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Digitalfunk: hui oder pfui?

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 18:31
von Piet95
Hi Leute,

ein Bericht im Feuerwehrmagazin hat mich motiviert einfach mal in die Runde zu fragen: Wie siehts bei euch mit dem Digi-Funk aus? Habt ihr ihn schon? Funktioniert er auch?
Was haltet ihr / eure Kameraden im OV / der Wehr davon?

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 19:38
von Don Spekulatius
- Nö, haben wir noch nicht
- Soll bald kommen
- Ist die Lösung für ein nicht existentes Problem, weil ohnehin heute jeder übers Handy kommuniziert.

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 19:46
von Piet95
kurz und prägnant. Wie immer :D

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 19:59
von Oskar
- Soll bald kommen, da wir aber aus anderen Gebieten aber bereits Ausfälle bekannt sind wird es für die Probezeit parallel zum 4m Funk laufen.

- Vorteile: Rauschunterdrückung, Gesprächsgruppen, Ortung, Abhörsicher

- Nachteile: Keiner weiß etwas vom anderen, Verzögerung zwischen drücken der Sprechtaste und Sprechen, nutzt in Gebäuden mit dicken Wänden nicht viel, verkomplizierung des Funkens, Funkgeräte sind zu klein und zu fuddelig (ich will mal einen sehen der mit Handschuhen an daran was einstellt), Leitstellen und Fahrzeuge müssen mit hohem Kostenaufwand umgerüstet werden

kurzum: ich mag den Digitalfunk nicht, er ist ur sinnlose Geldverschwendung und Verkompliziert nur alles

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 20:22
von Feuerengel
Ich bin schon mal in den Genuss gekommen mit Digitalfunk (2m) / DMO oder wie das auch heißt, zu arbeiten.
Wir haben es im Rahmen einer Gebäudebegehung eines Logistikzentrums genutzt.
Ganz klarer Pluspunkt: Da wo man mit dem normalen 2m Funk nicht mehr weiter kam (Reichweite, begrenze durch Bebauung durch Wände Hochreallager etc.) ging mit dem Digitalfunk noch einiges!

Das heißt nun nicht dass ich davon ein großer Fan bin, denn "meine" Kosten(Aufwand)/Nutzten Rechnung geht zugunsten des altbewährten Funks aus...

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 20:43
von krumel
Original von Oskar

- Nachteile: Keiner weiß etwas vom anderen, Verzögerung zwischen drücken der Sprechtaste und Sprechen, nutzt in Gebäuden mit dicken Wänden nicht viel, verkomplizierung des Funkens, Funkgeräte sind zu klein und zu fuddelig (ich will mal einen sehen der mit Handschuhen an daran was einstellt), Leitstellen und Fahrzeuge müssen mit hohem Kostenaufwand umgerüstet werden

Das ist so nicht richtig.
1. Das keiner was vom anderen weiß ist eine Frage der Konfiguration des lokalen Systemes. Es ist rein technisch nicht so, dass man nicht alle Teilnehmer in eine Gruppe schalten könnte. Es wird nur oft von den jeweiligen Verantwortlichen nicht gewünscht. Praktisch sind es am Steuerrechner zwei Mouseklicks bzw. ein veränderter Parameter.
2. Grade in Gebäuden mit dicken Wänden spielt Tetra seine Stärke aus, da du extrem einfach (im Idealfall automatisch) deine eigene Repeaterkette legen kannst. Hier ist der Tetra-Funk dem bisherigen Analogfunk deutlich überlegen.
3. Was du mit der Verkomplizierung meinst ist mir auch nicht ganz klar. Wenn gewünscht kann die komplette "komplizierte Seite" automatisiert bzw. auch Leitstellen oder Kommandostandseitig erledigt werden. Dann muss der Anweder nicht mehr tun als den Sprechknopf finden...
4. Das "zu klein" meinst du nicht ernst, oder? Anbei: Es gibt auch "schön große" Tetra-Geräte...
5. Und zum Schluss: Die Sprechverzögerung ist technisch gesehen bei einem optimierten Netz (und davon ausgehend das nicht DMO-Repeaternetze genutzt werden) nicht größer als die für die FMS-Übertragung genutzte Zeit. Der Unterschied ist nur, dass letzteres der "Sprecher" nicht mitkriegt.

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 21:00
von Oskar
na wie du 1. schon sagst, es ist eine Sache der Konfi und es wurde eigentlich immer davon gesprochen, dass man dann ja verschiedene Kreise auch im 4m Bereich bilden kann.
Wenn also eine Feuerwehr A im Einsatz (Status 3/4) ist und die Nachbahrwehr B ist grade Tanken (Status 1/6) in A und A kriegt nen 2. Einsatz kann sich B icht so einfach dafür anbieten.

Von den Repeaterketten hatte ich bisher noch nichts gelesen, aber wenn du das so sagts ist das super.

BeitragVerfasst: 05.11.2011, 22:29
von Hajo Behrendt
Ich hatte schon mehrmals die Gelegenheit, mittels einer Polizei-Testzelle Digitalfunk auf Veranstaltungen auszuprobieren. Zumindest bis letztes Mal der Blitz in den Repeater eingeschlagen ist... Seither ist "Funkstille" im hohen Norden :D

Ich stehe dem Digitalfunk skeptisch gegenüber.

Natürlich ist der bisherige Analogfunk nicht mehr Stand der (abhörsicheren) Technik, aber er arbeitet zuverlässig. Defekte kann man kostengünstig tw. noch selbst reparieren.

Wer als Einführungsgrund die "Abhörsicherheit" angibt, ist nicht mehr auf dem neuesten Stand. Die Verschlüsselungstechnik im Digitalfunk hat sich in den letzten Jahren so rasant weiterentwickelt, dass die Verschlüsselungsstufe des geplanten deutschen digitalen BOS-Funks bereits vor EInführung hoffnungslos veraltet ist.

Grund dafür ist natürlich auch die ewig lang dauernde Umstellungsphase. Ich habe es noch im Ohr: Bis zur Fussball-WM 2006 soll der Digitalfunk deutschlandweit implementiert sein... Ha Ha Ha...

Inzwischen sind wir in SH bei der X-ten Verschiebung des Starttermins; viele Kommunen (FF) haben keine Rücklagen für die neuen Geräte gebildet und gegen einige Sendemasten wird auch noch geklagt.

Theoretisch soll der Digitalfunk das 2- und 4m-Band ersetzen. Das heißt, dass nicht nur jedes Fahrzeug, sondern auch jede Feuerwehr und HiOrg mit ausreichend Handgeräten ausgestattet werden müsste.

Da das schlicht nicht bezahlbar ist, heißt es, dass zumindest das 2m-Band für den Einsatzstellenfunk noch "auf unbestimmte Zeit" weiterverwendet werden soll.

Realistisch ist wohl auch im hauptamtlichen Bereich mit einer kompletten Umstellung nicht vor 2016 zu rechnen. Frühestens...

Ich sehe das mal gelassen und denke, dass zumindest in SH der gute alte Analogfunk noch länger seinen Dienst tun wird.

Schön ist es zu sehen, wenn die neue Technik, die zurzeit in Leitstellen verbaut wird, nicht reibungslos mit dem Analogfunk kompatibel ist. Unsere neue Vorzeige-Leitstelle im gaaanz hohen Norden hat damit auch schon mehrmals Probleme gehabt, die einen Totalausfall der Technik zur Folge hatten...

BeitragVerfasst: 06.11.2011, 00:26
von Piet95
Meiner Meinung nach hat die Bundesregierung den Digitalfunk nur aus Gruppenzwang eingeführt. Er kostet Geld (das keiner hat) bringt Probleme (für die ganz unten in der Befehlskette, also uns). Ist wieder so eine Oh-mein-Gott-alle-europäischen-Länder-haben-es-nur-wir-nicht-dann-mal-schnell-die-billigste-Lösung-suchen-und-möglichst-ohne-Tests-einführen-und-PR-wirksam-verkaufen.

Ich persönlich finde den Analogfunk um Längen einfacher und besser als den Digitalfunk. Was bringen den die ganzen Funktionen des Digitalfunks? Richtig, Probleme, aber davon genug.

BeitragVerfasst: 06.11.2011, 08:21
von abgesoffen
Wir sollten 2006 zur WM in die Testphase gehen. Verschoben. Mittlerweile haben KBM und KBR Digitalgeräte zu Testzwecken. Vor nicht all zu langer Zeit sind wir aus der Testphase erst mal wieder ausgestiegen wegen zu großer Probleme mit dem System.
Persönlich gesagt, glaube ich erst daß der Digitalfunk eingeführt wird, wenn ich ein (funktionierendes) Gerät in der Hand halte.

Die Technik, welche eingesetzt wird, ist im Grunde jetzt schon veraltet. Die Übertragungsraten sind nahe der Anfangszeiten der digitalen Handynetze gleich.
Dann natürlich auch das Problem mit dem Empfang in Gebäuden.

Bin mal gespannt, wie und wann die Einführung geschehen wird.

BeitragVerfasst: 06.11.2011, 10:09
von Don Spekulatius
Naja - wir bekommen 2012 die notwendigen Schulungen und das Geld für die Endgeräte ist auch schon vorhanden. Übrigens bekommt jeder LNA sein eigenes. :D

BeitragVerfasst: 06.11.2011, 10:49
von Piet95
Man kann an diesen Geräten so viel verstellen. Man brauch nur ein paar falsche Tasten zu drücken und schon ist man auf einem ganz falschen kanal und kommt nie zurück.

Mir selbst ist es während einer Übung schon mal passiert, als ich das Funkgerät in der Brusttasche hatte, dass ich irgendwie an den Sender aus Knopf gekommen bin. Im Innenangriff wäre das für den Trupp sehr gefährlich geworden.

BeitragVerfasst: 06.11.2011, 11:30
von madhef
Nachteilig sind meines Erachtens folgende Punkte:

1. Die damals™ versprochenen Dienstmerkmale werden nicht oder nur eingeschränkt verfügbar sein.

2. Die Vernetzung mit BOS anderer EU-Länder ist aufgrund unterschiedlicher Systeme TETRA /TetraPol sowie der für Deutschland geforderten Verschlüsselung entgegen ursprünglicher Versprechunegn nicht möglich.

3. Abhängigkeit digitaler Systeme von zentralen Steuereinheiten.

4. Die Überalterung des Systems bereits vor der Implementierung (wobei das im Kontext moderne Technik / öffentliche Hand immer der Fall sein wird)


Original von Piet95
Mir selbst ist es während einer Übung schon mal passiert, als ich das Funkgerät in der Brusttasche hatte, dass ich irgendwie an den Sender aus Knopf gekommen bin. Im Innenangriff wäre das für den Trupp sehr gefährlich geworden.


Letztlich auch eine Frage der Programmierung. Geh grundsätzlich mal davon aus, daß die Endgeräte im Regelbetrieb weitaus weniger Funktionsmöglichkeiten haben werden als theoretisch möglich wären und teilweise bei Testbetrieben genutzt wurden.


Original von Hajo Behrendt
Ich sehe das mal gelassen und denke, dass zumindest in SH der gute alte Analogfunk noch länger seinen Dienst tun wird.


Ich sehe da leider etwas schwarz - zumindest im 4m-Bereich. Schon jetzt scheint es schwierig zu sein Ersatzteile für Gleichwellenfunkumsetzer etc. zu erhalten und man muß mehr als zuvor auf runderneuerte Teile zurückgreifen. Natürlich bei im Vergleich steigenden Preisen.

Der BOS-Bereich ist für die Hersteller kein so großer Markt, als daß es sich lohnen würde die Infrastruktur vorzuhalten um diese mit Ersatzteilen oder gar Neugeräten zu versorgen.

BeitragVerfasst: 06.11.2011, 12:07
von krumel
@Oskar: Wenn das so ist dann liegt das aber an euren "Gottobersten". Wie die Gruppen aufgeteilt werden liegt ganz an der lokalen Führungselite. Da gibt es verschiedenen Konzepte. Sei es das man wie gehabt "alle auf eine Gruppe setzt (was nicht wirklich sinnvoll ist), dass man "alle freien" auf eine Gruppe setzt oder das man "Ortsabhängige" Gruppen führt, sprich jeder der in XY ist wird in Gruppe XY gesetzt.
Technisch ist der Kreativität da keine Grenze gesetzt. Kleines Beispiel am Rande: In Tirol wurden/werden stellenweise alle freien Fahrzeuge des gesamten Landes auf einen Kanal gesetzt.

@Hajo: Nur anbei, wer sich an Funkgeräten nach TR-BOS zu schaffen macht und meint daran "selber" rumdoktoren zu machen begeht eine Ordnungswidrigkeit. Dies ist nur zugelassenen Technikern erlaubt :evil:
Was die Abhörsicherheit angeht: Tetra ist -wie jede andere Verschlüsselung auch- knackbar.
Die bis jetzt erbrachten "Abhörversuche" waren in den meisten Fällen keine wirklichen "Knackversuche" sondern im Regelfall wurde einfach ein "digitales Signal" mitgeschnitten (das ermöglicht nur das Hören was im "Nahfeld" um sich geht oder ein "falscher Client" in das Netz eingebucht. Wenn dieses Netz (in meinen Augen) beschissen konfiguriert ist sprich den Client die Gruppe auswählen lässt, keine sichere Auth. verpflichtend einsetzt bzw. die Point-to-Point Verschlüsselung nicht aktiviert ist, ist es kein Problem das Netz abzuhören. (Wobei selbst dann der technische Aufwand für den Normalverbraucher schon recht anstrengend wird)
Nach derzeitigem Stand der Technik ist eine Abhören eines Point-to-Point verschlüsselten Verbindung nicht möglich.
Ein großes Problem ist in meinen Augen die schlechte Netzkonfiguration bzw. die Tatsache, dass aus Kompatibilitätsgründen zwischen den verschiedenen Herstellern oftmals die Verschlüsselung deaktiviert ist (aktuell gibt es nur ein großes deutsches Tetra-Netz mit dauerhaft aktivierter Verschlüsselung.... *kotz*), teilweise sogar die sichere Authentifizierung....
Das hier kein verbindlicher Standard festgelegt wurde ist das Hauptproblem des Netzes und mein größer Kritikpunkt am TETRA-Netz.
Wobei sich die Hersteller da grade wohl bemühen industrieintern auf einen Nenner zu kommen....

@Piet: Wer das Gerät ohne Tastensperre in die Brusttasche legt ist selber schuld....
Abgesehen davon wieder eine Konfigurationsfrage.

Das große Problem am Tetra-Netz ist die Tatsache, dass es kaputt gespart wird bzw. einfach als "digitaler Nachfolger eines Analognetzes" betrieben wird, sprich man einfach nur Geräte und Infrastruktur tauscht und sich dann wundert warum das so nicht funktioniert. Ein weiterer Teil der Probleme wird durch fehlende Kompatibilität innerhalb der Hersteller erwirkt...Hier ist die Definition der Standards schlichtweg mangelhaft.
Tetra ist und bleibt ein komplett anderes Netz im Vergleich zum analogen BOS-Funknetz und muss auch dementsprechend behandelt werden bzw. müssen sich die Teilnehmer auch darauf einstellen. Solange es ernsthaft noch Bundesländer gibt, die z.B.den Leitstellen keine "Kopf"-Funktion mit entsprechender Anbindung an das Netz zugestehen wollen (soll heißen das die Leitstelle quasi als Fahrzeugfunkgerät funkt) wundert mich gar nix....

Anbei: Ich habe bereits 2005 in einem -fast problemfreien- Tetra-Netz gefunkt. Der Unterschied war nur: Der (semi-private) Betreiber hat nicht wert auf "möglichst" billig gelegt sondern von Anfang an auf Qualität wert gelegt...
Und siehe da: Es ging wunderbar.

BeitragVerfasst: 06.11.2011, 13:34
von Piet95
@krumel Ja Tastensperre. Wäre schön wenn das funktionieren würde. Bei unseren Geräten ist es leider so, das mit aktivieren der Tastensperre auch die Sprechtaste blockiert wird. Bevor ihr fragt, nein, ich kenne auch kein anderes Gerät bei dem das so ist.