe von Handlungsabläufen zunächst nötig. Einem erfahrenen Kollegen kann man "konstruktivistisch" Lehrinhalte vermitteln, einem "Neuling" geht das eben nur mal "behavioristisch". Dazu haben aber mittlerweile ja auch ein paar schlaue Pädagogen das ein oder andere Büchlein geschrieben. Die meisten erfahrenen Dozenten werden das so unterschreiben können...

Wenn nicht wäre DAS jetzt der richtige Augenblick für eine pädagogische Grundsatzdiskussion, die der Threadersteller ja eigentlich mal anregen wollte:)

Also - wer "Nein" sagt schreibt mindestens ne halbe DIN A4-Seite:)


Also, ich hab den Adressaten dieses Posts nicht klar indentifizieren könne, tue aber einfach mal so, als wäre er (auch) an mich gerichtet:

Ich vermute, du willst damit sagen, dass diese Informationen durchaus einem SAN-Ausbilder bekannt sein sollten und ich diese bei Interesse also auch haben sollte.

Das Problem ist: Leider ist das Ziel der meisten Ausbilder und Teilnehmer NICHT, Wissen zu erlangen, sondern mit möglichst wenig (vorallem) zeitlichen Aufwand einen Schein zu bekommen, oder eben klare und einfache Handlungsanweisungen zu vermitteln.

Ich habe mich bei meiner SAN A und B Ausbildung massiv unbeliebt gemacht, weil ich Fragen gestellt habe, weil dass eben den Großteil der Gruppe am Erreichen des Ziels hindert...

In einem Punkt kann ich dir voll und ganz zustimmen: Die Sinnhaftigkeit von EH (oder SAN) Aussagen wird einem oft erst klar, wenn man mehr Weiß, also höher qualifiziert ist.

Meine persönliche Erfahrung ist auch die, dass -am Beispiel der DLRG- wenn ich einen guten Ersthelfer brauche, ich einen SAN A'ler nehme und wenn ich gute erweiterte (SAN A) Maßnahmen brauche, ich am besten einen SAN B'ler nehme...

Und die Sache mit dem "behavoiristisch" und "konstruktivistisch":

100% Zustimmung. Unser SSD hat das Problem, dass die Ausbildung ziemlich theoretisch und voll mit Hintergrundinformationen war, aber kaum Handlungsanweisungen oder Vorgehensweisen enthielt... dies führt dazu, dass wir teilweise große probleme haben, hier wäre ein behavioristischer Ansatz besser gewesen.
Mein Verein: DLRG
Meine Ausbildung: Sanitäter und Wasserretter

04.03.2012, 18:45
Original von Hallo123
Original von krumel


@Hallo: Was verstehst du denn unter einer "allzu forcierten Volumentherapie"?


Ich habe noch Kollegen, die bei Polytraumen/Verbrennungen einfach Wasser reinkippen ohne nachzudenken.


Wasser ist ja nun auch mal gar nicht das Mittel der Wahl. ;-) Hypotone Hyperhydratation, die armen Erys...
:D
LSM 199?, EHK 2002 ... ;-)

04.03.2012, 19:05
Danke erstmal für die angeregte Diskussion ;)

Nur um das kurz klarzustellen: Mir war durchaus bewusst, warum bei Verbrennungen nicht gekühlt werden soll (das Hintergrundwissen ist also vorhanden ;-) ).
Es ging mir mit der Ausgangsfrage wirklich nur darum, wie man das Ganze dem Kursteilnehmer didaktisch sinnvoll rüber bringt, da Kühlen, wie gesagt, eine sehr intuitive Maßnahme ist.

Vielleicht hat ja jemand in der Richtung noch eine interessante Idee.

04.03.2012, 20:19
Original von Hallo123

Ich erwarte ja gar nicht, dass Ärzte oder RD´ler die (patho-) physiologischen Zusammenhänge mit der endothelialen Glykokalyx nachvollziehen können. Das wird bisher auch kaum an den medizinischen Fakultäten gelehrt... :rolleyes:


Dooohoooch! :) Meine Alma Mater macht das. :P
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
ASP - Sage Nein!

05.03.2012, 05:12
Original von Hallo123
Aha?! Hmm das ist mir neu. Interessant! Haste ne Quelle?

Die Hypervolämie war doch ursprünglich DER Grund, wieso plötzlich die Baxter-Parkland-Formel in aller Munde war?!


Ich habe bis jetzt erst eine Antwort von den angefragten Personen erhalten&leider noch keine Quellen, die angeschriebene Person (OA eines Verbrennungszentrums) schreibt hierzu:

Das Problem der Hypervolämie von Verbrennungspatienten ist im englischsprachigen Raum weitaus ausgeprägter. Dies ist in lokalen Eigenheiten bezüglich der Verwendung von Kolloiden bzw. Katecholaminen zu suchen. Um es vereinfacht auszudrücken wird dort unabhängig vom Erkrankungsbild eine offensivere Fluidtherapie verwendet als es im mitteleuropäischen Raum üblich ist.
Im Rahmen der Patienten die unser Haus in den letzten Jahren aufgenommen hat fällt dagegen auf, dass die Patienten die durch die im Notarztdienst tätigen Kollegen direkt in unser Haus gebracht werden im Regelfall hypovolämisch sind. Dies steht im Gegensatz zu den aus anderen Häusern zu uns verlegten Patienten die weitaus häufiger hypervoläm sind.

05.03.2012, 06:49
Also ist es ein lokales Phänomen? :D

05.03.2012, 07:35
Eher nicht, ich bin auch aus einem schweizerischem Zentrum mal beinahe "rausgeweht" worden weil der Patient nach Meinung des Docs zu wenig Flüssigkeit hatte.... (Übersetzt by me) "Immer bringt mir der Rettungsdienst total hypovoläme Patienten! Verdammt!"

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